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27 Jahre bis zur Diagnose

Vor zehn Jahren erhielt Jasmin Polsini die Diagnose Ehlers-Danlos-Syndrom. Trotz der diversen Beschwerden, welche die komplexe Bindegewebskrankheit hervorruft, hat die Illustratorin, Künstlerin und Patientenrechtlerin ihren Lebensmut nie ver­loren.

Markus Kocher
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Aufgrund ihrer komplexen Bindegewebskrankheit ist selbst das Sitzen im Rollstuhl für Jasmin Polsini körperliche Schwerstarbeit.

Aufgrund ihrer komplexen Bindegewebskrankheit ist selbst das Sitzen im Rollstuhl für Jasmin Polsini körperliche Schwerstarbeit.

Auf dem Elektrobett von Jasmin Polsini stapeln sich fünfzehn Kissen in verschiedensten Grössen und Formen. «Die Kissen dienen zur Unterstützung der Gelenke, damit ich während der Nacht eine einigermassen erträgliche Position finde und zumindest zwei, drei Stunden schlafen kann», sagt die 37-Jährige. Ausrenkungen seien trotzdem jeden Morgen vorhanden und der Tag beginne damit herauszufinden, was mobilisiert werden könne. Wenn es sich bei diesen Sublu­xationen «nur» um Finger oder Zehen handle, lasse sich dies unter grossen Schmerzen und dank der Hilfe ihres Partners zu Hause wieder einrenken, so Polsini. Doch leider komme es auch regelmässig vor, dass sie sich eine Schulter oder eine Hüfte verrenke. Und dann brauche es in den allermeisten Fällen den Beizug eines Spezialisten.

Sitzen wird zur körperlichen Herausforderung

Nach dem Duschen und der morgendlichen Medikamentenration cremt ihr Partner, mit dem sie seit ihrem 20. Lebensjahr zusammen ist, ihre Gelenke ein und mobilisiert sie so gut wie möglich. Polsini: «Anschliessend ziehe ich meine Kleidung sowie die orthopädischen Schienen und Bandagen an, trinke einen Kaffee, erledige für unser Kunstatelier – wenn es der Behandlungs- und der Therapieplan zulässt – kleinere Büroarbeiten und male oder entwerfe Illustrationen für unsere selbst entworfene Bierdeckel-Kollektion.» Bei mehreren Sprechstunden pro Woche, Therapien, fixen Untersuchungen oder Notfallinterventionen sei jedoch längst nicht jeden Tag an Arbeit zu denken. Da sie zu Hause einen geschützten 20%-Arbeitsplatz habe, könne sie ihre Arbeitszeit zum Glück frei einteilen, erzählt Polsini, denn auch das Sitzen sei für sie eine körperliche Höchstleistung. «Da ich aufgrund meiner Erkrankung praktisch keine natürliche Körperspannung habe, muss meine Muskulatur pausenlos Schwerstarbeit leisten.»

Wie funktioniert ein Leben mit Schmerzen?

Bereits im Säuglingsalter machte sich ­bemerkbar, dass bei Jasmin Polsini etwas nicht in Ordnung war. «Aus Erzählungen meiner Mutter weiss ich, dass ich schon als Baby immer wieder plötzlich zu weinen begonnen habe», erzählt sie. Bewusst habe sie die Schmerzen allerdings erst im Alter von vier Jahren wahrgenommen. «Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich praktisch täglich meine Kniescheibe einrenken musste.» Es folgten Untersuchungen beim Kinderarzt sowie eine Abklärung auf Kinderrheuma. «Da man keine medizinische Erklärung für meine gesundheitlichen Probleme fand, stellte man – trotz zunehmenden Beschwerden – kurzerhand die Diagnose ‹Wachstumsstörungen›».

Zu den vielfältigen Schmerzen, der extremen Überbeweglichkeit und den Gelenkluxationen gesellten sich in den folgenden Jahren brennende Schmerzen und Sensibilitätsstörungen in den Extremitäten (Small-Fiber-Neuropathie), eine Tieftonschwerhörigkeit, Schwindel, Sehstörungen, Übelkeit und vieles mehr. An den ersten grossen Bandscheibenvorfall im Alter von 17 Jahren erinnere sie sich besonders gut, erzählt Polsini: «Als ich eines Morgens nach einer weiteren Horrornacht aufwachte, lag mein Kopf praktisch direkt auf meiner rechten Schulter und ich konnte mich nicht mehr bewegen. Meine Eltern trugen mich ins Auto und fuhren direkt ins Spital Wetzikon.» Diagnose: Torticollis (Schiefhals).

EDS-Netz Schweiz hilft Betroffenen

Obwohl sich der Zustand der jungen Frau in den folgenden Jahren weiter verschlechterte und sie von einem Arzt zum nächsten weitergeschoben wurde («traumatische Erlebnisse, die Spuren hinterlassen haben»), sollte es noch einmal gut zehn Jahre dauern, bis das Rätsel um ihr Leiden gelöst werden sollte. Polsini: «Mitte 20 habe ich begonnen, ein Krankentagebuch zu schreiben und meine eigenen Recherchen zu forcieren.» Gemeinsam mit ihrem neuen Rheumatologen sei sie dann auf das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) gestossen. Gesichert wurde der Verdacht rund eineinhalb Jahre später durch die Genetik.

Um über die seltene Krankheit aufzuklären und Betroffenen zu helfen, hat Polsini mit zwei weiteren Betroffenen vor elf Jahren den Verein Ehlers-Danlos-Netz Schweiz gegründet. Dort erzählt sie unter anderem über ihre Krankheit, erlittene Diskriminierungen, die neusten Erkenntnisse zum EDS sowie den beschwerlichen Weg durch die Institutionen unseres Gesundheitswesens. «Das ist eine Arbeit, die mir sehr viel bedeutet und die immer noch dringend nötig ist», sagt sie. «Solange ich kann, werde ich mich dafür einsetzen.»

Ehlers-Danlos-Syndrom

Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) fasst eine Gruppe genetisch angeborener Bindegewebserkrankungen zusammen. Die generalisierte Gelenküberbeweglichkeit führt bei den meisten Betroffenen zu erheblichen muskuloskelettalen Problemen mit teils invalidisierendem Ausmass. Betroffene leiden nebst akuten und chronischen Schmerzen an Fatigue und verschiedensten vegetativen Störungen. Haut, Blutgefässe, Nerven und innere Organe können ebenfalls betroffen sein. In der Schweiz leiden rund 1600 Menschen am EDS.

ehlers-danlosnetzschweiz.blogspot.ch proraris.ch