Premiere
Im Solothurner Stadttheater erwacht Mozart zum Leben

Ein junges Sängerensemble erweckt im Stadttheater Solothurn «Mitridate, Re di Ponto», die Oper des erst 14 Jahre alten Mozart, zum Leben.

Silvia Rietz
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Eine Nachbildung des Ateliers von Arnold Böcklin liefert die Kulisse für die Oper «Mitridate, Re di Ponto».

Eine Nachbildung des Ateliers von Arnold Böcklin liefert die Kulisse für die Oper «Mitridate, Re di Ponto».

Sabine Burger

Ein König und seine beiden Söhne lieben dieselbe Frau. Der Herrscher stellt sich tot und will die Loyalität der Männer prüfen. Francesco Bellotto setzt in der Inszenierung von «Mitridate, Re di Ponto» auf Spannung und Aktion, verzichtet auf genretypische Statuarik. Damit trifft er den Nerv des packenden Vater-Sohn-Dramas und Bruderzwists, welche sich aus der überlieferten Seria-Tradition herauskristallisieren.

Basierend auf einem Werk von Jean-Baptiste Racine schuf Vittorio Amadeo Cigna-Santi das Libretto einer typischen Opera seria. Mozart vertonte dieses als Zugeständnis an das Auftragstheater in diesem Stil, dessen Form mit Da-Capo-Arien, Secco- sowie einigen Accompagnato-Rezitativen und nur wenigen «Ensembles» klar festgelegt war.

Familientragödie im Zentrum

Keine leichte Aufgabe für einen Regisseur, mit dieser festgefügten Form umzugehen. Gemeinsam mit Bühnenbildner Diego Mendez-Casariego und Kostümdesigner Louis Désiré ist Francesco Bellotto mit dem Nachbilden des Ateliers des Schweizer Malers Arnold Böcklin eine überraschende Lösung gelungen.

Die auf verschiedenen Spielebenen – das Maleratelier, das Ringen um das Fertigstellen des Bildes «Die Toteninsel» und dem Begegnen der mythologischen Protagonisten, den eigentliche Opernakteuren – angesiedelte Geschichte stellt weniger den Krieg als vielmehr die Familientragödie ins Zentrum, schafft einen durchwegs düsteren Handlungs-(Bilder)-Rahmen. Glanzlichter setzen die jungen Stimmen, die unter der Leitung von Predrag Gosta förmlich aufblühen. Antonio Figueroa verleiht der Figur des Königs Mitridate mit schlankem Tenor sowohl dramatische Durchschlagskraft als auch lyrische Empfindsamkeit.

In der Rachearie gefällt er mit präzisen Koloraturen. Seine beiden Söhne werden von Marion Grange und Candida Guida verkörpert. Unterschiedliche Sängerpersönlichkeiten, die sich gut ergänzen und mit Koloratursicherheit, aber auch der Fähigkeit, Emotionen zu vermitteln, überzeugen. Stärken, mit denen vor allem Marion Grange aus dem ganzen Ensemble hervorsticht. Ihre Arie, in welcher Sifare Abschied von Aspasia nimmt, wird so zu einem Höhepunkt und auch das Duett mit Radoslava Vorgić am Ende des zweiten Aktes begeistert ungemein. Die warme, leuchtende Stimme von Radoslava Vorgić zeichnet den Charakter Aspasias ebenso konkret wie Shiki Inoues höhensicherer Sopran jenen Ismenes. Das gekonnte Phrasieren beider Sängerinnen macht staunen. Die vortreffliche Buga Marija Šimić und der souveräne Konstantin Nazlamov begeistern als Arbate und Marzio.

Als Glücksfall für die Produktion erweist sich Predrag Gosta. Der serbisch-US-amerikanische Dirigent gilt als Spezialist für Alte Musik und erarbeitete die schwierigen, barock angelegten Partien mit seinen Sängerinnen äusserst detailliert, folgte ihnen mit dem spritzigen Sinfonie Orchester Biel Solothurn bis in die kleinste Phrasierung. Fazit: Mozarts Jugendwerk und frühe Seria wurde vom Tobs-Ensemble sehens- und hörenswert aufbereitet.

Nächste Vorstellung: Premiere im Stadttheater Biel am Freitag, 20. April, 19.30 Uhr.