Acker umgraben
Wie «Schiffliversenkis»: Kantonsarchäologie sondiert den Boden auf gut Glück

Im Auftrag des Bundesamts für Strassen sucht die Solothurner Kantonsarchäologie entlang der Autobahn nach historischen Fundstücken.

Yann Schlegel
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Mysteriöses Bild von oben: die Grabungen auf dem Acker nahe Kestenholz.

Mysteriöses Bild von oben: die Grabungen auf dem Acker nahe Kestenholz.

Bruno Kissling

Von hoch oben mahnen die gleichmässig verteilten Löcher auf dem Kestenholzer Feld fast ein wenig an Strukturen eines Kornkreises. Während der letzten Wochen grub ein Bagger entlang der A1 im Gäu auf dem Dünnerenacker mysteriöse Löcher, die er bis Anfang nächster Woche wieder versiegt. Die Nachfrage bei der Gemeinde, was es mit diesen Grabungen auf sich hat, führt zur Kantonsarchäologie. «Wir führen keine eigentlichen Ausgrabungen, sondern Sondierungen durch», sagt Fabio Tortoli von der Kantonsarchäologie Solothurn. Die Arbeiten geschehen rund um die Abklärungen für den geplanten 6-Spur-Ausbau zwischen Luterbach und Härkingen. Mitte 2023 sollen die Vorarbeiten für das Autobahn-Grossprojekt anlaufen, ehe der eigentliche Baustart Anfang 2024 erfolgt.

So spektakulär die Grabungen von weit oben aussehen mögen: Die Kantonsarchäologie hatte im Vorfeld keine grossen Erwartungen, was die Sondierungen dann auch bestätigten, wie Tortoli sagt. «Immerhin haben wir einige Tonscherben aus der Bronzezeit gefunden.» Dabei handelte es sich wohl um zerstreute Funde. Da sich der Acker im ehemaligen Schwemmgebiet der Dünnern befindet, hatte die Kantonsarchäologie auch keine Sensationsfunde erwartet.

440'000 Franken Kosten für Gesamtprojektperimeter

Noch bis zur Dünnernkorrektur in den 1930er- und 40er-Jahren mäandrierte die Dünnern als wilder Flusslauf durch das ganze Gäu. Durch die Erosion dürfte der Flusslauf allfällige archäologische Strukturen im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende weggeschwemmt oder umgelagert haben. Entsprechend sind in der Schwemmebene der Dünnern kaum Siedlungsreste bekannt. Dennoch sagt Tortoli: «Für uns war es eine gute Gelegenheit, in den Boden zu schauen. Auch wenn Grabungen dieser Art ein wenig wie ‹Schiffliversenkis› sind.» Trotz gezielt strukturierter Sondierungen bleibe der Zufallsfaktor gross.

Nur der projektierte 6-Spur-Ausbau erlaubt es der Kantonsarchäologie, die üblicherweise sehr haushälterisch mit ihren Mitteln umgehen muss, den Boden im Gäu überhaupt zu untersuchen. Denn sie tut dies im Auftrag des Bundesamts für Strassen (ASTRA), das im Vorfeld der Bauarbeiten sämtliche Installationsplätze untersuchen lässt. Wie das Astra auf Anfrage schreibt, sind auf dem Abschnitt zwischen Luterbach und Härkingen auf insgesamt 21 Flächen rund 280 Baggerschlitze vorgesehen. «Eine der beanspruchten Flächen tangiert eine ausgewiesene archäologische Schutzzone», schreibt das Astra.

Der Installationsplatz Luterbachstrasse liege am Rande einer geschützten Fundstelle Deitingen/Leimgruben, wo bei früheren Untersuchungen Reste eines römischen Gutshofes zum Vorschein kamen. Die restlichen Flächen blieben bisher noch unberührt, weshalb nun nach archäologischen Spuren gesucht wird. Für den Gesamtprojektperimeter schätzt das Astra die Kosten der Sondiergrabungen auf 440'000 Franken. «Die Kosten sind stark abhängig davon, ob etwas gefunden wird oder nicht», so das Astra. In Kestenholz dürften die ursprünglich veranschlagten Kosten von 50'000 bis 60'000 Franken aufgrund der wenigen Funde deutlich geringer ausfallen.