Das Bundesverwaltungsgericht heisst wegen Formfehler die Beschwerde des Essenlieferanten gut.
Ausser Spesen nichts gewesen: So könnte man das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren Uber Eats versus Postcom zusammenfassen. Denn die entscheidende Frage wird darin nicht beantwortet: Nämlich die Frage, ob ein Paket immer ein Paket ist und ob folglich Pizzakuriere eine Art Pöstler und Essenslieferanten demnach auch Postanbieter sind. Eine klärende Antwort wäre wichtig: Denn wenn dem so wäre, dann müssten sich Uber Eats und andere Lieferservices bei der Eidgenössischen Postkommission Postcom registrieren lassen – und als Folge davon auch postbranchenübliche Löhne zahlen.
Uber Eats muss sich nun nicht registrieren lassen, jedenfalls vorerst nicht. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 26. Januar 2022 die entsprechende Verfügung der Postcom vom 10. Dezember 2020 aufgehoben – aber eben, nicht aufgrund einer materiellen Beurteilung, sondern wegen eines Formfehlers. Konkret: wegen der «Verletzung der Ausstandspflicht» durch frühere Präsidentin der Postcom Géraldine Savary. Die Waadtländer alt Ständerätin hatte die Postcom während eines Jahres präsidiert, bevor sie das Amt Ende 2020 wieder niederlegte, um Chefredaktorin von «Femina» zu werden, eines Frauenmagazins, das der welschen Sonntagszeitung «Le Matin Dimanche» beiliegt. Heute wird die Aufsichtskommission von Anne Seydoux-Christe präsidiert, ebenfalls einer ehemaligen Ständerätin.
Die niederländische Gesellschaft Uber Portier, welche die Rechte an der Uber-Eats-Plattform besitzt, kritisierte in ihrer Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht, dass Savary an der Jahresmedienkonferenz der Postcom bereits ihre Meinung kundgetan hatte, obwohl das Verfahren mit Uber Eats noch bei weitem nicht abgeschlossen war und der Verfügungsbeschluss erst ein halbes Jahr später gefällt wurde.
Uber Portier beantragte deshalb in einer Stellungnahme vom 23. November 2020, dass Savary wegen Befangenheit in Ausstand zu treten habe, und dass über das Ausstandsbegehren in einer selbstständig anfechtbaren Verfügung zu entscheiden sei. Die Postcom lehnte dies ab, wobei aus dem Protokoll nicht ersichtlich ist, ob Savary für den diesen besagten Entscheid den Raum verlassen oder gar abgestimmt hat, wie das Bundesverwaltungsgericht nun festhält. Es gebe also «keinerlei Belege» dafür, dass die Vorinstanz in korrekter Besetzung, das heisst ohne die Anwesenheit beziehungsweise Mitwirkung der damaligen Präsidentin über das verfahrungsrechtliche Gesuch entschieden habe.
Und weil nun mal die Vorinstanz, also die Postcom, die «Folgen der Beweislosigkeit» zu tragen hat, stellt das Gericht «eine Verletzung der Bestimmungen über den Ausstand und damit einen Verfahrensmangel» fest. Und als Folge dieses Entscheids heisst das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von Uber Eats gut und hebt die Postcom-Verfügung auf.
Abgewiesen hat das Bundesverwaltungsgericht hingegen die formelle Beschwerde, wonach eine «Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes» vorliege. Damit ist aber noch nichts gesagt, ob die Postcom-Überzeugung, wonach er Lieferservice von Uber Eats ein Postdienst ist, auch wirklich einer juristischen Prüfung standhält. «Ob die rechtliche Würdigung der Vorinstanz zutreffend ist, wird bei einer allfälligen materiellen Prüfung zu klären sein», heisst im Urteil.
Die Aufsichtsbehörde kann nun innert 30 Tagen beim Bundesgericht in Lausanne Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts einreichen.
Um endlich eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob ein Essenskurier auch ein Postbote ist, muss die Postcom entweder das Urteil – mit Erfolg – beim Bundesgericht anfechten, denn dann müsste sich das Bundesverwaltungsgericht auch materiell mit der Frage auseinandersetzen. Oder die Aufsichtsbehörde akzeptiert den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts und spricht eine neue Verfügung gegen Uber Eats aus – nur diesmal ohne Formfehler.