Seit 2011 rudern Roman Röösli und Barnabé Delarze zusammen. In Tokio träumen sie vom Olympiasieg.
Noch immer umgibt die Olympischen Spiele von Rio 2016 etwas Magisches im Schweizer Rudersport. Der Leichtgewichtsvierer mit Simon Niepmann, Lucas Tramèr, Simon Schürch und Mario Gyr war als grosser Favorit angetreten und holte souverän den Titel. Inzwischen sind die vier Olympiasieger längst zurückgetreten.
Dennoch nimmt fünf Jahre später ein Schweizer Mannschaftsboot den Olympiasieg ins Visier. Im Doppelzweier zählen der Luzerner Roman Röösli und der Waadtländer Barnabé Delarze zu den Favoriten. «Unser Traum ist Gold, nicht irgendeine Medaille», sagt Delarze.
Die Konkurrenz ist in der Kategorie des Doppelzweiers mit am höchsten. Viele Nationen treten mit starken Booten an, das Niveau ist im Vergleich zu den letzten Jahren stark gestiegen. «Es ist ein dichtes Feld mit etwa zehn Booten, die eine Medaille gewinnen können», sagt Röösli. «Aber wir haben schon fast alle Boote geschlagen. Das ist wieder möglich.»
Den Optimismus nimmt das Schweizer Paradeboot dank guter Resultate in den vergangenen Jahren. Seit 2017 bilden sie das einzige Boot in ihrer Kategorie, das immer ins A-Final kam. «Das stimmt uns positiv. Nun müssen wir am Tag X bereit sein», so Röösli. Die beiden hoffen, die richtigen Lehren aus dem Jahr 2019 gezogen zu haben. Damals waren sie zu früh in Topform, bei der Weltmeisterschaft mussten sie sich aber nur mit dem fünften Rang begnügen. In diesem Jahr näherten sie sich langsamer der Bestform an.
Röösli und Delarze gelten als ideales Duo auf dem Wasser. Röösli hat das Gespür, ist technisch enorm sauber. Kommt es im Endspurt auf jedes Detail an, macht dem Luzerner Ruderer keiner etwas vor. Delarze, 1,93 m gross und 100 Kilogramm schwer, ist der Motor des Boots. Einst hatte er Rugby gespielt, startete mit dem Rudern als Ergänzung. Heute ist er einer der kräftigsten Spitzenruderer.
Das Duo bringt nicht nur die idealen Voraussetzungen mit, die beiden 27-Jährigen verbindet auch eine langjährige Freundschaft. 2011 bildeten Röösli und Delarze an der Juniorenweltmeisterschaft einen Doppelzweier, 2013 und 2014 wurden sie im Doppelvierer U23-Weltmeister. Und 2016 verpassten sie im Doppelvierer um Hundertstel den Olympiafinal. Seither sitzen sie wieder zu zweit im Boot, näherten sich in grossen Schritten der Weltspitze.
Egal, wie erfolgreich das Abenteuer in Tokio für die beiden Freunde endet: Ihre gemeinsame Reise geht weiter – in England. Beide absolvieren ab September an der Oxford Universität ein Studienjahr. Röösli hat sich im Masterstudiengang Water Science, Policy & Management eingeschrieben, Delarze belegt den Masterstudiengang in Business Administration. Sie machen sich Hoffnungen auf einen Platz im renommierten Oxford-Achter, der jeweils im April gegen die Universität Cambridge auf der Themse in London in einem fast fünf Kilometer langen Direktduell gegeneinander antritt. Geplant war der gemeinsame Umzug nach Oxford übrigens nicht: Nur weil die Olympischen Spiele verschoben wurden, kann Delarze nach dem abgeschlossenen Studium in Sport und politischen Wissenschaft in Lausanne nach Oxford umziehen.
Zunächst müssen sie sich mit der ungemeinen Hitze in Tokio herumschlagen. «Das ist eine Herausforderung. Doch wir sind gut vorbereitet, haben Eisbad und Kühlwesten dabei», so Röösli, der sich auch nicht vor den schwierigen Verhältnissen auf der speziellen Regattastrecke «Sea Forest Waterway» fürchtet. Die Strecke befindet sich in der Bucht Tokios zwischen zwei künstlich angelegten Inseln. Dadurch kann es zu Seitenwind kommen, zudem handelt es sich um Meerwasser. «Mit solchen Verhältnissen können wir umgehen», sagt Röösli.
Der Optimismus. Nach fünf Jahren Vorbereitung sind Roman Röösli und Barnabé Delarze bereit für grosse Taten – und den Griff nach Edelmetall.
Jeannine Gmelin ist eine weitere grosse Hoffnung auf eine olympische Medaille. Im Skiff zählt Gmelin seit Jahren zu den Besten, hat sich einen Namen gemacht.
Im Hinblick auf die erhoffte Olympiamedaille ist Gmelin neue Wege gegangen. Sie hat sich 2019 entschieden, sich vom Schweizer Verband zu lösen, weil dieser ihren Trainer Robin Dowell entlassen hat. Gmelin machte auf eigene Rechnung mit Dowell weiter. Statt beim Ruderzentrum in Sarnen trainierte sie an verschiedensten Orten – wegen Corona häufiger in der Schweiz als geplant. Das klare Ziel: eine olympische Medaille in Tokio. Davon spricht die 31-Jährige aus Uster immer noch. Sie sagt aber auch: «Ich möchte nach Hause fahren und zufrieden sein können. Ich möchte gezeigt haben, was in mir steckt.»