Starke Männer haben immer Hunger, oder? Wir haben die Hoffnungsträger der Nordwestschweiz für das Eidgenössische Schwingfest in Zug (24. und 25. August) in ein Restaurant ihrer Wahl zum Essen eingeladen und dabei auch die Frage gestellt, wie wichtig die Ernährung im Schwingen ist. Heute: Der Mümliswiler Remo Stalder im Restaurant Eintracht in Balsthal
Es gibt sie, diese ganz speziellen Momente im Leben eines Sportlers. Dann, wenn sich ein Traum erfüllt. Dann, wenn sich all die Mühen und der enorme Aufwand auszahlen in Form
eines Erfolgserlebnisses. Remo Stalder erlebte diesen Moment am 1. September 2013. Eben hatte er im achten Gang des Eidgenössischen in Burgdorf seinen letzten Kontrahenten, Martin Koch, auf den Rücken gelegt. Damit stand fest, dass der Mümliswiler sich den eidgenössischen Kranz gesichert hat. Ein Meilenstein in der Karriere eines jeden Zwilchhosen-Athleten: «Wenn ich an diesen Moment zurückdenke, bekomme ich jetzt noch Gänsehaut. Die riesige Freude. Der Jubel von 50 000 Zuschauern. Das sind Augenblicke, die man mit nichts vergleichen kann. Die sind zwar kurz, aber so schön und so eindrücklich, dass sie jede Investition in diesen Sport rechtfertigen», erzählt Remo Stalder auch sechs Jahre nach diesem Meilenstein immer noch mit einem Leuchten in den Augen.
Mittlerweile ist er 29 Jahre alt und hat in der Zwischenzeit auch schon die weniger schönen Seiten des Sportlebens kennen gelernt. Zum Beispiel die Niederlagen. So wunderbar das Eidgenössische 2013 lief, so schlecht erging es dem Solothurner Schwinger drei Jahre später am Ufer des Neuenburgersees in Estavayer. Schon nach vier Gängen, am Abend des ersten Wettkampftags, war für ihn Ende Feuer. Die Enttäuschung riesig. «Nach Estavayer habe ich gehadert», erinnert sich Stalder, dessen Karriere fortan eher einer unangenehmen Achterbahnfahrt glich. Vor allem deshalb, weil sich die Verletzungshexe bei ihm einnistete. Die Saison 2017 musste er wegen Knieproblemen abbrechen. 2018 hinkte er der Konkurrenz immer ein wenig hinterher.
Und so schlichen sie sich ein, die Zweifel, ob sich der ganze Aufwand für das Schwingen wirklich noch lohnt. Neben dem Führen des elterlichen Bauernhofs, dem Zusatzjob als Zimmermann und der weiterbildenden Schule, was alles viel Zeit in Anspruch nahm. «Ich habe mich in jener Zeit oft hintersinnt, ob ich das wirklich noch will», gibt Remo Stalder beim kulinarischen Tête-à-Tête im Restaurant Eintracht in Balsthal zu.
Doch die negativen Gedanken zogen in diesem inneren Schwinggang den Kürzeren. Remo Stalder fand, auch dank der Hilfe eines Mentaltrainers, wieder einen positiveren Zugang. Die Lust auf den Sport, den er seit seiner Kindheit ausübt, war zu gross. Er sagte sich: «Schwingen ist meine Leidenschaft. Da kann ich nicht einfach aufhören. Das ist nicht meine Art.»
Sowieso: die Leidenschaft. Wenn man Remo Stalder beim Erzählen zuhört, dann erlebt man einen Mann, der in seinem vollgepackten Leben alles mit grosser Begeisterung zu erledigen scheint und jedem Moment – und sei er noch so stressig – etwas Positives abgewinnen kann. Um fünf Uhr aufstehen, um die Kühe zu melken? «Am Eidgenössischen in Zug muss ich auch um diese Zeit bereit sein. Das ist dann vielleicht mein Vorteil.». Die Verletzungen (Innenband im Knie. Achillessehnen-Reizung), die ihn auch in der aktuellen Saison lange Zeit geplagt haben? «Die Verletzungspause kann auch ein Vorteil sein. Die Batterien sind sicher voll.»
Voll ist auch der Teller in der «Eintracht». Remo Stalder bestellt sich ein Cordon bleu. Auch er muss – wie die meisten seiner Schwingerkollegen – darauf achten, dass die Balance bei der Ernährung stimmt. Nicht nur punkto Menge, sondern auch punkto Ausgewogenheit. Mit einer Körpergrösse von 1,85 Metern und einem Gewicht von gut 115 Kilogramm gehört der Solothurner nicht zu den «Kolossen» der Schwingerzunft. Aber seit Burgdorf 2013 hat er jene drei Sterne hinter seinem Namen, die ihn als schwingerisches «Schwergewicht» kennzeichnen. Stalder ist ein Eidgenosse und wird bei den Einteilungen deshalb nicht geschont. Doch auch hier ist seine Herangehensweise pragmatisch: «Ich rege mich nie auf über die Einteilung. Im Gegenteil: Je härter die Gegner auf meinem Notenblatt sind, umso mehr freue ich mich. Das ist auch mein Anspruch. Ich will mich nicht irgendwie durchschlängeln und den einfachsten Weg gehen.»
Sein Weg als Schwinger wird auch nach dem Eidgenössischen in Zug, wo er natürlich seinen zweiten «grossen» Kranz anvisiert, weitergehen. 2022 findet das wichtigste Fest in der Nordwestschweiz, in Pratteln statt. Das lässt sich Remo Stalder nicht entgehen. Die Aussicht auf weitere Gänsehautmomente ist verlockend.