Sie stammen aus dem gleichen Dorf im Appenzellerland, sind zwischen 47 und 50, treffen sich einmal pro Woche und jassen oder spielen Boule. Pius, Qualitätsmanager, Appenzell. David, Lehrer, Speicher AR. Tobias, Consultant, Zürich. Flavio, Sozialarbeiter, Kirchberg SG. François, Journalist, Windisch.
Pius: Habt ihr auch schon Lust auf Skifahren? Wir könnten nach Kitzbühel fahren.
David: Ich dachte, die Weltcup-Saison startet wie immer in Sölden.
Pius: Ich meine nicht passiv, sondern aktiv.
David: Warum Kitzbühel? Das liegt ja nicht mal 1000 Meter über Meer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort schon Schnee liegt.
Pius: Doch, doch. Die haben da einen Pistenschlauch präpariert.
700 Meter lang, 60 Meter breit. Sieht irgendwie unwirklich aus. Ein weisses Band zieht sich über grünbraune Wiesenhänge. Nebenan suchen sie in T-Shirts Pilze, wandern oder kraxeln mit dem Mountainbike den Berg hoch.
Flavio: Auf welcher Höhe ist diese Piste angelegt?
Pius: Der höchste Punkt des Skigebiets liegt auf etwa 2000 Metern.
Flavio: Schau dich doch bei dir im Appenzellerland um. 2000 Meter, da liegt noch kein Schnee. In Zeiten der Klimakrise finde ich das schlicht grotesk. Ich will mir nicht ausmalen, welcher Energieaufwand für dieses bisschen weisse Elend nötig war.
Tobias: Haben wir nicht am vergangenen Wochenende den endgültigen Beweis erhalten, wo die Gesellschaft der Schuh drückt? Grüne Flut, sage ich bloss. Greta, Klimawandel und so weiter. Davon werden sie doch auch in Österreich schon gehört haben.
Pius: Die Kitzbüheler sagen, es handle sich nicht um Kunstschnee, sondern um eingelagerten Schnee vom vergangenen Winter.
François: Dann ist es ja kein Problem. Denn diesen Schnee stopfst du im Winter einfach in irgendeine Scheune und holst ihn im Herbst wieder unversehrt heraus. Mit Verlaub: Ich bin kein Energiefachmann. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man Schnee über den Sommer hinaus klimaneutral konservieren kann.
Tobias: Und ganz bestimmt ist der konservierte Schnee vom Himmel auf den Hang gefallen. David: Genau. Und dafür brauchte es keine schweren Maschinen. Falls doch, haben sie mittlerweile solche mit umweltfreundlichen Partikelfiltern.
Pius: Die Bergbahn-Betreiber argumentieren, dass das Schneeband von etlichen Weltcup-Athleten zu Trainingszwecken genutzt wird. Ausserdem sei das ökologisch sinnvoller, als die weiten Reisen zu den Gletschern. Kommt dazu, dass Kitzbühel mit «Schneesicherheit von Oktober bis Mai» in «unberührter Natur» wirbt. Wer so viel verspricht, muss auch etwas bieten.
Flavio: Die spinnen, die Österreicher.
David: Aber nicht nur sie. Ich frage mich, wann der Sport endlich kapiert, dass auch er eine ökologische Verantwortung hat.
Tobias: Ja, das beginnt schon im Kleinen. Warum steht kein Skifahrer hin und boykottiert beispielsweise das Training in Kitzbühel?
Pius: Weil er dann vielleicht keinen Ausrüster und keinen Verband mehr hat.
David: Oder warum müssen bei einer Fussball-WM die Teams ihre Gruppenspiele in drei verschiedenen Städten spielen. Und das in Russland mit den grossen Distanzen.
Flavio: Oder warum muss die Leichtathletik-WM in Katar stattfinden, wo man das Stadion runterkühlen muss?
François: Ja, und warum muss die Ski-Saison schon Ende Oktober starten?
Tobias: Money talks and Bullshit walks.