Oberaargau
Armee jagt mit 18 Kilo Sprengstoff eine alte Mühle in die Luft

Die Schweizer Armee hat in Dettenbühl bei Wiedlisbach bei einer Übung ein dreistöckiges Gebäude gesprengt. Auch für die Armee ist das Ereignis nicht alltäglich. Es ist schwer, passende Gebäude zu finden, weil der Abriss meist schnell durchgeführt werden muss.

Lara Enggist
Drucken

10.50 Uhr, die Spannung steigt. War die Stimmung auf der Wiese oberhalb des Alters- und Pflegezentrums «Dahlia Oberaargau» in Dettenbühl bei Wiedlisbach vor wenigen Minuten noch ausgelassen, ist es jetzt mäuschenstill. Alle Augen sind auf die «Alte Mühle» gerichtet, welche jeden Moment in die Luft gesprengt wird.

Fünf lange Warntöne zerschneiden die Stille. Noch passiert nichts. Die Warnsignale erklingen aus dem Stall neben dem Gebäude. Die wenigen Soldaten, welche die Sprengung elektronisch per Knopfdruck auslösen werden, haben sich dort in Sicherheit gebracht. Dann noch einmal drei Warntöne. Die Spannung ist greifbar. Dann der laute Knall. Wie bei einem Kartenhaus brechen die Wände auseinander. Das Haus versinkt innert Sekunden in einer sich aufbäumenden Staubwolke. Zurück bleiben Trümmer aus Holz, Bachsteinen und Beton und der Geruch nach Sprengstoff.

 Impressionen der Sprengung der alte Mühle in Wiedlisbach durch die Schweizer Armee
37 Bilder

Impressionen der Sprengung der alte Mühle in Wiedlisbach durch die Schweizer Armee

michelluethi.ch

Gut geplant ist halb gesprengt

Was sich am Donnerstag abspielte und nach wenigen Augenblicken bereits wieder vorbei war, wurde unter der Leitung des Ausbildungszentrums der Rettungstruppen der Schweizer Armee während mehrerer Wochen geplant und vorbereitet. 18 Kilo Sprengstoff verbauten die Teilnehmer des Kurses «Sprengtechnik Rettung» in dem dreistöckigen Gebäude der Immobilien-Genossenschaft Oberaargau.

Ein selbst für Armeeangehörige nicht ganz alltägliches Ereignis. Nicht zuletzt, weil es schwierig sei, Übungsobjekte zu finden. «Der Abriss eines Gebäudes muss meist schnell gehen. Aber eine Sprengung braucht Vorbereitungszeit», sagte der Chef des Ausbildungszentrums, Urs Löffel. Unter den rund 50 Armeeangehörigen befanden sich je zwei Soldaten der Bundeswehr, der belgischen und der französischen Armee.

Bei einem ersten Kontrollgang nach der Sprengung wurde schnell klar: Es hatte alles funktioniert wie geplant. Die Erleichterung bei den leitenden Personen war gross. «Wir hatten etwas Angst, dass das Haus falsch oder gar nicht fällt. Aber es funktionierte alles perfekt», sagte Urs Löffel fast schon euphorisch. Ein Splitterschutz aus Holz, Vlies und 2500 Kilogramm Stroh dämpfte die Druckwelle und sorgte dafür, dass bei der Sprengung um das Gebäude herum nichts in die Brüche ging.

Das Sprengen will geübt sein

Der Kurs findet jährlich während zweier Wochen statt. Er hat zum Ziel, dass die Offiziere ihre Kommandanten bei Einsätzen nach Katastrophen und Krisen beraten können. Die Offiziere lernen, eine Sprengung zu planen und durchzuführen sowie die benötigten Sprengladungen zu berechnen.

Der Abbruch der «Alten Mühle» war nötig, weil auf dem Areal ein Dorf für Menschen mit Demenz entstehen soll. Für die Realisierung des Dorfes werden neben dem gesprengten Gebäude die landwirtschaftlichen Bauten sowie der überirdische Teil des Alters- und Pflegezentrums zurückgebaut.