Kolumne
Rote und gelbe Karten bei der Fifa?

Über die Fairness und Unfairness des Fussball-Weltverbandes.

Marco Passardi
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Marco Passardi.

Marco Passardi.

In St. Petersburg nahm es letzten Dienstag für die Schweizer Nationalmannschaft ein bitteres Ende: Trotz tollen Leistungen, getrübt einzig durch problematische Siegeszeichen einzelner Spieler, verlor die «Nati» gegen Schweden und musste die Heimreise aus Russland antreten. Das Schweizer Team nahm seine Niederlage jedoch sportlich – Ausschreitungen blieben aus.

Fairplay ist nicht nur im Sport sehr wichtig; unfaires Verhalten wird dort unter anderem dadurch verhindert, dass als Sanktion gelbe und rote Karten drohen. Leider aber scheint die präventive Wirkung der Karten nur bedingt zu gelten: Als 1982 Spanien Gastgeber der WM war, wurden 98 gelbe Karten verteilt. An der letzten Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 waren es bereits deren 181, was also fast eine Verdoppelung bedeutet. Rekordhalter dies­bezüglich war die WM in Deutschland: Dort wurden 2006 sagenhafte 307 gelbe Karten verteilt.

Während sich die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer für die WM-Spiele selber interessieren, geht oftmals vergessen, dass hinter dem Anlass eine sehr prominente, in der Schweiz ansässige Träger­organisation steht: die Fifa. Die vier Buchstaben stehen für die französische Bezeichnung «Fédération Internationale de Football Association». Diese Vereinigung respektive deren Finanzgebaren ist aktuell kaum mehr ein Thema in den Medien, kann aber, wenn man sich durch die lobenswert öffentlich gemachten Materialien hindurchsieht, einige interessante Ein­blicke liefern.

Wie wir alle wissen, sind Papier oder Websites sehr geduldige Medien: Sie geben grundsätzlich wieder, was Menschen auf ihnen veröffentlichen. Über die Richtigkeit der Inhalte sagt das grundsätzlich noch nichts aus. Bei der Fifa gilt dies so nicht: Die Richtigkeit ihrer Zahlen wird durch eine renommierte, international tätige Prüfgesellschaft, konkret durch eine «Revisionsfirma», sichergestellt.

Von den 134 Seiten des Finanzberichts 2017 sind sagenhafte 10 (!) Seiten alleine für den Bericht der Prüffirma PwC (Pricewaterhouse-Coopers, ein international tätiges Prüfunternehmen mit mehr als 200000 Mitarbeitenden) benötigt worden. Noch 2015 benötigte das dannzumal zuständige Prüfunternehmen KPMG gerade mal zwei Seiten für eine Stellungnahme.

Bei der Beurteilung der Richtigkeit von Finanz­berichten gibt es eigentlich keine gelben Karten. Möglich wären höchstens rote Karten, die Hinweise geben, wonach die Finanzberichterstattung entweder nicht ganz richtig oder dann sogar komplett falsch sein kann.

Diesbezüglich wird der Fifa ein famoses Zeugnis ausgestellt: Ihre Zahlen für das Jahr 2017 – unter anderem flüssige Mittel im Umfang von rund 953 Millionen US-Dollar, rund 20 Prozent des gesamten Vermögens, Erträge von rund 734 Millionen US-Dollar – vermitteln «ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Finanzlage». Sie entsprechen zudem einem qualitativ hochwertigen internationalen Buchhaltungsstandard, dessen Regeln mehr als 3000 Seiten ausmachen. Die Schweizer Buchhaltungsvorschriften kommen mit gerade mal rund 20 Seiten aus.

Bei der Fifa gibt es aber «besonders wichtige Prüfungssachverhalte», auf welche die Revisionsstelle deutlich hinweist. Dort findet sich ein längeres Statement zum Betrugsrisiko, welches (leider) nach wie vor die Tätigkeit der Fifa belasten könnte.

Aufhorchen lässt hier vor allem eine Feststellung der verantwortlichen Revisionsstelle: «Die Tatsache, dass (bei der Fifa, Anmerkung des Autors) keine Notwendigkeit besteht, den Gewinn für die Aktionäre zu maximieren, vermehrt die Risiken und Gelegenheiten für Betrug, Unterschlagung und Missbrauch von Ressourcen.» Anders wie sonst häufig gehört, ist also nicht die Gewinnmaximierung respektive die damit verbundenen negativen Begleiterscheinungen das Problem, sondern gerade das Fehlen eines ganz konkreten Renditeziels.

Zu hoffen bleibt, dass auf dem Fussballplatz sowie beim Träger selber genügend Sensibilität für faires Verhalten Einzug hält – die vielen Fans weltweit (sowie die durch sie ausgelösten Geldflüsse) sollten Ansporn genug sein.