Diese Indikatoren zeigen einen Boom an – vor allem im Konsum
In den ersten drei Monaten ist die Wirtschaft nochmals eingebrochen. Dennoch zeigen alle Indikatoren eine rasche Erholung an. Vor allem ein Corona-Verlierer wird nun zum Gewinner.
Niklaus Vontobel
Drucken
Teilen
Leben ohne Coronamassnahmen: Es darf wieder konsumiert werden.
Sandra Ardizzone
Gegen Ende 2020 hatte sich die Wirtschaft noch erholt, die Wirtschaftsleistung hatte zugenommen. Im Sommer gab es gar ein Quartal mit einem rekordhohen Wachstum von 7 Prozent. Es sah schon nach einer raschen Erholung aus. Doch dann kam die zweite Welle, der zweite Lockdown. Und das war es dann mit dem Aufschwung. Einige Monate später zeigen sich die Folgen nun in den Statistiken. Das Bruttoinlandprodukt schrumpfte nochmals um 0.5 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) heute vermeldet. Der zweite Lockdown hat die Wirtschaft nochmals zurückgeworfen.
Nun folgt quasi der zweite Anlauf zur grossen Erholung. Dieses Mal dürfte das Coronavirus unter Kontrolle bleiben. Die Impfkampagne startet nun durch, die Anfangsschwierigkeiten scheinen überwunden. Und es fehlt nicht an Indikatoren, die sehr hoch stehen oder gar rekordhoch - und damit eine rasche Erholung anzeigen oder gar einen Boom.
Stimmung in der Industrie
Der Sammelindikator «Konjunkturstimmung Schweiz» fasst 30 Stimmungsindikatoren zusammen
Der oben stehende Stimmungs-Indikator des Seco steht so weit oben wie lange nicht mehr. Noch besser waren die Zeiten gemäss diesem Indikator nur um das Jahr 2006 herum. In der damaligen Hochkonjunktur schwärmte der Boulevard noch vom «Boomland Schweiz». Es gebe so viel Arbeit zu erledigen, es gelte das Motto: «Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.» Dieser Seco-Indikator holt vor allem mithilfe von Umfragen ab, wie die Industrie die Wirtschaftslage sieht. Das ergibt Sinn.
Denn typischerweise kommen Aufschwünge via der Exportindustrie in die Schweiz. Wenn nämlich im Ausland die Nachfrage nach ihren Produkten steigt. So scheint es auch dieses Mal zu sein. Das 1. Quartal wäre noch schlechter ausgefallen, hätte nicht die Industrie schon wieder mehr exportiert als vor der Coronakrise. Gemäss Seco habe der schweizerischen Industrie vor allem geholfen, dass die Wirtschaften in den USA und in China wieder gut laufen. Dieses Bild wird auch vom neuen Einkaufsmanagerindex bestätigt. Dieser zeigt gemäss Credit Suisse einen «Erholungsboom» an. Der Index hat den höchsten Stand seiner Geschichte erreicht. Damit signalisiere er gemäss Credit Suisse, dass die Erholung in der Industrie «weiterhin rasch voranschreitet».
Die Wirtschaft in Echtzeit
Sammelindikator aus täglichen oder wöchentlichen Indikatoren
Dieser Echtzeit-Indikator ist als Reaktion auf die Coronakrise entstanden. Diese Krise hatte nämlich alle Prognostiker besonders schlecht aussehen lassen. Ihre Prognose wurden einige Male über den Haufen geworden. Das Seco etwa unterschätzte erst das Ausmass der Krise, dann überschätzte es das Ausmass. Überraschen kann dies an sich nicht. In der Krise wurde der Gang der Wirtschaft von einem Virus bestimmt. Bekanntlich gehören Viren nicht zum Fachgebiet von Ökonomen. Auf jeden Fall behalf sich das Seco dann, indem es weitere Daten heranzog. Solche, die möglichst in Echtzeit über den Gang der Wirtschaft informieren. Dieser Indikator zeigt nun an, dass die Schweizer Wirtschaft schon viel Schwung aufgenommen hat - und bald wieder grösser sein wird als vor der Coronakrise.
Barometer der Konjunktur
Sammelindikator aus 500 Indikatoren, die die Entwicklung in der nahen Zukunft anzeigen
Und so ähnlich signalisiert dies auch der obenstehende Konjunkturbarometer, herausgegeben von der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. «Das Barometer erreicht abermals einen historischen Höchststand», schreiben die KOF-Ökonomen dazu. Die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft seien als «sehr positiv» zu bewerten. Oder, wie es die KOF-Ökonomen auch schon formulierten: «Im Sommerhalbjahr schaltet in der Schweiz der Turbo ein.»
Boomender Konsum
Wachstum gegenüber dem Vorjahr; in Prozent
Und wenn das nun alles so kommt, wie es die vielen Indikatoren zeigen, dann dürften auch menschliche Gewohnheiten zum Zuge kommen - und einen Boom im Konsum auslösen. Denn in der Coronakrise brach der Konsum ein, was sonst überhaupt nicht zum üblichen Verlauf von Wirtschaftskrisen gehört.
Sonst galt eher die folgende Regel: da konnte kommen, was da wollte, die Shopper shoppten. Die Konsumausgaben nahmen weiter zu, als wäre nichts gewesen. Nur in der schweizerischen Immobilienkrise ging der Konsum zurück, aber nur ganz leicht. In der Coronakrise gab es einen Einbruch. Der Konsum war ja zeitweise auf das Notwendigste beschränkt worden. Nun haben die Konsumenten einiges nachzuholen. An der KOF Konjunkturforschungsstelle wird mit einem Konsumboom gerechnet. Und diese Wende vom Konsum-Verbot zur Konsumboom wird vor allem in einer Branche extrem ausfallen: in der Gastwirtschaft. Auf ein Minus von 17 Prozent im Jahr 2020 folgt ein Plus von 15 Prozent im Jahr 2022.
Wo der Konsum boomt
Entwicklung gemäss Prognosen
Gesundheit
Freizeit und Kultur
Verkehr
Gastwirtschaft
Ein erstes kräftiges Lebenszeichens kam heute schon. Wie das Bundesamt für Statistik vermeldete, war der Umsatz im Detailhandel im April um 35 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Vor einem Jahr steckte die Schweiz natürlich im Lockdown, der Konsum war zwangsweise eingeschränkt. Dennoch ist die Zunahme eindrücklich. Der Detailhandelsumsatz ist nämlich auch deutlich grösser als vor der Krise. Im Vergleich zum April des Jahres 2019 lag der Konsum um 9 Prozent höher. Verkaufsschlager waren Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik sowie Haushaltsgeräte und Einrichtungsgegenstände.