Aegeri Concerts
Verliebtheit und tragischer Tod – Wort und Klang lassen tief in die Schumann’sche Seele blicken

Mit Musik in Kombination mit Literatur – beides aus der Hand eines der bedeutendsten Komponisten der Romantik – verklingt das neue Kulturformat «Aegeri Concerts». Das bewegte Publikum darf sich auf eine weitere Saison freuen.

Andreas Faessler
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Ulrike Hübschmann las aus Schumanns bewegenden Briefen, Huijing Han «antwortete» darauf am Klavier.

Ulrike Hübschmann las aus Schumanns bewegenden Briefen, Huijing Han «antwortete» darauf am Klavier.

Bild: Matthias Jurt (Unterägeri, 10. November 2022)

18 Jahre alt war Robert Schumann, als er seine spätere Frau Clara geb. Wieck zum ersten Mal sah. Aus einer jugendlichen Verliebtheit entwickelte sich bald eine tiefe, innige Liebe, die nicht ganz einfach war. Warum nur wollte Vater Wieck dieser Verbindung seine Zustimmung nicht geben?

Die bewegte Liebesgeschichte von Robert und Clara Schumann gehört dank erhaltenen Briefwechsels und Tagebüchern zu den bestdokumentierten des 19. Jahrhunderts, der Blütezeit der Romantik. Leben, Liebe und schliesslich das traurige Schicksal des Komponisten aus Zwickau waren Gegenstand der letzten Ausgabe «Klavier und Literatur» im Rahmen von «Aegeri Concerts», der neuen Kulturreihe in der Ägerihalle.

Mit kleinen Musikstücken aus Robert Schumanns populären szenischen Zyklen (Kinderszenen, Waldszenen, Papillon, Kreilseriana u. a.) abwechselnd mit vorgelesenen Exzerpten aus seinen Briefen an Clara und weitere Adressatinnen und Adressaten, die ihm wichtige Lebensbegleiter waren, war es ein biografisch geprägter Abend im intimen Rahmen. Die Bühne der Ägerihalle wurde zur Studiobühne umfunktioniert, eher möchte man sagen zum Wohnzimmer, welches der Intimität der Thematik den perfekten Raum gab.

Das für literarisch-konzertante Anlässe solcher Art erfahrungsgemäss tendenziell kleinere Publikum erlebte mit der deutschen Schauspielerin/Sprecherin Ulrike Hübschmann und der chinesischen Pianistin Huijing Han ein perfekt aufeinander abgestimmtes Zweigespann. Mit dem Schumann'schen Werk und seiner Biografie bestvertraut, haben die beiden Frauen das Programm in einem intensiven Prozess gemeinsam erarbeitet.

«Meine Liebe hat er mit sich genommen ...»

Die sorgfältige Auswahl der Textauszüge und Klavierstücke zeichnete das Leben des Komponisten von seiner jugendlichen Liebesphase bis zum Tod auf tief berührende Wiese nach. Schumann, der als Schreibender genauso talentiert gewesen sein soll wie als Komponist, spricht in seinen Briefen in schönster Manier des 19. Jahrhunderts – poetisch aufgeladen und aus tiefstem Herzen. Was aus heutiger Sicht romantisch-verklärt anmuten mag, ist pure Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit des Schreibenden.

Im Laufe des Vortrages wurden die zitierten Texte immer schwermütiger. Das Schicksal Robert Schumanns, welches in seiner schweren psychischen Erkrankung und schliesslich mit seinem frühen Ableben im Jahre 1856 besiegelt wird, stand dann auch am Ende dieses Abends, der mit einem Tagebucheintrag Clara Schumanns, einem bewegenden Nachruf auf ihren entschlafenen Mann, verklang – mit den finalen Worten «Meine Liebe hat er mit sich genommen ...».

Mit respektvoll zurückhaltender Gestik und meisterlicher Intonation rezitierte Ulrike Hübschmann die Schumann'schen Worte im schönsten biedermeierlichen Wortlaut. Huijing Hans einfühlsame Antwort darauf am Klavier griff die jeweilige Stimmung aus den Briefen auf, gelegentlich mit dem Vorgelesenen leicht überlappend – ein einfaches Mittel, doch höchst effektvoll.

Das Publikum, es war sichtlich gerührt und bewegt. Mit zwei Klavierzugaben wirkte Huijing Han der Betroffenheit entgegen; mit zwei lebensbejahenden Stücken aus Clara Schumanns Werk.

Man darf sich auf die Fortsetzung freuen

Hochromantisch ist «Aegeri Concerts» 2022 verklungen. Sabina Keresztes, Inhaberin der verantwortlich zeichnenden Baarer Agentur Keresztes Artists, zieht ein erstes Fazit – und zeigt sich zufrieden mit den zurückliegenden fünf Konzerten, die allesamt erfolgreich und ganz wie geplant über die Bühne gegangen sind.

«Mit der Ägerihalle haben wir einen idealen Ort und Partner für die Konzerte gefunden»,

sagt Sabina Keresztes. Dem Publikum windet sie ein ganz besonderes Kränzchen: «Es war durchwegs aufgeschlossen und enthusiastisch. Das war eine grosse Freude und hat spürbar auf die auftretenden Künstlerinnen und Künstler abgefärbt.»

Auch wenn sich die Organisatorin allgemein noch etwas mehr Publikumszulauf gewünscht hätte, stehen die Vorzeichen aus ihrer Sicht bestens, um die Konzertreihe weiterzuführen. Im Juni 2023 beginnen die nächsten «Aegeri Concerts», eröffnet werden auch diese wieder vom Starpianisten Rudolf Buchbinder. Das Programm gestalte sich ähnlich wie dieses Jahr, so Sabina Keresztes. Geplant sei zudem eine vermittelende Komponente, um vermehrt ein jüngeres Publikum für die Klassikkonzerte in Unterägeri zu begeistern.