Die Spektakelliga NBA startet in die neue Saison. Das Team von Clint Capela wird zu den Attraktionen gehören.
Als Clint Capela im Februar von den Houston Rockets zu den Atlanta Hawks transferiert wurde, muss das für ihn ein Schlag gewesen sein. Hier der Titelmitfavorit Houston, da die Hawks – einer der Prügelknaben der Liga, bei dem sich hohe Niederlagen aneinanderreihen. Zu schaffen machte Capela auch der Abschied von James Harden, dem Megastar der Rockets; die beiden hatten sich über die Jahre auch menschlich schätzen gelernt. Harden war für Capela eine Art Mentor, der Genfer hat das immer wieder betont.
Doch ein halbes Jahr nach dem Wegzug Capelas steht auch Harden vor dem Abgang. Der vielleicht begabteste Offensivspieler der Welt hat öffentlich um einen Transfer gebeten, er will sich in Philadelphia oder Brooklyn verwirklichen. Harden sieht dort bessere Titelchancen – er scheint die Einschätzung Capelas zu teilen, der vor wenigen Wochen sagte, Houston sei «am Ende eines Zyklus» angelangt.
Tatsächlich ist das Rockets-Imperium im Zerfall begriffen. Noch im Herbst 2019 sah die Zukunft rosig aus, und mit den Menschen aus der texanischen Metropole hofften auch viele Schweizer auf einen Coup Houstons, denn zum ersten und vermutlich auf Zeit auch letzten Mal waren bei den Rockets in einem Team zwei hiesige Profis vereint: Capela und Thabo Sefolosha. Letzterer ist vertragslos, nachdem er im Sommer aus gesundheitlichen Überlegungen nicht an den in der Blase von Disney World in Orlando ausgetragenen Playoffs teilnahm. Aktuell sieht es so aus, als sei die imposante NBA-Karriere des Schweizer Basketballpioniers im Alter von 36 Jahren still und heimlich zu Ende gegangen.
Nicht nur Sefolosha und Capela sind in Houston Geschichte, sondern auch der smarte General Manager Daryl Morey (zu Philadelphia), der Coach Mike D’Antoni (Assistent in Brooklyn) und die Stars Russell Westbrook (Washington) sowie Robert Covington (Portland) haben das Team verlassen. Es sieht so aus, als wären die fetten Jahre in Houston erst einmal vorbei. In Atlanta aber stehen sie erst noch bevor. Die Hawks haben eines der jüngsten und aufregendsten Kader der Liga, sie zelebrieren Offensivspektakel ohne Rücksicht auf Verluste. Die Hawks waren in diesem Herbst einer der Transfersieger – und ein bisschen ist ja auch Capela, 26, neu. Noch hat er keine Partie für Atlanta bestritten; erst fehlte er wegen einer im Januar erlittenen Achillesehne-Verletzung, dann verpassten die Hawks das Playoff deutlich. Trae Young, der junge Superstar Atlantas, hält grosse Stücke auf Capela, er sagt: «Unser Problem war, dass wir in der Defensive gegen Ende der Spiele nichts ausrichten konnten. Er wird uns in diesem Bereich so viel besser machen.»
Hold on... Clint Capela must’ve bought some VC during the offseason. When did he unlock these moves? 👀🔥 pic.twitter.com/PljsjfmlDg
— Da Kid Gowie (@DaKidGowie) December 13, 2020
Die Hawks bereiteten sich in Los Angeles auf die mit zwei Monaten Verspätung startende Saison vor, in der «Mamba Academy» der verstorbenen Ikone Kobe Bryant. Sie massen sich in Trainingsspielchen mit Superstars, die sich dort fit hielten: James Harden, Kevin Durant. Und schlugen sich dabei sehr wacker. Es ist nach diffizilen Jahren in Atlanta Anlass für Optimismus; die Hoffnung ist, dass die Hawks am Anfang eines geschichtsträchtigen Zyklus stehen.
Die Brookyln Nets waren der Transfersieger des Sommers 2019. Nur hatten sie davon wenig – ihre zwei Prestigezuzüge Kevin Durant und Kyrie Irving bestritten in der abgelaufenen Saison keine einzige Minute, sie fehlten verletzt. Nun sind die beiden All-Stars zurück – und Brooklyn ist unter dem neuen Coach Steve Nash, einem früheren Weltklassespieler, ein heisser Titelanwärter; im Osten dürfte ihnen ausser den Philadelphia 76ers und den Milwaukee Bucks niemand das Wasser reichen können.
Im Westen favorisieren die Buchmacher den Titelverteidiger Los Angeles Lakers mit dem ultra-erfolgreichen, aber auch alternden Star LeBron James. Die Herausforderer sind die Los Angeles Clippers, die Dallas Mavericks mit ihren zwei europäischen Wunderknaben Luka Doncic (Slowenien) und Kristaps Porzingis (Lettland) sowie die Denver Nuggets. Im Gegensatz zum Sommer finden die Partien nicht mehr in einer Blase statt, aber noch immer grösstenteils ohne Zuschauer. Die Qualifikationsphase wurde von 82 auf 72 Spiele reduziert. Das Playoff beginnt am 22. Mai.