Wiggertal
Das abgespeckte Heitere Open Air wartet mit einer Weltneuheit auf

Es wird auf dem Heiternplatz in Zofingen heuer nicht mit der ganz grossen Kelle angerichtet. Es gibt keinen Zeltplatz und nur eine Bühne, aber das Festival dauert trotzdem sechs Tage – und man kann dabei sein, ohne selber auf dem Hügel zu verweilen.

Roger Rüegger und Stefan Künzli
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In früheren Jahren war es kurz vor Festivalbeginn im besten Fall noch möglich, für den Sonntag auf offiziellem Weg Tickets zu kaufen. Der Zofinger Hausberg brennt gegen Ende des Sommers für gewöhnlich. Von Mitte Woche bis am Sonntag begegnen sich in normalen Zeiten rund 50'000 Musikfans auf dem und ums Festivalgelände herum.

So viele werden es heuer nicht sein. Die Vollversion des «Heitere Open Air» musste coronabedingt um ein Jahr auf 2022 verschoben werden. Dieses Jahr präsentieren sich die Events etwas anders und schlanker, beginnen jedoch bereits am Dienstag, 7. September, mit dem «Super Tuesday». Amy Macdonald, die Mighty Oaks und Stefanie Heinzmann geben den Ton an.

Die einzige Bühne ist heuer auf dem Heiternplatz - weniger ist für einmal mehr.

Die einzige Bühne ist heuer auf dem Heiternplatz - weniger ist für einmal mehr.

Bild: Pius Amrein (Zofingen, 3. September 2021)

Maximal 6000 Musikfans

Ein Augenschein der Aufbauarbeiten lässt erahnen, in welcher Dimension sich das Festival präsentiert. Das geschieht ausschliesslich auf dem Heiternplatz unter den Linden. Der einmalige Zeltplatz ausserhalb des Geländes fehlt allerdings ebenso wie die Parkbühne und die Waldbühne. Die maximal 6000 Musikfans pro Abend werden sich also von Freitag bis Sonntag nicht wie gewohnt von der einen Bühne zur anderen verschieben und praktisch ohne Pause Konzert um Konzert reinziehen. Der Titel des dreitägigen Heitere Open Air verrät, worum es heuer geht: «Reduce to the Max», also aufs Maximum reduzieren oder wenn man so will: weniger ist mehr.

Die Ausstattung des Hauptgeländes ist praktisch identisch mit jener der Vorjahre mit Food-Ständen, und auch die Captain Morgan Bar mit dem legendären DJ «The JB» wird installiert. «Was für uns machbar ist, setzen wir um. Das Grundangebot steht», sagt Heitere-Chef Christoph Bill.

Das Gelände des Heitere Open Air 2018 mit dem weitläufigen Zeltplatz und der Parkbühne, welche dieses Jahr nicht aufgebaut werden.

Das Gelände des Heitere Open Air 2018 mit dem weitläufigen Zeltplatz und der Parkbühne, welche dieses Jahr nicht aufgebaut werden.

Bild: Pius Amrein (Zofingen, 13. August 2018)

Das Line-up am Wochenende ist auf drei Bands pro Abend beschränkt. Mit Tom Gregory, Bausa, Nico Santos, Baba Shrimps, Hecht, Kunz, Saint City Orchestra, Bukahara und Patent Ochsner wartet das Heitere Open Air jedoch mit einem breiten internationalen Programm mit starker Schweizer Präsenz auf.

Das Maximum wird allerdings kaum erreichbar sein. Die sonst so begehrten Heitere-Tickets sind noch in grosser Zahl verfügbar.

«Wir wollten den Leuten nach der über einjährigen Durststrecke wieder ein Festival mit mehreren Live-Bands bieten, in der Annahme, dass wir ein Bedürfnis abdecken können. Es scheint aber, dass dies nicht der Fall ist»

, sagt Bill und zeigt für die Zurückhaltung ein gewisses Verständnis. Viele Musikfans hätten Geld für das Heitere Open Air 2020 ausgegeben, das nicht habe stattfinden können. Diese Tickets sind nun für die Heitere-Ausgabe 2022 gültig – und nicht für die aktuelle Lightversion.

Tickets aus dem Vorjahr sind für Magic Night und Volksschlager gültig

Anders sieht es bei der «Magic Night» vom 8. September (Gipsy Kings, Angélique Kidjo, Opus und Philipp Fankhauser) und dem «VolksSchlager OpenAir» vom 9. September aus (unter anderen mit den Amigos, Münchener Freiheit, Heimweh oder Julia Buchner). An beiden Abenden gelten die Karten von 2020. Sollten die Events in diesem Jahr auf dem Heitere nicht stattfinden können, werden die Billette zu 100 Prozent zurückerstattet.

Weil vieles anders ist als in früheren Jahren, ist der Moment ideal für eine Premiere. Mit dem «Heitere On Air»-Festival wird parallel zum Live-Event ein absolut neuartiges, virtuelles Festival eingeführt. Die von der amerikanischen Firma Clair Global entwickelte Technologie «Virtual Live Audience» bietet völlig neue Möglichkeiten der Interaktion mit den Künstlern und dem Publikum.

«Heitere On Air» – das Festival für zu Hause und unterwegs

«Mit dem ‹Heitere On Air›-Festival können wir verschiedene zusätzliche Personengruppen erreichen. Etwa Leute, die sich aufgrund der labilen Situation nicht ins Getümmel wagen wollen, sowie jene Menschen, deren Standort oder Lebenssituation einen Besuch verunmöglicht», sagt Bill.

Um die Bühne werden Bildschirme und Grossbildwände installiert, auf denen das Publikum von zuhause eingeblendet werden kann. Die Musikerinnen und Musiker nehmen die Zuschauer also wahr und können mit ihnen in Verbindung treten. Metallica hat die Technologie zuerst live getestet. Im März wurde sie erstmals auch in der Schweiz, an einem Konzert von Anna Rossinelli, eingesetzt. Jetzt folgt mit den Heitere Events das erste Festival.

Als Avatar auf dem virtuellen Heiteregelände

Der Kunde kauft ein Ticket für 19 Franken. Das ermöglicht den Zugang auf eine Plattform, auf der man wählen kann zwischen einem Fernsehbild mit einem interaktiven, moderierten Livestream («Heitere TV») oder einem gameartig nachgebildeten Heitere-Festival («Heitere Virtuell»).

Auf der Plattform Heitere Virtuell kann man seinen Avatar auf dem nachgebildeten Gelände bewegen.

Auf der Plattform Heitere Virtuell kann man seinen Avatar auf dem nachgebildeten Gelände bewegen.

Bild: ZVG

Hauptelement im Heitere-TV sind die Livekonzerte. Vor, zwischen und nach den Konzerten gibt es eine Art Fernsehshow mit Moderationen, Interviews, vorproduzierten Filmen oder Gewinnspielen. Auf der Plattform «Heitere Virtuell» kann man sich mit seinem Avatar auf dem teils nachgebildeten, teils fantasievoll erweiterten Heiteregelände bewegen, mit anderen Teilnehmern per Video kommunizieren und sich an Spielen beteiligen.

Das «Heitere On Air»-Festival wird als Transformationsprojekt vom Kanton Aargau und vom Bundesamt für Kultur unterstützt. «Seit Februar sind wir am Konzipieren und Programmieren. Die Technologie hat ein riesiges Potenzial, das wir nach und nach ausschöpfen möchten», sagt Bill. Ziel ist es, über das On Air Festival ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln und die gesamte Heitere Community auch in einer schwierigen Zeit zusammenzubringen.

Der Zugang zum realen Festgelände ist ab dem 16. Altersjahr nur mit einem Covid-Zertifikat möglich. Es gibt ein frei zugängliches Testcenter vor Ort.

Programm und Infos: heitereevents.ch