Startseite
Zentralschweiz
Kanton Luzern
Das Interview von Dozentin Andrea Franc schlägt weiter hohe Wellen. Die Studierenden der Uni Luzern wollen nun wissen, welchen Mehrwert Francs Unterricht in Luzern hat.
Kurz vor Auffahrt ist die Historikerin Andrea Franc in einem Interview mit der NZZ mit steilen Thesen aufgefallen. Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften würden später die Sozialwerke belasten, weil sie aus mangelndem Ehrgeiz darauf verzichteten, Vollzeit zu arbeiten. Zudem behauptete Franc, in einem Geschichtsseminar sei mindestens einer von 15 Studierenden bekifft.
Francs Aussagen wollten die Studierenden der Universität Luzern nicht auf sich sitzen lassen. Die Dozentin lehrt hier an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. 104 Studierende haben einen offenen Brief unterzeichnet, aus dem unsere Zeitung bereits vergangene Woche zitiert hat.
Jetzt ist der Brief offiziell verschickt worden. Die Adressaten sind Uni-Rektor Bruno Staffelbach, Wirtschaftsfakultätsdekan Simon Lüchinger und Andrea Franc. Letzteren fahren die Studierenden im Schreiben ziemlich an den Karren. Franc habe kaum Lehrerfahrung an Hochschulen, heisst es etwa. Und weiter: «Die bloss anekdotischen, wenig plausiblen und zuweilen schlichtweg falschen Ausführungen sind, das merkt man auch am beschimpfenden Ton, eher einer politischen Schmährede als einer wissenschaftlichen Diskussion würdig.»
Im Weiteren gehen die Studierenden auf einzelne Punkte ein und widerlegen Francs Kritikpunkte mit eigenen Zahlen. Dass die Angelegenheit etwas komplexer ist, hat unsere Zeitung ebenfalls bereits vergangene Woche aufgezeigt.
Auch das Kiffer-Argument wird thematisiert. Diese Unterstellung sowie Francs Behauptung, Absolventinnen und Absolventen würden lieber faul in der Badi rumliegen als Vollzeit zu arbeiten, bezeichnen die Studierenden als «äusserst befremdend. Dieses Bild deckt sich nicht mit unserer Erfahrung. Wir weisen sämtliche solche Aussagen als haltlose Mutmassungen zurück».
Der Brief greift zudem eine Debatte auf, die seit längerem im Umfeld der Universitäten wabert. Wozu soll ein Studium dienen? Der Wirtschaft oder der Selbstverwirklichung? Die Studierenden werfen Franc ein der Wirtschaft dienendes Bild von Bildung vor: «Bildung ist bei Franc bloss die Fähigkeit, sich ‹anzupassen› und sich der ökonomischen Verwertbarkeit zu unterwerfen.» Bildung sei aber mehr als das. «Die Auseinandersetzung mit geisteswissenschaftlichen Themen ist ein Grundpfeiler demokratischer Gesellschaftsgestaltung; denn sie eröffnet Denkräume, in denen gesellschaftlicher Fortschritt erst vollzogen werden kann», heisst es.
Der Brief endet mit vier Forderungen. So wird von der Universitätsleitung und dem Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eine öffentliche Stellungnahme zu den Aussagen von Andrea Franc verlangt. Weiter soll die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät aufzeigen, welchen «Mehrwert» der Unterricht von Franc den Studierenden der Uni Luzern bringt.
Weiter sollen der Dekan und Andrea Franc aufzeigen, «inwiefern sich die Lehrveranstaltungen von Dr. Andrea Franc von jenen in geisteswissenschaftlichen Fächern abheben». Weiter soll Franc ihre Thesen empirisch belegen. Die Studierenden fordern, dass all dies in den kommenden 14 Tagen geschieht.