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Der Schweizer Detailhändler will mit einem neuen Konzept sein Ausland-Geschäft erweitern - und setzt dabei auf eine Erkenntnis, die insbesondere während der Corona-Krise evident wurde.
Brezelkönig, k Kiosk, Caffè Spettacolo, Press&Books – für diese Geschäfte ist der Muttenzer Detailhandelskonzern Valora hierzulande bekannt. In Deutschland sind es vor allem die zugekauften Backwaren-Formate Ditsch und Backwerk sowie die Tabak- und Kiosk-Verkaufsstellen namens Cigo, mit denen Valora präsent ist. Die rund 1400 Filialen in Deutschland machen rund 42 Prozent von Valoras Verkaufsumsätzen aus.
Diesen Anteil versucht Konzernchef Michael Mueller nun zu steigern. In einer Präsentation gibt Valora an kleiner Stelle bekannt, dass man mit dem «k Kiosk»-Format in Deutschland an Tankstellen expandieren wolle. Ein Sprecher bestätigt auf Anfrage diese Strategie.
Vergangenen Dezember habe man in Oldenburg einen ersten Kiosk an einer Tankstelle eröffnet. Im April folge eine zweite Verkaufsstelle in Kaiserslautern. Und: «Weitere sind geplant», sagt der Sprecher, ohne eine Zielgrösse nennen zu wollen.
In Deutschland handelt es sich jedoch nicht um eine klassische Mini-Verkaufsstelle, wie sich der k Kiosk hierzulande oftmals an Bahnhöfen präsentiert. In Oldenburg verfügt sie über eine deutlich grössere Fläche von 125 Quadratmetern.
Mit diesem neuen Konzept, das stark auf den Erfahrungen in der Schweiz mit dem Geschäftskonzept Avec beruhe, reagiere man auf das wachsende Bedürfnis der Kunden, die unterwegs sind und sich rasch verpflegen möchten, sagt der Valora-Sprecher. In den Regalen gibt es Erfrischungsgetränke, Alkohol, Backwaren, Zigaretten, Autozubehör, Zeitungen und eine DHL-Packstation.
In der Schweiz setzt Valora an Tankstellen hingegen weiterhin auf die Expansion mit Avec mit Sandwiches, Salaten und Getränken. Der Konzern sieht darin ein grosses Potenzial. Denn: «Heutzutage fahren die Menschen nicht mehr nur zum Tanken an eine Tankstelle, sondern auch um kleinere Einkäufe zu tätigen», sagt der Konzernsprecher.
Diese Erkenntnis dürfte sich nicht zuletzt in der Corona-Krise verstärkt haben. Während die zahlreichen Filialen an Bahnhöfen unter den sinkenden Pendlerzahlen litten, büssten die Standorte in der Agglomeration weniger ein (diese Zeitung berichtete). Etwa jede dritte Avec-Filiale befindet sich heute an einer Tankstelle.
Allerdings ist der Tankstellenshop-Markt hierzulande stark umkämpft. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Tankstellenshops um 1,4 Prozent auf 1400, wie eine Analyse des Branchenverbands Avenergy Suisse zeigt. Der Marktforscher Gfk schätzt das Umsatzvolumen auf 3,2 Milliarden Franken.
Der aserbaidschanische Energiekonzern Socar betreibt rund 60 Migrolino-Shops an seinen Zapfsäulen-Standorten. Das Migros-Format gibt es auch an Shell-Tankstellen. Coop setzt auf das eigene Coop-Pronto-Format.
Die Fenaco-Tochter Agrola zählt über 100 Top-Shop-Filialen. Und erst kürzlich gab die Spar-Supermarktgruppe bekannt, 60 Avia-Tankstellenshops zu übernehmen.
Und da wären da noch die Gerüchte, die zuletzt um Valora aufkamen: Eine Analyse der Zürcher Kantonalbank kam zum Schluss, dass Valora zur Übernahmekandidatin werden könnte (diese Zeitung berichtete).
Als mögliche Interessenten nannte die Studie die beiden Grossverteiler Migros und Coop, aber auch ausländische Konzerne wie Coca-Cola.