Corona und EU sorgen im Handel mit Aktien für einen riesigen Umsatzschub und für ein noch viel grössere Zunahme der Anzahl Geschäfte.
Auch in der Schweiz erlebt der Aktienmarkt einen gewaltigen Zustrom von Kleinanlegern. Diese Beobachtung wird durch die aktuelle Handelsvolumenstatistik gestützt, welche die Schweizer Börsenbetreiberin Six am Dienstag für das zurückliegende Jahr veröffentlicht hat.
Der Statistik zufolge wurden im abgelaufenen Jahr auf der Six-Plattform Aktien und Anlagefonds im Wert von 1468 Milliarden Franken gehandelt. Dies entspricht einer Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um satte 25 Prozent. Die Anzahl Transaktionen schnellte sogar um 55 Prozent auf über 96 Millionen Abschlüsse hoch. Dadurch reduzierte sich der durchschnittliche Wert eines einzelnen Aktiengeschäfts im Vorjahresvergleich um rund 20 Prozent auf den bisher tiefsten Stand von etwas mehr als 15'000 Franken, was als deutliches Zeichen für wachsende Partizipation von Kleinanlegern gewertet werden kann.
Zwar lässt sich schon seit vielen Jahren ein Trend zu kleineren Abschlussgrössen beobachten, was unter anderem mit dem durch regulatorische Auflagen forcierten Rückzug grosser Banken aus dem Wertschriftenhandelsgeschäft zu erklären sein dürfte. Doch einen Schub wie im vergangenen Jahr hat es in der jüngeren Geschichte der Börse wohl noch nie gegeben. Vor fünf Jahren belief sich das durchschnittliche Volumen eines Aktiengeschäfts in der Schweiz auf gut 21'000 Franken. Es reduzierte sich bis 2019 um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr. Der Einbruch der mittleren Losgrösse um 20 Prozent auf 15'000 Franken im zurückliegenden Jahr wirkt vor diesem Hintergrund geradezu spektakulär.
Der Sturm der Kleinanleger auf die Aktienmärkte ist freilich kein spezifisch schweizerisches Phänomen. In den USA feiert dieser Trend auch im Zug der Etablierung von gebührenfreien Handelsplattformen wie «Robinhood.com» seit einiger Zeit Rekordstände.
Auch so sind die im Coronajahr beobachteten statistischen Veränderungen im Schweizer Aktienhandelsgeschäft beispiellos. Die 2020 in puncto Umsatz erreichte Zuwachsrate ist prozentual betrachtet gleich hoch wie 2015, als die Nationalbank im Januar den Euro-Mindestkurs aufgehoben hatte und damit eine schlagartige Aufwertung des Frankens beziehungsweise eine schockartige Korrektur der hiesigen Aktienkurse bewirkt hatte. Auch 2015 war es zu einer weit überproportionalen Zunahme der Anzahl Abschlüsse im Aktiengeschäft. Doch das Coronajahr fiel auch in dieser Hinsicht weit extremer aus.
Einen Beitrag zum Schweizer Aktienhandelsboom lieferte auch die EU-Kommission, die der Schweizer Börsenregulierung im Juli 2019 aus politischen Gründen die Äquivalenzanerkennung verweigerte. Der Streit führte über Umwege und eine regulatorische Gegenmassnahme der Schweiz dazu, dass Schweizer Aktien, die bisher auf EU-Börsen gehandelt wurden seit eineinhalb Jahren nur noch an der Six getradet werden können. Deutlich sichtbar wurde der wertmässige Effekt dieser Handelsumlenkung im Juli 2019, als der Aktienhandelsumsatz an der Schweizer Börsen im Gegensatz zu dem typischen Verlauf der Vorjahr keinen urlaubsbedingten Einbruch von 10 Prozent oder mehr erlebte, sondern um ein Drittel zunahm. Diese Mehrumsätze sind der Six seither erhalten geblieben, auch wenn sie 2020 nur einen kleinen Teil zum grossen Aktienboom beigetragen haben.