Opfer der Isolation
Wie die Familie der Karriere des Basler Tennistalents Rebeka Masarova im Weg steht

Schnee statt Sonne, Kälte statt Hitze. Statt sich in Melbourne auf die Australian Open vorzubereiten, steht Rebeka Masarova auf dem Aletschgletscher im Wallis. So präsentiert sich die 18-Jährige Anfang dieses Monats auf Fotos in den sozialen Medien.

Von Simon Häring, Melbourne
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Rebeka Masarova (r.) mit Mutter und Trainerin Marivi.

Rebeka Masarova (r.) mit Mutter und Trainerin Marivi.

Keystone

Inzwischen hat das Talent der Schweiz den Rücken gekehrt und trainiert in Barcelona. Ab sofort spielt die Junioren-Siegerin der French Open 2016 für Spanien und damit für das Heimatland ihrer Mutter Marivi.

Die Entscheidung schlägt auch am anderen Ende der Welt hohe Wellen. «Ich bin überrascht und kann es nicht nachvollziehen», sagt Belinda Bencic. Allerdings kenne sie die nur zwei Jahre jüngere Rebeka Masarova auch kaum. «Ich weiss nur sehr wenig über sie und auch nicht, wie sie trainiert.» Ähnlich äussert sich Viktorija Golubic: «Das kam auch für mich völlig unerwartet.» Sie spricht gar von einem «Schock».

Rebeka Masarova steht neuerdings für Spanien auf dem Court

Rebeka Masarova steht neuerdings für Spanien auf dem Court

KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Auch die Zürcherin, die sich über die Qualifikation ins Hauptfeld spielte, sagt aber, sie habe kaum Kontakt zum Talent gehabt. Das hat einen Grund: Mutter und Trainerin Marivi, die nicht aus dem Tennis kommt und sich nicht beraten lässt. «Sie steht dahinter. Es ist ein Familienprojekt», sagt Golubic und nimmt das Wort «Clan» in den Mund. Selbst wenn die beiden parallel in Biel gewesen seien, sei der Kontakt nur sehr oberflächlich geblieben.
Trainierte Rebeka Masarova in der Region Basel, spielte sie zu Beginn der Einheiten den Ball immer und immer wieder ganz für sich alleine an die Ballwand. Zwar hatte sie sporadisch Trainingspartner, doch meist stand dann doch eine der beiden Schwestern auf der anderen Seite des Netzes. Diese spielen nicht auf hohem Niveau Tennis. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht einer optimalen Talentförderung entspricht.

So ist es bezeichnend, dass weder Bencic noch Golubic Masarova näher kennen; und offensichtlich, dass die Mutter ihre Tochter in die Isolation führt. Ausdruck dieses Gebarens ist die Tatsache, dass sie die Verpflichtung eines Trainers immer als unnötig taxiert hat. Die Familienbande sind so eng, dass es schwerfällt, jemanden in ihre Welt hereinzulassen. Mutter und Trainerin Marivi liess alle Versuche einer Kontaktaufnahme unbeantwortet.

Rebeka Masarova während des Finals am Australian Open.

Rebeka Masarova während des Finals am Australian Open.

KEYSTONE/EPA AAP/LUKAS COCH

«Es ist nicht Rebeka. Ich bin sicher, dass Swiss Tennis alles unternommen hat», sagt Viktorija Golubic. Fed-Cup-Captain Heinz Günthardt (58) hat sich schon in der Vergangenheit vorsichtig zum Fall geäussert. «Wir sind hie und da in Kontakt, geben Hinweise. Aber verantwortlich ist die Mutter», sagte er im vergangenen Frühling. Er hält grosse Stücke auf Masarova: «Selten habe ich in den vergangenen Jahren eine so gute Verbindung aus Grösse, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Ballgefühl, Fleiss und Wille gesehen wie bei ihr.» Im Sommer 2016 hatte Masarova ein Bekenntnis zur Schweiz abgegeben. Der Verband reichte daraufhin ein Gesuch ein, um Rebeka Masarova künftig im Fed Cup einsetzen zu können. Noch im Dezember trainierte sie in Biel.

Fall hat juristisches Nachspiel

Umso überraschender kommt der Nationenwechsel. Verbands-Präsident René Stammbach will, dass die ITF die Problematik des Nationenwechsels nun juristisch abklärt, denn Swiss Tennis hat viel Geld in die Ausbildung Masarovas investiert. Dabei geht es um monetäre Fragen. Doch das ist nur die eine Seite. Die andere, in der eine 18-Jährige zum Spielball der Interessen wird, ist die menschliche. In der Causa ist Masarova selber vor allem eines: das Opfer.