Welternährung
Syngenta hat Hunger nach Afrika

Der Agrarchemiekonzern setzt auf die Industrialisierung der Landwirtschaft in den Entwicklungsstaaten. Die UNO sieht die Hoffnung im traditionellen Anbau. Für Syngenta bedeutet dies mehr Umsatz.

Isabel Strassheim
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Prekäre Hungersnot in Senegal
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Der kleine Aliou Seyni Diallo mit seiner Mutter
Ein Tropfen auf den heissen Stein: Diese Woche bekam Aliou von einem Nachbarn etwas Couscous
Wenige Hilfspakete kommen in Senegal an Insgesamt hungern über 18 Millionen Menschen
Ein weiteres Opfer der Hungersnot in Senegal

Prekäre Hungersnot in Senegal

Keystone

Ausbleibender Regen hat zu mageren Ernten und einem Ausfall von 2,5 Millionen Tonnen Nahrungsmitteln in Afrikas Sahelzone geführt. Deswegen können in diesen Tagen geschätzte eine Million Kinder vor Hunger weder laufen noch schlafen, auch nachts kaum, sondern sie wimmern. Dies berichtet die Nachrichtenagentur AP. Insgesamt sind es 18 Millionen Menschen, die hungern in Staaten wie dem Senegal, Mauretanien, Mali, Niger oder Äthiopien.

Es ist die dritte Hungersnot in sieben Jahren und ein grundsätzliches Problem. Das heisst, es ist oft ein einfaches: Bauern in Äthiopien konnten zum Beispiel bislang ihr Tierfutter nicht haltbar machen für die Trockenzeit. Das Silieren von Gras lernten im vergangenen Jahr sieben Landwirtschaftsberater aus Äthiopien in der Schweiz. Sie änderten die Technik für ihre Klimaverhältnisse ab und wollen sie nun an ihre Bauern weitergeben.

Grösstenteils Kleinbauern
Dies ist ein Projekt von BioEconomy Africa und der Schweizer Organisation Biovision für Kleinbauern. Die Kleinbauern sind es, die die Landwirtschaft in Afrika massgeblich prägen, wo die durchschnittliche Hofgrösse 1,6 Hektar beträgt. Die Kleinbauern sind jedoch gerade die Hoffnung für die Welternährung: Der von der Weltbank und der UNO herausgegebene Weltagrarbericht betont, dass es die kleinen Höfe und Familienbetriebe sind, die mit ihrem ressourcenschonenden und wenig intensivem Anbau langfristig die Ernährung der hungernden Menschen in Afrika und auch der wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen können.

Der Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta muss das anders sehen. Auch für ihn ist Afrika kein Hunger-, sondern ein Hoffnungskontinent. Aber die Chance liegt für Syngenta in der Industrialisierung der Landwirtschaft. Zusammen mit anderen Unternehmen hat der Konzern eine «Neue Vision für die Landwirtschaft» erstellt, die auch eine Reihe von Projekten für Afrika enthält.

Für Syngenta bedeutet dies mehr Umsatz – in den nächsten zehn Jahren soll Afrika für Syngenta eine Milliarde Dollar bringen. Momentan liegen die Verkäufe unter 500 Millionen Dollar jährlich.

«Afrika ist zu einer unserer strategischen Wachstumsregionen geworden», liess Syngenta-Chef Mike Mack per Pressemitteilung Mitte Mai verlauten. Er sieht in dem Kontinent ein zweites Brasilien: Afrika habe das Potenzial einer der Hauptexporteure für Lebensmittel der Welt zu werden.

Bei der «grünen Revolution» der Landwirtschaft in Afrika spielt Syngenta die Hauptrolle. Der US-Konkurrent Monsanto will in den nächsten zehn Jahren lediglich 50 Millionen Dollar investieren. So ist davon auszugehen, dass Syngenta in Afrika die Nummer eins sein wird, denn der Konzern baut sich jetzt die Vertriebsnetze und lokalen Produktionsanlagen auf.

Massive Steigerung der Produktion

Die Nahrungsmittelproduktion in Afrika will Syngenta gemessen an der Tonnenzahl jedes Jahrzehnt um 20 Prozent steigern. Laut UNO produziert Afrika bislang knapp 700 Millionen Tonnen an Lebensmitteln.

Für den Konzern gibt es jedoch eine entscheidende Hürde in Afrika: Kleinbauern haben kein Geld für Kunstdünger und Spritzmittel. Deswegen setzt der Konzern auf Mikrokredite oder auf Händler, die Kredite geben. Auch die Unterstützung von Staaten oder durch Spenden ist laut Syngenta-Sprecher Daniel Braxton eine Möglichkeit zur Finanzierung.

Gibt es eine schlechte Ernte, sitzen die Kleinbauern, die Kredit aufgenommen haben, aber in der Schuldenfalle. Dieses Problem ist Syngenta bekannt. Die Konzern-Stiftung hat deshalb in Kenia an einem Projekt mitgearbeitet, dass Kleinbauern den Zugang zu Ernte-Ausfall-Versicherungen ermöglichen soll. Weil der Kontrakt übers Mobiltelefon geschlossen wird, erhielt das Projekt von der «Financial Times» den Preis für Technologie in nachhaltiger Finanzierung.

Bei nachhaltiger Landwirtschaft geht es jedoch gerade darum, ohne viel Energie und Investitionen gute Ernten zu erzielen. Im Bericht von Weltbank und einer Reihe von UNO-Agenturen diese Woche zum Treffen der G-20-Staaten in Mexiko heisst es: Traditionelle Technologien und Praktiken sind wichtig, um auch langfristig die Produktivität zu steigern.

http://www.heks.ch/de/das-koennen-sie-tun/soforthilfe-humanitaere-hilfe/hungerkrise-im-sahel/

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