Das Sozialwerk an der Waisenhausstrasse wird künftig durch eine neu gegründete Stiftung geführt. Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen
Seit Jahresbeginn wird das Theresiahaus an der Waisenhaushausstrasse nicht mehr vom Seraphischen Liebeswerk SLS geführt, sondern durch eine von ihm errichtete Stiftung. Käthy Arnold, designierte SLS-Oberin, führt den Entscheid auf das Generalkapitel vor fünf Jahren zurück. «Das SLS ist ständig in Bewegung und stellt sich den Veränderungen. Damals ging es darum, unsere Aufgaben und Kapazitäten in Einklang zu bringen.»
Oder anders ausgedrückt: Was soll aufgegeben, was weitergeführt werden? «Das Theresiahaus war eines unserer Sozialwerke, das weitergeführt werden sollte», so Arnold. «Aber nicht mehr in der Verantwortlichkeit des Seraphischen Liebeswerks.» Die Frage nach der richtigen Rechtsform wurde letztes Jahr beantwortet: Eine Stiftung musste es sein. «Damit Anpassungen gemacht werden können.»
1919 wurde das Seraphische Liebeswerk Solothurn SLS durch Dr. med Franz Spieler, seine spätere Frau Hilda Spieler-Meyer und Kapuzinerpater Florian Walker als Verein mit sozial-karitativer Zielsetzung gegründet. Die Schwesterngemeinschaft umfasst derzeit 43 Personen.
Seit 1980 besteht auch eine SLS-Gemeinschaft mit 50 Mitgliedern auf den Philippinen. Aktuell werden von Solothurn aus die Sozialwerke Tagesheim Ziegelmatte, Haus Linde und die Beratungsstelle Scala, alle in Solothurn, geführt. Bereits seit 1927 führt das Seraphische Liebeswerk auch das Theresiahaus an der Waisenhausstrasse 28. Dieses wurde nun ab dem 1. Januar 2017 in die Stiftung Theresiahaus Solothurn/Rüttenen überführt, deren Errichtung im Oktober 2016 durch das SLS erfolgt war.
Nach verschiedenen Ausrichtungen wie Ausbildungen für den bäuerlichen Haushalt oder als Internatsschule zur Förderung junger Frauen mit einer geistigen, körperlichen oder sozialen Beeinträchtigung wurde das Theresiahaus 1966 durch die Eidgenössische Invalidenversicherung als Haushaltungsschule für junge Frauen mit den erwähnten Beeinträchtigungen anerkannt. In der Folge wurde bis heute das Institutions-Angebot ständig weiter differenziert. Im Vordergrund steht die Vermittlung geeigneter Arbeitsstellen nach der Ausbildung. (ww)
Präsidiert wird die Stiftung durch den 73-jährigen Arzt Daniel Preisig. «Der Stiftungszweck muss so offen formuliert sein, dass auch grössere Anpassungen jederzeit möglich sind.» Das SLS ist auch nicht mehr in der Stiftung vertreten, damit diese über die völlige Entscheidungsfreiheit verfügt.
So ist das Hauptgebäude mit dem ganzen Umschwung und Garagen vom Seraphischen Liebeswerk in den Besitz der Stiftung Theresiahaus übergegangen. Diese erhielt vom SLS laut Preisig zusätzlich noch «ein schönes Sackgeld». Den Betrag wollen beide Parteien nicht nennen, doch dienen die Mittel vor allem dem grösseren Unterhalt der Gebäude, sind also nicht als Betriebsbeitrag gedacht.
Der Betrieb der Ausbildungsstätte für Menschen mit Beeinträchtigungen «muss selbsttragend sein», bemerkt Claudia Plaz, operative Leiterin des Theresiahauses. Die Finanzierung erfolgt vor allem durch Gelder der öffentlichen Hand. Ergänzungsleistungen, die IV, das Amt für Soziale Sicherheit und das Volksschulamt leisten ihren Beitrag an die 22 Ausbildungsplätze. Damit diese belegt sind und so das Budget ausgeglichener gestaltet werden kann, brauche es ständige Öffentlichkeitsarbeit.
«Eine Defizitgarantie gibt es jedoch nicht», erklärt Samuel Hofer, Vizepräsident und Finanzchef der Stiftung, die neben ihm und Preisig aus weiteren fünf Mitgliedern besteht: Catherine Müller, Annemarie Waser, Lea Wormser, Guido Keune und Markus Arm.
Konkret kann Claudia Plaz mit einigen Veränderungen im Theresiahaus aufwarten. «Ab dem neuen Schuljahr nehmen wir auch junge Männer auf. Wir haben bereits zwei Anmeldungen.» Die Interessierten für das einjährige Berufsvorbereitungsjahr und die zwei ordentlichen Ausbildungsjahre rekrutierten sich aus der ganzen Deutschschweiz. Zudem würden die Ausbildungsgänge spezialisiert, zählt Plaz Ausbildungen wie zum Praktiker Hotellerie, Küche oder Wäscherei auf.
Auch erbringt die Institution externe Dienstleistungen für Privatkundschaft in den Bereichen Wäsche, Reinigung und Catering. Das Theresiahaus führt weiter drei Wohngruppen, zwei davon im Haus, und eine Aussenwohngruppe mit abnehmendem Betreuungsaufwand. Die Institution bietet aber auch Anschlussangebote für ehemalige Lernende an; so vier Plätze betreutes Wohnen im Chalet des Hauses sowie begleitetes Wohnen in Mietwohnungen an der Aare. Dazu meint Claudia Plaz: «Wir wollen uns weiterhin einsetzen für Menschen, die anderswo keinen Platz finden. Dazu bekennt sich das Theresiahaus.»
«Hier wird einiges unternommen, da ist viel Herzblut dabei», erklärt Daniel Preisig seine Motivation, die neue Stiftung zu führen. Claudia Plaz verweist auf viele Aktivitäten, die das Haus durchführt und plant. Zweimal im Monat gibts am Freitag einen Mittagstisch, im November einen Brunch, im August sind wieder zwei Open-Air-Kinos mit Dreigänger der Schülerinnen geplant, und neu wird ab sofort bis im März jeden Dienstag in der «Beletage» von Marianne und Urs Jeger an der Hauptgasse 36 ein «Suppen-Dienstag» durchgeführt. «Das sind wertvolle Anlässe für die Lernenden», findet Käthy Arnold, «sie können dabei ihre Hemmungen überwinden.»