Vor der Schweizer Uraufführung von «Big Fish» im Theater Uri gibt es eine besondere Anerkennung im Wert von 30000 Franken.
Auf der Bühne im Theater Uri wird gespielt, gesungen und getanzt. Regisseur Rolf Sommer verfolgt das Geschehen aufmerksam und sagt, was noch besser werden könnte. Er kritisiert aber nicht nur, sondern verteilt bei den Proben auch viel Lob. Es ist deutlich zu spüren, dass nun der Schlussspurt ansteht. Selbst in den Spielpausen wird weiter an den Tanzschritten gefeilt. Die Premiere des Musicals «Big Fish» steht unmittelbar bevor. Und jetzt kommt vor dem grossen Moment eine zusätzliche Motivationsspritze. Der Verein Eigägwächs erhält am Donnerstag, 9. Januar, von der Albert-Koechlin-Stiftung einen Anerkennungspreis in der Höhe von 30000 Franken (siehe Box).
«Die Proben sind sehr anspruchsvoll», sagt Martin Blaser, der schon seit 12 Jahren Präsident der Theatergruppe Eigägwächs ist. «Es sind auch für das OK der Theatergruppe Eigägwächs anstrengende Tage, aber die Stimmung bei den Theaterspielern ist gut, alle machen begeistert mit», so der 69-jährige Schattdorfer. «Regisseur Rolf Sommer ist bei allen beliebt», sagt Präsident Blaser. «Er schlägt einen freundlichen Ton an und motiviert die Spieler.» Auch dürfe man auf eine grosse Unterstützung hinter und vor der Bühne zählen. «Die Leute fühlen sich wohl. Für das leibliche Wohl ist jederzeit gesorgt.» Auch was die Sponsoren betreffe, sei man sehr zufrieden.
Blaser freut sich, denn rund zwei Drittel der Tickets für die Aufführungen sind bereits verkauft. «Die Auslastung liegt schon jetzt bei 65 Prozent», so Blaser. Nach der Premiere wird das Stück elfmal aufgeführt. «Wir hoffen auf 4000 Besucher. Eine Auslastung von 80 oder 90 Prozent wäre schön.» Es lohnt sich, rechtzeitig Tickets zu kaufen. Denn eines ist für Blaser jetzt schon gewiss: «Wir werden diesmal den Saal des Theaters Uri nicht mehr vergrössern. Wir setzen auf Qualität und da wäre der Aufwand zu gross, um zu erreichen, dass die Akustik auch dann noch für alle stimmen würde.» Das Budget für die neue Produktion liegt bei 260000 Franken. 48 Personen stehen auf der Bühne. Das Spezielle an der Theatergruppe Eigägwächs ist, dass rund 20 Prozent der Mitwirkenden Menschen mit einer Behinderung sind.
Michel Truniger dirigiert ein 14-köpfiges Orchester mit Berufsmusikern und angehenden Profis. Die Zahl der Musiker hat sich im Vergleich zur vorhergehenden Produktion Pippin, bei der es sieben Personen waren, verdoppelt. Aus der einstigen Band wurde ein Orchester. Die Herausforderungen an Bühnen-, Kostüm- und Maskenbild sind ebenfalls gestiegen. «Angesichts des Aufwands, der hier betrieben wird, könnte manche andere Produktion vor Neid erblassen», sagt Sommer.
«Ich finde es toll, es hat viele neue Leute», sagt Sommer. Die Veränderungen im Team der Mitspielenden sind aber auch darin begründet, dass im Vergleich zu «Pippin» ein komplett anderes Stück zu sehen ist. Daneben kann Sommer auf einige bekannte Gesichter zählen. «Das gibt einen guten Mix aus Vertrautheit und frischem Wind», so der 43-jährige Altdorfer.
Trotz des Aufwands wollen offensichtlich viele beim Theaterprojekt mitmachen. So haben sich denn auch mehr Personen gemeldet als effektiv mitmachen können. «Ich habe die Zahl der Teilnehmer auf 50 Personen beschränkt. Aber auch das sind schon viele Mitwirkende», gibt Sommer zu bedenken. Dass man eine Auswahl treffen müsse, sei die Kehrseite der Medaille. Um die passenden Leute für die Rollen zu finden, gab es ein Casting. Einige Teilnehmer musste man auf ein anderes Mal vertrösten.
«Nach dem Erfolg mit dem Musical ‹Pippin› wollen wir mit dem Erfolgsrezept weiterfahren», sagt Sommer. «Das Stück soll Erwachsenen, aber auch Kindern und Jugendlichen gleichermassen gefallen. Es hat Tiefgang, Fleisch am Knochen», gibt sich Sommer überzeugt. Die Spieler werden nicht nur mit dem Text, sondern auch mit Tanzen und Singen herausgefordert. «Wir wollen 50 Darstellern jedes Alters eine Aufgabe geben.»
Sommer verrät: «Wir haben bewusst nicht einen Gassenhauer gewählt, den alle kennen.» Viel lieber wolle er für Überraschungen sorgen. «Big Fish» sei für die Theatergruppe Eigägwächs ein geeignetes Stück. Gespielt wird das Musical als Schweizer Premiere. «Die Produktion bietet uns eine einmalige Plattform», sagt Sommer. Er ist sich aber auch bewusst, dass man mit der Wahl eines wenig bekannten Stücks ein wenig pokere.
«Big Fish» wurde 2013 am Broadway in New York aufgeführt. Das Musical beruht auf dem gleichnamigen Film von Tim Burton. Erzählt wird die Geschichte von Edward Bloom, der vorgibt, ein Held zu sein, und ständig von seinen unzähligen, abenteuerlichen Erlebnissen berichtet. Edwards Sohn Will möchte hingegen mehr über das wahre Leben seines Vaters erfahren. Heimlich beginnt er, Nachforschungen über ihn anzustellen, und stösst dabei auf ein grosses Geheimnis ...
Rolf Sommer hat die Spielszenen des Musicals auf Urner Mundart übersetzt. Die Lieder werden jedoch auf Hochdeutsch gesungen. Die Handlung erstreckt sich auf eine längere Zeit. Verschiedene Rollen konnten auf mehrere Darsteller verteilt werden. «Das ist das Privileg eines grossen Ensembles», so Sommer. «Das hat vielen die Möglichkeit gegeben, sich eine Rolle zu ergattern.» Inhaltlich hat Sommer am Stück selber keine wesentlichen Änderungen vorgenommen. Musikalisch und textlich sei man werktreu geblieben. Nachprüfen lässt sich das in den nächsten Tagen und Wochen im Theater Uri.
(MZ) Der Verein Eigägwächs wurde 2008 von einer bunt zusammengewürfelten Gruppe Theaterbegeisterter gegründet. Ein Hauptanliegen des Vereins ist es, die Freude am Theaterspielen zu pflegen und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Im Zweijahresrhythmus werden Theaterprojekte gestemmt. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Menschen mit einer Behinderung machen mit. Vor Rolf Sommer («Big Fish» und «Pippin») hatte Lory Schranz die Leitung inne. Dabei wurden unter anderem «Mary, die Zaubernanny», «Der kleine Prinz», «Simba», «Alladin» und «Oliver Twist» aufgeführt.
Die Albert-Koechlin-Stiftung belohnt den grossen Einsatz nun mit einem Anerkennungspreis von 30000 Franken. Die Preisvergabe findet am Donnerstag, 9. Januar, um 16 Uhr im Rahmen einer Feier im Hotel Schweizerhof in Luzern statt. «Das Theaterspielen trägt dazu bei, die persönliche Entwicklung, Sozialkompetenz und Lebensqualität zu fördern», schreibt die Albert Koechlin Stiftung in einer Mitteilung: «Mit ihren Projekten fördert die Theatergruppe Eigägwächs die Vielfalt der Theaterszene im Kanton Uri.»
Hinweis: Das Musical «Big Fish» feiert am Samstag, 11. Januar, um 18.30 Uhr im Theater Uri Premiere. Auch für die Aufführung am Sonntag, 12. Januar, 17 Uhr, hat es noch Tickets unter www.eigägwächs.ch oder bei den Vorverkaufsstellen Mobiliar Altdorf und Druckerei Gasser.