Eishockey
Zürcher Derby: Wenn für einmal der Schein trügt

Die Kloten Flyers gewinnen das Zürcher Derby gegen die Lions mit 4:3 nach Penaltyschiessen. Was, wenn es nun zu einem Viertelfinale zwischen den beiden Vereinen kommt?

Klaus Zaugg, Zürich
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Im 199. Zürcher Eishockey-Derby jubeln entgegen den Erwartungen die Kloten Flyers. Keystone

Im 199. Zürcher Eishockey-Derby jubeln entgegen den Erwartungen die Kloten Flyers. Keystone

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Der grosse Dichterfürst Goethe lehrt uns: Die Welt urteilt nach dem Scheine. Die Hockeygötter tun es nicht. Deshalb haben die Kloten Flyers 4:3 nach Penalties gewonnen. Wenn der Weg in die Playoffs der Strecke zwischen dem Hallenstadion und dem Schluefweg entspricht, dann sind die Klotener gestern in die Tiefgarage ihres Heimstadions eingefahren. Sie werden die Playoffs schaffen.

Es schien eine klare Sache. Die ZSC Lions auf Platz 1 mit 88 Punkten. Die Kloten Flyers auf Platz 8 mit 61 Zählern. Die ZSC Lions hatten 154 Tore erzielt. Die Kloten Flyers 139. Die ZSC Lions bloss 109 Treffer kassiert. Die Kloten Flyers 149. Die ZSC Lions konnten locker spielen. Ohne den viel zitierten Druck.

Die Kloten Flyers standen hingegen unter maximalem Druck. Aber eben: der Schein trügt. Am Ende siegt der Aussenseiter. Ja, eigentlich hätten die Klotener den Sieg schon nach 60 Minuten verdient. Der Hockeypuritaner wird sagen: ein schwaches Spiel. Viel zu viele Fehler. Viel zu wenig taktische Disziplin. Viel zu geringe Intensität. Wer gute Unterhaltung mag, ist begeistert nach Hause gegangen.

Klotener Goalierochade

Die Kloten Flyers, die so oft immer noch einen Weg in die Niederlage gefunden haben, schienen auch jetzt den Sieg im Schlussdrittel nach einer 3:1-Führung zu verschenken. Es steht noch 3:2. Torhüter Martin Gerber kommt raus, sein Ersatz Lukas Boltshauser geht rein. Sein erster Einsatz in der NLA für die Kloten Flyers. Kurz darauf kehrt Gerber ins Tor zurück, kassiert das 3:3, fährt wieder raus und kehrt nicht mehr zurück. Trainer Sean Simpson sagt, Gerber sei aufgrund einer «Oberkörperverletzung» definitiv ausgewechselt worden. Wie schlimm die Blessur ist, weiss er noch nicht.

Lukas Boltshauser (22), auf diese Saison verpflichtet und ausersehen, Martin Gerber zu ersetzen, lässt keinen Treffer mehr zu und wird im Penaltyschiessen die Titanen Roman Wick und Auston Matthews stoppen. Für Kloten treffen Denis Hollenstein, Vincent Praplan und Mathis Olimb.

Die Niederlage scheint für die ZSC Lions im Kampf um den Qualifikationssieg bedeutungslos. Weil die Verfolger Servette (gegen Davos) und Zug (in Langnau) verloren haben. Aber der Schein kann auch da trügen. Vielleicht sind es diese zwei Punkte aus dem gestrigen Derby, die Kloten auf den 8. und letzten Playoff-Platz bringen. Bei einer Viertelfinalserie scheinen die ZSC Lions klare Favoriten zu sein. Aber die Hockeygötter urteilen eben nicht nach dem Scheine.

Sensation im Viertelfinal?

So wie das Spiel gestern gelaufen ist, so arrogant wie die favorisierten ZSC Lions aufgetreten sind, so wie die Kloten Flyers diesmal einen Weg
gefunden haben, ein Spiel doch noch zu gewinnen, könnte es durchaus sein, dass es im Viertelfinale zu einer Sensation kommt. Und die Kloten
Flyers auf Kosten ihres Lokalrivalen das Halbfinale erreichen. Vielleicht hat mit dem gestrigen Spiel die Götterdämmerung der ZSC Lions begonnen.