Laut der Grossbank CS wird der Kanton Luzern künftig massiv an Attraktivität verlieren. Die hiesigen Wirtschaftsverbände teilen diese Einschätzung – und fordern Korrekturen bei der Steuerpolitik.
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Erhöht Luzern die Firmengewinnsteuern 2020 wie von der Regierung geplant, büsst der Kanton seine heutige Spitzenposition ein – und findet sich in der Steuerhitparade auf Platz 8 wieder. Ein Rückfall ins Mittelfeld droht dem grössten Zentralschweizer Kanton auch laut der CS.
Luzern, prognostiziert die Grossbank, büsst gegenüber dem laufenden Jahr vier Positionen ein und belegt 2025 nur noch Platz 11. Noch mehr Boden verlöre Luzern, wenn die Steuern erhöht werden. Die Grossbank berücksichtigt in ihrem Standortranking neben den Firmensteuern sechs weitere Faktoren, so die Verfügbarkeit von Fachkräften oder die Nähe zu Flughäfen:
Für Felix Howald, Direktor der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ), bestätigt die Studie der CS die Befürchtungen seines Verbands. Bedingt durch die Steuervorlage des Bundes, würden die meisten Kantone ihre Firmengewinnsteuern senken, was zu einer Annäherung der Sätze führe. Deshalb müsste sich auch Luzern bewegen, fordert Howald.
Stattdessen plane der Kanton höhere Firmensteuern - und auch noch eine Anhebung der Vermögenssteuern.
«Diese Kombination ist ein ganz schlechtes Zeichen für den Wirtschaftsstandort, zumal Luzern bei den Vermögenssteuern noch nie richtig attraktiv war.»
Howald kündigt an, die IHZ werde die vorgesehenen Steuererhöhungen wie schon in der Vernehmlassung weiter bekämpfen.
Bruno Käch analysiert die Lage gleich. Für den Präsidenten der Zentralschweizer Vereinigung diplomierter Steuerexperten verliert Luzern mit der Erhöhung der Firmensteuern sein Alleinstellungsmerkmal ohnehin.
Mit der geplanten Gewinnsteuererhöhung würde Luzern in der Zentralschweiz aber künftig auf den zweitletzten Platz abrutschen. «Deshalb müsste man den Hebel umso mehr bei den Vermögens- und Einkommenssteuern ansetzen», so Käch. Stattdessen plane die Regierung das Gegenteil, indem sie besonders Vermögende stärker belasten wolle. Käch:
«Luzern war bei der Steuerpolitik immer schon träge und hat stets nur reagiert. Andere Zentralschweizer Kantone sind kreativer»,
findet der Chef von 160 Angestellten. Käch meint etwa Nidwalden, wo die Firmensteuern unter 12 Prozent sinken sollen. Zudem plane der Nachbarkanton eine Reduktion der Kapitalauszahlungssteuern. Das sind jene Abgaben, die bei der Auszahlung des Pensionskassenkapitals anfallen.
Die Folgen dieser Entwicklung beschreibt Käch so: «Gute Luzerner Steuerzahler ziehen nicht in den Jura oder nach Schaffhausen, sondern in die anderen Zentralschweizer Kantone. Das erhöht die bestehenden Differenzen bei der Steuerkraft weiter.»
Nicht nachvollziehen kann Käch, warum die Regierung das Loch in der Kasse mit einer Anhebung der Gewinn- und Vermögenssteuern stopfen will. Schliesslich kämen die Mehrerträge von beinahe 49 Millionen mehr als zur Hälfte den Gemeinden zugute, die dieses Geld derzeit nicht nötig hätten.
Sei eine Steuererhöhung unabwendbar, wäre für Käch eine Erhöhung der Kopfsteuer auf 75 Franken besser – mit der Festschreibung im Gesetz, dass die zusätzlichen 25 Franken ausschliesslich in die Kasse des Kantons fliessen müssten. Diese Massnahme brächte dem Kanton etwa gleich hohe Mehreinnahmen ein wie eine Anpassung der Firmengewinnsteuern nach oben.
Von «plausiblen, aber leider unerfreulichen Resultaten» der Studie spricht Gaudenz Zemp, Direktor des kantonalen Gewerbeverbands. Weil sich die Bedingungen für das Gewerbe nach dem Nein zu höheren Firmensteuern 2016 nicht geändert hätten, werde der Verband die beabsichtigte Steuererhöhung weiter bekämpfen. Zemp: «Wir haben kein Verständnis für die Pläne der Regierung.»
Gaudenz Zemp ist wie Bruno Käch der Ansicht, andere Kantone – insbesondere Zug und Nidwalden – würden eine wesentlich wirtschaftsfreundlichere Anschlussgesetzgebung an die Steuervorlage des Bundes machen. Das könne negative Auswirkungen auf die Ansiedlung von Firmen haben, so Zemp.
«Die Experten werden vermehrt andere Kantone als Luzern empfehlen.»
Auch die Investitionstätigkeit von ansässigen Firmen könne betroffen sein. «In der Tendenz wird die Arbeit in attraktivere Kantone ausgelagert.»
Der Luzerner Wirtschaftsförderer Ivan Buck betont, Luzern bleibe «trotz der geplanten Erhöhung der Firmensteuern attraktiv, kann sich aber nicht mehr über dieses Alleinstellungsmerkmal positionieren». Deshalb würden andere Standortvorteile bei der Positionierung in den Vordergrund rücken, so etwa beste Kultur- und Freizeitangebote und die neuen Immobilienentwicklungen im Mattenhof in Kriens oder am Seetalplatz in Emmen. Gegen höhere Steuern kämpfe die Wirtschaftsförderung aber nicht, so Buck: «Es ist nicht unsere Aufgabe, politische Kampagnen zu fahren.»
Die Kantone der Zentralschweiz sind heute sehr gut vertreten an der Spitze der wirtschaftsfreundlichsten Standorte der Schweiz. Weiterhin unangefochtener Spitzenreiter bleibt Zug, gefolgt von den Kantonen Zürich, Aargau und Basel-Stadt. Auf den Plätzen fünf bis sieben folgen Nidwalden, Schwyz und Luzern.
Zu diesem Ranking kommt die Credit Suisse (CS) in ihrem jährlich erstellten Standortqualitätsindikator (SQI). Laut CS fokussiere dieser auf sieben «harte» Standortfaktoren und sei unter anderem ein Wegweiser für Unternehmen, die verschiedene Standorte evaluierten. Auch wenn der SQI den Zentralschweizer Kantonen heuer noch ein positives Zeugnis ausstellt, die nahe Zukunft gibt weniger Anlass zur Zuversicht – insbesondere für den Kanton Luzern. Gemäss CS-Studie sei nämlich mit der Steuer-AHV-Vorlage ein fundamentaler Umbau der Unternehmensbesteuerung geplant, der sich für Luzern nachteilig auswirken wird.
Nachdem die meisten Kantone ihre Steuerstrategien vor dem Hintergrund der Reform kommuniziert haben, haben die Ökonomen der CS eine erste Zukunftsprognose für das Jahr 2025 gemacht. Für Luzern heisst das konkret, dass man im SQI von Platz sieben auf den elften Rang zurückfallen wird. Dabei dürfte diese Einschätzung noch zu optimistisch sein, wie Jan Schüpbach von der CS festhält: «Die von der Luzerner Regierung angekündigte Erhöhung der Besteuerung von Unternehmens-Gewinnen ist in der Studie noch nicht berücksichtigt.» In einem intensiver werdenden Steuerwettbewerb werde Luzern weiter an Boden verlieren. «Für Luzern ebenfalls nachteilig wirkt sich die unterdurchschnittliche Verfügbarkeit von hoch qualifizierten Fachkräften aus.» In diesem hypothetischen SQI für das Jahr 2025 steht der Kanton Zug weiterhin an der Spitze. (rab)