Überraschend tritt der Präsident der Weltbank, Jim Yong Kim, nach gut sechs Jahren an der Spitze der Institution von seinem Amt zurück. Die Bestimmung seiner Nachfolge könnte zu einem Machtpoker verkommen.
Diese Überraschung ist Jim Yong Kim geglückt. In Washington erwischte der Präsident der Weltbank-Gruppe mit seiner Rücktrittserklärung, die er am Montagabend veröffentlichte, fast alle Mitarbeiter auf dem falschen Fuss. «Wir waren auf diesen Rückzug nicht vorbereitet», sagt auch Werner Gruber. Der Schweizer steht im Exekutivdirektorium der Weltbank einer Ländergruppe vor, die neun Staaten umfasst. Er weist darauf hin, dass die zweite, fünf Jahre dauernde Amtszeit von Kim erst im Sommer 2017 begonnen habe; und er sagt, dass der Präsident einen umfassenden Umbau der Entwicklungshilfeorganisation in Angriff genommen habe. Diese Arbeit sei noch nicht zu Ende und «man hätte sich deshalb ein anderes Timing» von Kim gewünscht, sagt Gruber.
Traditionellerweise nominieren die USA den Präsidenten der Weltbank-Gruppe, während Europa die geschäftsführende Direktorin der Schwesternorganisation IWF, des Internationalen Währungsfonds, beruft. Sämtliche elf Vorgänger von Kim besassen denn auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Bereits bei der Wahl von Kim im Jahr 2012 allerdings regte sich Protest gegen diese informelle Abmachung der langjährigen Geldgeber der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Bretton-Woods-Institutionen.
Eine Koalition von Entwicklungsländern schickte die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala ins Rennen, die sich als hochrangige Weltbank-Funktionärin einen Namen gemacht hatte. Okonjo-Iweala lieferte Kim einen recht harten Wahlkampf im Exekutivdirektorium der Weltbank. Die von der Schweiz angeführte Ländergruppe entschied sich letztlich dafür, den Amerikaner zu unterstützen. Gut möglich, dass der Kandidat für die Kim-Nachfolge, der von Präsident Donald Trump nominiert werden muss, auf noch härteren Widerstand stossen wird. Denn zum einen könnten sich Länder, die mit der US-Regierung auf Kriegsfuss stehen, mit einer Gegenkandidatur profilieren. Zum andern wird es den USA schwerfallen, einen hochkarätigen Kandidaten zu finden, der zum einen den Kurs Trumps gegenüber dem Exekutivdirektorium vertritt, auf der anderen Seite aber auch die Unterstützung einflussreicher aufstrebender Gebernationen besitzt.
I will be stepping down as @worldbank Group president on February 1. It’s been the greatest privilege I could have ever imagined to lead the dedicated staff of this great institution to bring us closer to a world that is finally free of poverty. https://t.co/jWGoihu7tu
— Jim Yong Kim (@JimYongKim) January 7, 2019
Kim tritt bereits Ende Monat zurück. In seiner Rücktrittserklärung kündigte der Mediziner und College-Präsident, dessen Familie aus Südkorea stammt, eine Rückkehr in die Privatwirtschaft an. Er werde für eine Investmentfirma tätig sein, die Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern finanziere, sagte er – ohne den Namen des Unternehmens zu nennen. Temporär wird die Weltbank-Geschäftsführerin Kristalina Georgieva übernehmen. Die Bulgarin arbeitete vor ihrer Berufung auf den von Kim neu geschaffenen Posten der CEO an hochrangiger Stelle in der Europäischen Kommission in Brüssel.