Umweltschutz
Zu viel Geschirr – so will Olten Abfallberge bekämpfen

An Grossanlässen in Olten soll künftig nur noch Mehrweg-Geschirr zum Einsatz kommen. Eine entsprechende Motion rennt beim Stadtrat offene Türen ein.

Raphael Karpf
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Viele Veranstaltungen wie etwa die Fasnacht müssen allenfalls Mehrweg-Geschirr verwenden.

Viele Veranstaltungen wie etwa die Fasnacht müssen allenfalls Mehrweg-Geschirr verwenden.

Bruno Kissling

An zahlreichen Grossanlässen in der ganzen Schweiz, bei Konzerten oder Festivals etwa, kommt es bereits zum Einsatz: Mehrweg-Geschirr. Das Bier zum Beispiel gibt es dann aus Bechern, für die man ein paar Franken Pfand bezahlt. Die Abfallmenge kann mit dieser Massnahme stark verringert werden. Dies wird nun auch in Olten zum Thema. An öffentlichen Grossanlässen wie dem Street Food Festival oder der Chilbi soll zukünftig Mehrweg-Geschirr eingesetzt werden müssen.

Doch nicht nur Veranstalter von Anlässen, auch Trägerschaften, die via Leistungsvereinbarung mit der Stadt verbunden sind, etwa das Stadttheater oder die Sportpark AG, sollen in die Pflicht genommen werden. Das fordert der Gemeindeparlamentarier Michael Neuenschwander (Grüne) in einer Motion. «Es ist höchste Zeit, dass sich Olten auf den Weg begibt, unnötigen Abfall zu vermeiden», findet er.

Unterstützung durch Stadtrat

Der Oltner Stadtrat sieht das genauso. «Durch die Umsetzung eines Mehrwegsystems für Geschirr und Becher könnte in der Stadt Olten ein grosser Teil Abfall verhindert werden», schreibt er in seiner Antwort. Das käme der Gesellschaft wie auch der Umwelt zugute. Er empfiehlt dem Parlament deshalb, die Motion für erheblich zu erklären. Sollte dies geschehen, wäre der nächste Schritt, das Abfallreglement entsprechend anzupassen. Geklärt werden müsste dann die Frage, ab welcher Grössenordnung ein Anlass von dieser neuen Regelung betroffen sein soll. Denn gerade bei kleineren Veranstaltungen sei Mehrweg-Geschirr nicht der geeignetste Weg, Abfallmengen zu verhindern, gibt der Stadtrat zu bedenken.

Ob der Anlass auf öffentlichem oder privatem Grund stattfindet, ist laut Motionstext übrigens unerheblich. Einziges Kriterium ist, dass der Anlass bewilligungspflichtig ist. Damit wären sämtliche öffentliche Veranstaltungen betroffen, die nicht in einem bewilligten Gastwirtschaftsbetrieb stattfinden und an denen Getränke oder Speisen verkauft werden.

Umdenken findet statt

Nicht nur im Rahmen der Motion, auch sonst wird das Thema Abfallreduktion munter diskutiert. Die Stadt will beispielsweise noch dieses Jahr bei eigenen Anlässen eine Zusammenarbeit mit einer Firma für Mehrweg-Artikel prüfen. Und auch die Sportpark Olten AG will aktiv werden: Man gehe davon aus, dass ab der neuen Eishockey-Saison Mehrweg-Geschirr eingesetzt werden wird, sagt Verwaltungsratspräsident Heinz Eng gegenüber dieser Zeitung.

Es scheint also grundsätzlich ein Umdenken stattzufinden. Auch auf politischer Ebene. Das findet zumindest Motionär Neuenschwander: «Ich bin mit meiner Forderung offene Türen eingerannt.» Noch vor ein paar Jahren hätte dieses Anliegen wohl keine Chance gehabt, glaubt er. Doch seit der neuen Legislatur räumt Neuenschwander Themen aus dem linken Spektrum insgesamt bessere Chancen ein.

Deshalb sei es vielleicht auch gar nicht schlecht, dass er die Motion erst jetzt eingereicht habe: «Lieber jetzt ein Vorstoss, der eine Chance hat, als vor drei Jahren einer, der vielleicht abgeschmettert worden wäre.» Doch für ihn ist auch klar: «Das muss jetzt gemacht werden.» Es bestehe Handlungsbedarf, gerade wenn er sich die Abfallberge des Street Food Festivals vor Augen führe. Und mittlerweile gebe es genügend Erfahrungen aus anderen Städten, auf die Olten bei der Umsetzung zurückgreifen könne.

Das tun andere Städte

Stichwort andere Städte: Das Thema Abfallreduktion ist vielerorts auf der politischen Agenda. Bei der Umsetzung gibt es aber noch grosse Unterschiede. Die grösseren Städte sind grundsätzlich schon deutlich weiter. So sieht es in einigen ausgewählten Städten konkret aus:

  • In Aarau läuft momentan derselbe Prozess wie in Olten: Verschiedene Gruppierungen aus dem linken bis mittleren Spektrum haben Ende letzten Jahres eine Motion eingereicht, die eine Mehrweg-Geschirr-Pflicht an grösseren Anlässen verlangt. Am Eidgenössischen Turnfest, welches dieses Jahr in Aarau stattfindet, wird zudem ein Mehrweg-System zum Einsatz kommen.
  • In Solothurn gibt es keine gesetzliche Grundlage für eine Mehrweg-Geschirr-Pflicht. Einzige Auflage für Veranstalter von Anlässen: Sie müssen das standardmässig verlangte Abfallkonzept vorlegen. Darin spielt die Vermeidung von Abfall eine wichtige Rolle.
  • In Zofingen gibt es noch keine konkreten Vorschriften, der Stadtrat macht sich aber Gedanken dazu. Am diesjährigen Kinderfest sollen Mehrweg-Becher eingesetzt werden. Diese Erfahrungen werden als Diskussionsgrundlage für das weitere Vorgehen dienen.
  • Eine der Städte, die auf eine Mehrweg-Pflicht setzt, ist Bern. Bereits 2007 wurde sie eingeführt, an der Fussball-Europameisterschaft 2008 erstmals an einer Grossveranstaltung umgesetzt. Mittlerweile gilt: An sämtlichen bewilligungspflichtigen Veranstaltungen, egal ob auf öffentlichem oder privatem Grund, muss Mehrweg-Geschirr eingesetzt werden.
  • Auch in Basel ist der Einsatz von Mehrweg-Geschirr an Veranstaltungen auf öffentlichem Grund Pflicht. Dies seit 2014. Auf privatem Grund gilt diese Pflicht aber nur bei Anlässen ab 500 Personen. Die Basler Herbstmesse und die Basler Fasnacht sind allerdings davon ausgenommen. Momentan wird diskutiert, ob diese Pflicht während Veranstaltungen auf Verkaufsstellen im öffentlichen Raum ausgeweitet werden soll. Alle Verkäufer von Esswaren im öffentlichen Raum sollen damit gleich behandelt werden.

Was bringt Mehrweg-Geschirr?

Diese Frage haben die Umweltministerien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands mit einer gross angelegten Studie bereits vor über zehn Jahren anlässlich der Fussball-Europameisterschaft 2008 untersucht. Konkret wurden die Ökobilanzen verschiedener Bechersysteme, vom Mehrweg- bis hin zu kompostierbaren Einweg-Systemen, miteinander verglichen. Das Resultat: «Ein Mehrweg-System ist jeder Einweg-Lösung ökologisch deutlich überlegen. Selbst das beste Einwegs-Szenario führt zu einer doppelt so hohen Umweltbelastung wie das ungünstigste Mehrweg-System.» Dies liessen die drei Umweltministerien damals in einer gemeinsamen Medienmitteilung verlauten. Interessant dabei: Kompostierbare Einweg-Becher aus nachwachsenden Rohstoffen schneiden ökologisch nicht besser ab als herkömmliche PET-Becher. (rka)