Banken
Thomas Minder will der Credit Suisse die Bonis gänzlich streichen

Die Credit Suisse habe kein Geld, also könne niemand einen Bonus erhalten, sagt Ständerat Thomas Minder.

Niklaus Vontobel
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«Ich habe eine einzige eigene CS-Aktie, damit ich ans Rednerpult könnte. Ob ich das mache, weiss ich noch nicht», sagt der Ständerat.

«Ich habe eine einzige eigene CS-Aktie, damit ich ans Rednerpult könnte. Ob ich das mache, weiss ich noch nicht», sagt der Ständerat.

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Hallenstadion, Zürich Oerlikon, Generalversammlung der Credit Suisse. Am kommenden Freitag kommt hier in einem Stück exemplarisch auf die Bühne, was nach der Abzocker-Initiative weiter im Argen liegt in der Entlohnung hiesiger Konzernlenker und was besser ist. Thomas Minder lancierte die Initiative vor zwölf Jahren, am Freitag schaut er sich ihre heutige Macht und Ohnmacht an. «Ich habe eine einzige eigene CS-Aktie, damit ich ans Rednerpult könnte. Ob ich das mache, weiss ich noch nicht», sagt der heutige Ständerat. Die Credit Suisse ist in seinen Augen ein Extremfall.

«Der Verwaltungsrat hat null Gespür für massvolles Handeln gezeigt», sagt Minder. Es sei doch selbstverständlich: «Die Credit Suisse macht Milliarden-Verluste. Sie braucht bald neues Eigenkapital. Ihr drohen neue Milliarden-Bussen. Das bedeutet, dass die Kasse leer ist, dass es natürlich keine Boni geben kann, für niemanden.» Verwaltungsratspräsident Urs Rohner, CEO Tidjane Thiam, alle Verwaltungsräte, alle Geschäftsleiter, alle Angestellten der Credit Suisse: Sie sollen nur ihr fixes Salär erhalten. «Und fertig, es kann keine Boni geben, wenn ein Unternehmen so schief dasteht.»

An den Boni-Zahlungen der Credit Suisse zeigt sich paradoxerweise eine Besserung. «Stellen Sie sich vor, meine Initiative wäre abgelehnt worden», sagt Minder. Dann hätten sich Urs Rohner und der ganze Verwaltungsrat allenfalls nicht zur Wahl stellen müssen, da Amtszeiten von drei oder fünf Jahren früher üblich waren. Zu den Boni hätten die Aktionäre nichts zu sagen gehabt. «Da wäre das Hallenstadion doch vom Einsturz gefährdet gewesen.» So könnten die Aktionäre immerhin ihre Meinung kundtun und Dampf ablassen.

«Kompletter Unsinn»

Dampf ablassen. Die Credit Suisse befragt die Aktionäre nur «konsultativ», also beratend, nicht bindend. Minder hatte mehr gewollt. Die Aktionäre würden am Freitag über die Boni für 2016 bindend abstimmen, wäre es nach ihm gegangen. Doch er wurde auf legale Weise umdribbelt. Bindend wird am Freitag nur darüber abgestimmt, ob die Credit Suisse bis 2020 ein Boni-Budget von rund 52 Millionen auszahlen darf. «Das ist kompletter Unsinn: Wie sollen Aktionäre im Voraus wissen, ob die Credit Suisse künftig Erfolg hat?»

Diese legale Umgehung ist beliebt. Zwei Drittel der Unternehmen, die im Aktienindex SPI enthalten sind, machen bei dem Spiel mit, wie die Stiftung Ethos letztes Jahr erhoben hat. Der Pharmakonzern Novartis etwa liess im Februar abstimmen, ob für 2018 ein Lohnbudget von rund 100 Millionen bewilligt werden soll, darin waren Fixlohn und Boni enthalten. Die UBS dagegen ist das leuchtende Vorbild, zumindest in dieser Hinsicht. Die Grossbank tut, was Minder wollte. Anfang Mai lässt sie ihre Aktionäre bindend abstimmen über die Boni des vergangenen Jahres.

Amerikanische Stimmrechtsberater. ISS und Glass Lewis konnten dieses Jahr einigen Verwaltungsräten einen Denkzettel verpassen, auch an der Generalversammlung der Credit Suisse werden sie sich wehren. Minder freut sich darüber; doch ist ihm die Macht der Berater nicht geheuer. «Sie schauen zu sehr auf das schnelle Geld.» Das zeige das Beispiel Credit Suisse. «Diese Berater wollen eine Dividende haben, obschon die Bank bald Eigenkapital braucht. Das ist zu kurz gedacht.» Minders Kritik ist im Trend.

US-Berater mobilisieren zwar dieses Jahr erfolgreich Stimmen gegen hohe Boni, etwa bei ABB oder Novartis. Sie werden aber ihrerseits kritisiert, oft von den Verwaltungsräten. Andreas Koopmann, Präsident des Industriekonzerns Georg Fischer, unterlag diese Woche mit seinem Boni-Vorschlag. Den Beratern missfiel das Modell, mit dem die Boni bestimmt werden. Danach sagte Koopmann den «Schaffhauser Nachrichten»: «Schweizer Stimmrechtsberater kennen uns besser, sie befürworten unser Vergütungsmodell.» ABB-Präsident Peter Voser gab den Stimmrechtsberatern eine Mitverantwortung daran, dass die heutigen Vergütungsmodelle so komplex seien. «Leider gibt es jeden Tag mehr Stimmrechtsberater, und jeder grössere Aktionär bevorzugt ein anderes Modell.»

Es ist noch nicht vorbei

Die Abzocker-Initiative lässt Minder nicht los. «Wir werden in Bern die gesetzlichen Missstände noch beheben», kündigt er an. Der heutige Ständerat will die Unternehmen zwingen, ihre Aktionäre über die variable Vergütung für das vergangene Jahr abstimmen zu lassen und das bindend. Pensionskassen und die AHV sollen zwingend ihren Willen äussern und nicht bloss die Verantwortung bequem an amerikanische Stimmrechtsberater abschieben. Keiner solle ihm sagen, so Minder, dies sei zu viel Aufwand. «Wo kommen wir da hin, wenn unsere Pensionskassen und die AHV sich nicht eigenständig um unsere Unternehmen kümmern?»