Obwalden
Eine Publikation mit Vorbildcharakter: «Engelberger Anzeiger» wird 75

Vor 75 Jahren fand der «Engelberger Anzeiger» erstmals in die Haushalte. Noch heute gilt er im Dorf als Pflichtlektüre.

Beat Christen
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Heinz und Ursula Amstutz-Odermatt haben den Engelberger Anzeiger jahrzehntelang geführt.

Heinz und Ursula Amstutz-Odermatt haben den Engelberger Anzeiger jahrzehntelang geführt.

Bild: Beat Christen (Engelberg, 23. April 2021)

Es ist ein Stück Mediengeschichte, das Heinz Amstutz in seinen Händen hält. Der erste «Engelberger Anzeiger» wird vor 75 Jahren unter dem Titel «Dienst am Kunden» als Gratisanzeiger in alle Haushaltungen in Engelberg verteilt. Amstutz ist damals gerade mal zweieinhalb Jahre alt, als sein Vater Arnold die Publikation ins Leben ruft. «Die Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg waren für das Gewerbe in Engelberg alles andere als einfach», kramt der spätere Herausgeber und Redaktor in Personalunion in seinen Erinnerungen.

Den einheimischen Gewerbetreibenden und Vereinen eine einfache und günstige Werbeplattform anzubieten, war die Idee des Gründers. Arnold Amstutz darf seinen Gratisanzeiger als offizielles Mitteilungsblatt des Geschäfts- und Gewerbeverbandes Engelberg anpreisen, «hatte aber gleichzeitig auch das finanzielle Risiko zu tragen, da der Verband kein Geld hatte», sagt Heinz Amstutz. Und weil Emil Berchtold ähnliche Ideen hat wie Arnold Amstutz, beteiligt sich der Drogist am Gratisanzeiger bis im Jahre 2007.

Pflichtlektüre für die Bevölkerung

Seit 1962 ist der «Engelberger Anzeiger» als offizielles Publikationsorgan der Gemeinde anerkannt. Nach dem Tod seines Vaters 1978 hat Heinz Amstutz zusammen mit seiner Frau Ursula den «Engelberger Anzeiger» weiter am Leben erhalten und auf Kontinuität gesetzt. Eine dieser Konstanten heisst Druckerei Odermatt AG in Dallenwil, wo seit Ende der 1960er-Jahre der «Engelberger Anzeiger» gedruckt wird. «Jeweils am Sonntag haben wir die Inseratvorlagen in Form von schweren Druckformen aus Blei nach Dallenwil transportiert. Später hat der Fotosatz die Drucktechnik ein erstes Mal revolutioniert. Und heute», Heinz Amstutz kann sich dabei ein lautes Lachen nicht unterdrücken, «übernehmen die Computer den Transportweg.» Trotz Digitalisierung und zeitweise schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse kann sich der «Engelberger Anzeiger» bis heute selbstständig auf dem Markt behaupten und gehört im Klosterdorf jeden Donnerstag zur Pflichtlektüre der Bevölkerung.

Vor 50 Jahren angelt sich der damals junge Drucker Edwin Odermatt den Druckauftrag für den «Engelberger Anzeiger» und lässt sich von diesem Gratisblatt inspirieren. Er übernimmt Format und Einteilung des Vorbildes aus Engelberg und lanciert im Januar 1974 den «Nidwaldner Blitz». Im April des gleichen Jahres ist in einem Leserbrief aus Seelisberg im «Nidwaldner Volksblatt» zu lesen: «Von ‹Nidwaldner Blitz› und Ungewitter – erlöse uns, oh Herr.» Dies in Anspielung auf die bis anhin in Nidwalden und Seelisberg nur mit einem Abo erhältlichen Informationsblätter.

«48 Jahre später weiss man, dass der ‹Blitz› immer noch blitzt», freut sich David Odermatt als Herausgeber und ergänzt: «Der ‹Engelberger Anzeiger› war sowohl für das von meinen Eltern gegründete Unternehmen wie auch später für den ‹Nidwaldner Blitz› ein sehr wichtiger Partner.» Heute buhlen in praktisch allen Zentralschweizer Kantonen Gratisanzeiger um die Gunst der Inserenten und Leser. «Aber die wenigsten wissen», so David Odermatt, «dass sich die Wurzeln der Urform dieses Mitteilungserzeugnisses in Engelberg befinden.»

Nachfolger führen Anzeiger in ihrem Sinn weiter

Vor einem Jahr haben Heinz und Ursula Amstutz die redaktionelle Leitung und damit auch das bis dahin von ihnen alleine getragene finanzielle Risiko abgegeben. «Es ist immer unser Bestreben gewesen, dass der ‹Engelberger Anzeiger› auch im digitalen Zeitalter bestehen bleibt. Mit David und Gerold Odermatt haben wir zwei Nachfolger gefunden, die den ‹Engelberger Anzeiger› in unserem Sinne weiterführen.» Während sie erzählen, ist spürbar, dass immer noch sehr viel Herzblut für den «Engelberger Anzeiger» vorhanden ist. Und mit einem Schmunzeln stellen sie fest, «dass jetzt auch wir jeweils gespannt darauf warten, was am Donnerstag so alles im ‹Anzeiger› zu lesen ist». Und wenn sie es auch nicht zeigen, so sind sie doch Stolz darauf, dass ihre Familie und Engelberg am Anfang der Geschichte der vielen Gratisanzeiger steht.