Dominik Planzer (34) hängt Ende Saison sein Radball-Velo an den Nagel. Im Interview mit unserer Zeitung erzählt der Altdorfer von seinem Spielpartner Roman Schneider, den besten Fans und wie es um den Nachwuchs in der Urner Radball-Szene bestellt ist.
Der 34-jährige Dominik Planzer («Plänz» – wie er auch genannt wird) konnte während seiner beispiellosen sportlichen Laufbahn insgesamt sechs WM-Medaillen gewinnen. Zudem ist er vierfacher Sieger des Gesamtweltcups, sechsmaliger Sieger der Schweizer Meisterschaften und neunfacher Gewinner des Schweizer Cups. Seit 2007 bildete Dominik Planzer mit Roman Schneider ein kongeniales Duo, das auf sowie neben dem Spielfeld harmoniert.
Dominik Planzer, 25 Jahre Radball, da haben Sie viel erlebt. Erzählen Sie uns eine Anekdote!
An einem Freitagabend reisten wir mit einem kleinen Bus zu einem Turnier nach Iserlohn in Deutschland. Auf der Autobahn wurden wir in einen Auffahrunfall verwickelt. Unser Fahrzeug wurde schliesslich abgeschleppt. Ein Mietauto musste her. Das war gar nicht so einfach, da wir mitsamt unseren Velos viel Gepäck dabei hatten. Um Mitternacht kamen wir schliesslich am Spielort an. Trotz diesen Reisestrapazen konnten wir am nächsten Tag das Weltcup-Turnier gewinnen.
Gibt es auch eine Geschichte von der WM?
Allerdings. An der WM 2016 habe ich zu Hause meine Radballschuhe vergessen. Das ist mir während der vergangenen 25 Jahre noch nie passiert. Zum Glück haben dann unsere Fans meine Schuhe rechtzeitig zum Turnierbeginn nach Stuttgart mitgenommen.
Sie spielen noch immer so, als wären Sie voll im Saft. Warum gerade jetzt der Rücktritt?
Ich wünschte, es wäre so (lacht). Der Entscheid ist mir nicht leichtgefallen, doch er ist über dieses Jahr gereift.
Mangelt es an Motivation?
Nein, sonst hätte ich sofort aufgehört. Möchte man auf nationalem und internationalem Niveau mithalten, muss man dem Sport alles unterordnen. Der Aufwand, um noch einen Schritt weiter zu kommen, ist immens. Die Freude und Leidenschaft für diesen Sport sind tagtäglich spürbar. Seit 2012 habe ich von Jahr zu Jahr geplant. Die Erfolge haben mich immer wieder angetrieben, die vielen schweisstreibenden Trainingseinheiten auf mich zu nehmen.
Was begeistert Sie am Radballsport besonders?
Der Sport an sich fasziniert mich, weil er komplett ist. Man braucht den ganzen Körper. Der Marathonläufer braucht eine grosse Pumpe, eine grosse Lunge und schnelle Beine. Neben Kraft und Ausdauer braucht es bei uns viel Koordination. Zudem schätze ich die familiäre Stimmung. Man kennt und schätzt sich untereinander in der Szene. Das zeigt sich beispielsweise auch, nachdem die Bekanntgabe meines Rücktritts öffentlich gemacht wurde.
Wie meinen Sie das?
Ich habe extrem viele Reaktionen bekommen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Es waren auch Nachrichten von Bekannten darunter, denen ich irgendwann mal während meiner Laufbahn über den Weg gelaufen bin.
Ihr Fanklub ist bestens bekannt dafür, dass er in Altdorf, aber auch an Auswärtsturnieren mächtig für Stimmung sorgt.
Wir haben die treusten und lautesten Fans. Sie peitschen uns immer nach vorne. Egal, ob zu Hause oder auswärts, bei dieser fantastischen Unterstützung fühlt sich fast jeder Match wie ein Heimspiel an.
Trotzdem wird Radball in der breiten Öffentlichkeit nur am Rande beobachtet. Bedauern Sie das?
Klar hätte unser Sport mehr Aufmerksamkeit verdient. Doch es gibt viele Sportarten, die um dies kämpfen. Für uns ist das ein Stück weit zur Normalität geworden. Es gibt ein Bestreben vieler Organisationen, dass die Hallenradsportarten Radball und Kunstradfahren olympisch werden. Es wäre wünschenswert, dass Radball auch im Fernsehen etwas präsenter wäre. Wenn nur einmal im Jahr ein Beitrag ausgestrahlt wird, dann bleibt bei den Fernsehzuschauern nicht viel hängen.
Wie steht es um den Nachwuchs in der Urner Radball-Szene?
Äusserst gut. Die Zukunft sieht rosig aus. Es gibt viele Junioren, die äusserst lernwillig und mit vollem Elan dabei sind. Die Jugend ist unser Kapital, dazu müssen wir Sorge tragen.
Während Ihrer Karriere durften Sie zahlreiche Siege feiern. Welchen stufen Sie am höchsten ein?
Vom Sportlichen her ist es klar der WM-Sieg mit Roman Schneider 2012. Es ist das Grösste, das wir sportlich erreichen konnten. Emotional gesehen war es der erste Weltcup-Sieg 2013 in Altdorf. Die Organisatoren und viele Helfer haben ein sensationelles Turnier auf die Beine gestellt. Das Heimpublikum sorgte für eine grandiose Atmosphäre.
Sie haben mit Roman Schneider knapp zehn Jahre erfolgreich zusammengespielt. Warum haben Sie auf dem Spielfeld so gut harmoniert?
Roman ist stets bescheiden und ein absoluter Gemütsmensch, mit dem man stundenlang über Gott und die Welt plaudern kann. Wir haben ähnliche Charaktere und die gleiche sportliche Einstellung zum Radball. Ferien planen während der Saison stand bei uns beispielsweise nie zur Debatte. Unsere gute Freundschaft war ein wichtiger Faktor, der zu unserem sportlichen Erfolg beigetragen hat.
Am kommenden Wochenende spielen Sie um die Qualifikation für die Weltmeisterschaften in Österreich. Wie optimistisch sind Sie?
Unsere Chancen stehen sehr gut, aber wir dürfen nicht nachlassen und die Spiele keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Es liegt an uns, mit einer konzentrierten Leistung das WM-Ticket zu sichern.
Die WM Ende November wäre Ihr letzter Auftritt auf internationaler Bühne. Was ist das Ziel?
Schaffen wir die Qualifikation für die WM, dann ist unser Ziel, eine Medaille zu holen. Das muss unser Anspruch sein, auch wenn die weltbesten Teams auf Augenhöhe sind. Das innere Feuer lodert weiter, ich bin noch nicht in Feierabendstimmung.
Interview: Philipp Zurfluh
philipp.zurfluh@urnerzeitung.ch