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Sport (SZ, GT, OT)
Stürmer Lukas Haas hat im Oberwallis einen ungemütlichen, erfolglosen Saisonstart erlebt – auf dem beschwerlichen Weg aus der Krise empfängt er heute mit dem EHC Visp seine ehemaligen Teamkollegen des EHC Olten.
Mit sieben namhaften Zuzügen und einigen ebenso bekannten Verstärkungen als Ausleihe präsentierte der EHC Visp im Sommer vor dem Saisonstart mit Stolz sein Kader. Es sah danach aus, als würden die Visper in ihrem modernen Stadion, mit einem prall gefüllten Portemonnaie zum Marsch blasen wollen, als vermutlich ärgster Konkurrent des aufstiegswilligen Kloten. So in etwa würden denn auch die Ansprüche im Oberwallis aussehen.
Doch das Gegenteil traf ein: Visp reihte Niederlage an Niederlage und geriet in eine Negativspirale, grüsste kurzzeitig vom Tabellenende. Mittendrin in diesem Schlamassel: Lukas Haas, einer dieser namhaften Zuzüge, der zuletzt drei Saisons beim EHC Olten bestritt.
«Wir sind sicher nicht so gestartet, wie wir uns das vorgestellt hatten. Der Klub, der Vorstand, die Fans, wir als Mannschaft – wir haben sicher höhere Ziele. Aber wir fanden einfach keinen Weg, erfolgreich zu sein», bilanziert Lukas Haas.
Was den Ex-Oltner besonders ärgerte: «Wir haben eigentlich immer wieder gute Spiele gezeigt und haben dennoch verloren.» Der exemplarische Tiefpunkt: Die 1:6-Heimniederlage gegen Kloten trotz positivem Torschuss-Verhältnis von 51:25! Es war die achte Niederlage in Serie.
Was damals schon längst vollzogen wurde, war der Knall auf dem Trainerposten: Ausgerechnet nach der 2:4-Last-Minute-Niederlage beim EHC Olten musste Matti Alatalo Ende Oktober seine Koffer packen, Sportchef Bruno Aegerter übernahm, vorerst mit ebenso wenig Erfolg.
Und als wären die unzähligen Niederlagen nicht schon Trübsal genug, nistete sich im Team auch noch eine Verletzungsserie ein. Drei wichtige Verteidiger fielen aus, dazu gesellten sich Torhüter Lory und Ausländer Van Guilder.
Der EHC Visp verpflichtete daraufhin Torhüter Dennis Saikkonen und lieh Glenn Gawdin von der NHL-Organisation der Calgary Flames aus. Letzterer erwies sich allerdings als Reinfall, wurde er doch von den Kanadiern nach nur einem Spiel zurückbeordert.
Erfolg hin oder her: Mit dem Leben ennet dem Lötschberg konnte sich Lukas Haas schnell anfreunden. Schon seit Ende April spielt sich das Leben des Emmentalers mehrheitlich im Wallis ab. Wenn es die Zeit zulässt, macht Haas, ein grosser Naturmensch, gerne einen Abstecher in seine Heimat. Doch den Weg jeweils zu pendeln, stand für ihn nie zur Debatte – nicht zuletzt auch aus zeitlichen Gründen. «Ich will mit Herz und Seele beim EHC Visp dabei sein», sagt er.
Schon in den ersten Tagen hatte sich ein Leben in einer WG abgezeichnet, da Captain Luca Camperchioli und Torhüter Sascha Rochow noch ein Zimmer frei hatten. «Wir haben es gut miteinander, mir gefällt es», sagt Lukas Haas, der das oft schöne Wetter im Wallis hervorhebt. Die langen Carfahrten an die Auswärtsspiele seien hingegen etwas gewöhnungsbedürftig, «aber mit dem heutigen Komfort der Cars problemlos zu bewältigen».
Was ihm besonders ein Lächeln ins Gesicht zaubert: Bereits in den Sommermonaten nahm er Visp als grosses eishockeybegeistertes Städtchen wahr und staunte zu Beginn, wenn er auf der Strasse von den offenherzigen Vispern angesprochen wurde.
Die drei Saisons beim EHC Olten will Lukas Haas nicht missen. «Ich bin dankbar für die Zeit in Olten. Es waren immerhin zweieinhalb Jahre, in denen wir viel erlebt haben. Ich habe sowohl menschlich wie auch sportlich viel gelernt», sagt er. Sein erstes EHCO-Jahr, die Saison 17/18, war seine erfolgreichste, als man bis in den Final vorstiess.
Umso bitterer sei die vergangene Saison gewesen, als man vor leeren Rängen sang- und klanglos gegen Langenthal ausschied. «In einem Geisterspiel – das war so etwas wie der Tiefpunkt meiner Karriere», beschreibt Haas.
Er sei froh, dass sich die Wege trotz Unstimmigkeiten «mit ehrlichen Worten» getrennt hätten. Die Kontakte aber sind geblieben, auch wenn jeder einzelne seinen Weg gehe. Nicht nur mit Wyss, Rexha, Schwarzenbach, Rouiller oder Eigenmann tauscht er sich nach wie vor aus, ja ist er befreundet. «Das zeigt doch eigentlich, dass wir eine gute Truppe hatten.»
Doch nun heisst Lukas Haas’ Gegenwart EHC Visp. Und mit dieser scheint er in den vergangenen zwei Wochen etwas aus der Krise gefunden zu haben, wenn auch nur schleppend. Immerhin: Drei der letzten vier Spiele wurden gewonnen – zwei davon gegen Farmteams sowie eines im Derby gegen Sierre.
Lukas Haas sagt: «Wir sind noch auf der Suche nach dem Selbstvertrauen. Aber die Stimmung im Team ist gut, die Chemie passt, jeder gönnt dem anderen etwas, jeder ist da, Vollgas zu geben. Wir arbeiten sehr professionell.»
Nur eben stimmen die Resultate nicht mit den Ansprüchen überein. Das Problem, das Lukas Haas nicht erst seit dieser Saison kennt: «Wenn einem nichts läuft, versucht man oft noch etwas auszuprobieren und etwas zu verändern, statt einfach seine Stärken ins Team einzubringen. Das ist meistens das Schlimmste.»
Dass es auf dem Eis noch überhaupt nicht harmoniert, zeigen auch die abermaligen Umstellungen der Linien.
Genauso wie der EHC Olten (siehe Box unten) ist auch der EHC Visp noch immer auf der Suche nach den idealen Zusammenstellungen. Mal spielt Lukas Haas mit den Ausländern, mal mit den Top-Schweizern Haberstich oder Sterchi, dann wieder mit einer kleineren Rolle im dritten Block.
Haas meint schulterzuckend: «Es ist mein Job, dort zu spielen, wo ich eingesetzt werde. Klar, es ist nicht einfach, aber man muss alles Mögliche ausprobieren, wenn es der Mannschaft nicht läuft.»
Was dem EHC Visp gemäss Lukas Haas noch immer nicht behagt: das Spiel in den Special-Teams. In Unterzahl und Überzahl sind die Oberwalliser nach wie vor unterdurchschnittlich klassiert. «Wir machen uns damit das Leben selber schwer.» Ob Visp oder Olten – die Probleme bleiben die gleichen.
Den Humor, den hat Philipp Rytz auch nach der 0:6-Schlappe in Kloten nicht verloren: Aus seinem wuchtigen Vollbart hat der Verteidiger zu seinem 36. Geburtstag einen dichten Schnauz getrimmt. «Es ist Eishockey, wir lieben es – und es geht weiter», sagt er und schmunzelt. Positiv in die Garderobe zu gehen, ob Kanterniederlage oder Sieg, heisst das Rezept, verrät Rytz.
«Es war sicher nicht einfach, dieses Spiel zu verdauen, es wurde uns so manches aufgezeigt, dass wir eben noch zu vieles nicht gut genug machen. Um so ärgerlicher, dass es in weniger als fünf Minuten passiert. So etwas darf einfach nicht passieren, da müssen wir unsere Lehren daraus ziehen», erzählt Rytz nach einem intensiven Dienstagstraining, bei dem es nicht zuletzt auch auf dem Eis mehr zu diskutieren gab als auch schon.
Gesprächsstoff gab es rund um die historische Kanterniederlage genug. «Wir mussten der Tatsache ins Auge sehen, die Fehler ansprechen und aufrollen. Wir haben sicher ordentlich Videos geschaut und analysiert», so Philipp Rytz.
Für das Spiel heute Abend beim EHC Visp scheint Trainer Fredrik Söderström ein weiteres Mal ordentlich die Linien durcheinanderzuwirbeln. Zwar sollen wiederum dieselben Akteure zum Einsatz kommen, jedoch in veränderter Konstellation: Knelsen trainierte neben Schirjajew und Othmann. Und Fuhrer lief neben Nunn und Wyss auf. Ob diese Linien zum Erfolg führen?
Was erwartet Philipp Rytz für ein Spiel gegen ein ambitioniertes Team, das sich noch weit unter seinem Wert verkauft? Es gebe nur eines, hält er fest: «Wir müssen dieses Spiel irgendwie gewinnen. Wir dürfen von uns derzeit kein Playoff-Eishockey erwarten. Aber wir müssen mental parat sein, und zwar von der ersten bis zur letzten Minute, insbesondere vor und nach den Pausen, in den wichtigen Momenten, in denen zuletzt unsere Spiele entschieden wurden.»
Es werde sicher ein hartes Spiel, «aber wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Lehren aus den Niederlagen ziehen und Schritt für Schritt vorwärtskommen, in jedem Spiel, jeden Tag, jede Woche.» (sha)