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Sport (AZ, BT)
Ein Mitschuldiger der FCA-Krise, der zum Rundumschlag ausholt, aber danebenhaut. Der genauere Blick auf die zwei Saisonsiege. Und was die FCA-Krise für die Fans noch bitterer macht: Drei Erkenntnisse nach dem 2:0-Heimsieg gegen den FC Wil.
Unter der Woche liess sich der frühere Trainer und Sportchef des FC Aarau vom "Blick" zu einem Interview überreden. Die Aussagen, die am Freitag erschienen sind, klingen wie eine Generalabrechnung. Eine Auswahl:
Ponte mag mit einigen Aussagen Recht haben. Aber: Nachtreten ist immer schlechter Stil. Vor allem von jemandem, der keinen Deut besser war als sein Nachfolger: Vielleicht hat Ponte in den 14 Monaten seit seiner Entlassung vergessen, was für einen riesigen Scherbenhaufen er im August 2017 hinterlassen hat:
Erst hat er sich trotz Kleinkrieg mit Marco Schällibaum dazu überreden lassen, mit diesem weiterzuarbeiten. Warum? Aus Angst um seinen Job. Dann hat er mit Marinko Jurendic einen überforderten Trainer installiert. Er hat es trotz monatelanger Suche nicht geschafft, einen anständigen Spielmacher zu verpflichten. Er hat geglaubt, der zuvor ein Jahr lang vereinslose Michael Siegfried werde der neue Chef im Mittelfeld. Der von Ponte als Transfercoup angekündigte Leo Itaperuna war ein Flop. Und unter Ponte ist der FCA zum Auffangbecken für Altstars und Durchschnittskicker geworden, die im Brügglifeld für viel Lohn wenig leisten müssen.
Und, und, und...die Liste von Pontes Unvermögen liesse sich ganz einfach verlängern. Ponte hat den in zwei Jahren als FCA-Sportchef keinen einzigen Spieler mit Gewinn verkauft. Das Kader hatte bei Pontes Abgang einen Marktwert von gegen Null. Und das letzte Spiel, bevor den Verantwortlichen der Kragen platzte und Ponte gehen musste, war die Cup-Blamage gegen das unterklassige Echallens. In der Liga stand der FCA damals ausserdem noch ohne Sieg da.
Also Herr Ponte: Sie haben einen grossen, einen sehr grossen Anteil am Untergang des FC Aarau. Ach ja: Der FC Aarau hat am Tag Ihrer Abrechnung 2:0 gegen Tabellenführer Wil gewonnen. Torschütze zum spielentscheidenden 1:0: Der 36-jährige Stefan Maierhofer. Der Österreicher hat auf der richtigen Seite getroffen. Ihr Interview hingegen, Herr Ponte, war ein astreines Eigentor.
Man soll die Feste feiern, wie sie fallen! Standing-Ovations, La-Ola-Welle, "Sweet Caroline"! Radio "Argovia" berichtete nach dem 2:0 gegen Wil von einer Stimmung im Brügglifeld wie früher bei Aufstiegen oder Meistertiteln.
Doch werfen wir nochmals einen Blick in die Drehbücher der zwei FCA-Siege in dieser Saison: Als am 25. September der Schiedsrichter abpfiff und der 3:1-Sieg des FC Aarau feststand, standen noch acht von ehemals elf Schaffhausern auf dem Platz. Der FCA erzielte alle drei Tore in Überzahl. Die letzten 25 Minuten hatte das Team von Patrick Rahmen drei Spieler mehr auf dem Platz, doch erst in der 87. Minute fiel das erlösende 3:1 gegen wackere Schaffhauser.
Auch gegen Wil lief alles für den FC Aarau: In der 34. Minute verweigerte der Schiedsrichter den Gästen ein reguläres Tor: Erstens kam die Vorlage für Silvios Treffer vom Aarauer Jäckle und nicht einem Wiler, zweitens stand der Stürmer nicht im Abseits. Wer weiss, wie die Aarauer auf einen Rückstand reagiert hätten...
Das spezielle Zustandekommen der Siege sollten die Verantwortlichen bei ihrer Analyse nicht vergessen. Aber Fakt ist auch: In beiden Partien hat der FCA dank Leidenschaft und Solidarität das grosse Glück erzwungen.
Nach der ersten Halbzeit zwischen Aarau und Wil rieb man sich verwundert die Augen und fragte: Das reicht für die Tabellenführung in der Challenge League? Die Ostschweizer boten Fussball-Magerkost. Sie überliessen dem FCA das Zepter und besannen sich nur darauf, kompakt den eigenen Strafraum zu verteidigen. Individualisten, die aus dem Nichts ein Spiel entscheiden können, suchte man in den Reihen der Wiler vergeblich.
Die Erkenntnis passt zum Tabellenbild! Obwohl der FC Aarau den mit Abstand schlechtesten Saisonstart der Geschichte hinlegte und nur zwei Siege und insgesamt sieben Punkte auf dem Konto hat, beträgt nach zwölf Spieltagen der Abstand zur Tabellenspitze "nur" 14 Punkte. Schon lange nicht mehr war die Challenge League so ausgeglichen. Den ersten Tabellenplatz teilen sich mit Servette, Wil, Winterthur und Lausanne gleich vier Teams mit mickrigen 21 Punkten! Wegen diesen Zahlen dürfte es für die FCA-Fans besonders bitter sein, dass sich ihr Team ausgerechnet in dieser ausgeglichenen Saison so schwer tut.
Trotzdem: Rechenspiele sollten die FCA-Profis bleiben lassen. Bis zur Winterpause geht es einzig und alleine darum, vom Tabellenende wegzukommen und den Anschluss ans Mittelfeld zu schaffen. In einer Woche in Chiasso muss der nächste Sieg her, sonst ist der Triumph gegen Wil nichts mehr wert.