Am Samstag ging in der Eishalle Kleinholz die zweite Oltner Schlagernacht mit rund 3500 Besuchern über die Bühne. Star der Abends war Geburtstagskind Roberto Blanco. Unsere Journalistin erlebte ihre "Schlager-Feuertaufe".
«Ach, der Andy Borg», hatte Maria oben im Restaurant Muusfalle mit verträumtem Blick gesagt. Es war gerade Pause vor dem zweiten Schlagernacht-Programmblock in der Eishalle Kleinholz. Herren in Lederhosen und Damen in Dirndln waren da neben anderen aufgehübschten Persönlichkeiten anzutreffen. «Der Andy Borg, des is ein toller Mann.»
Den Andy Borg, den hatte die Bregenzerin Maria in ihrer Jugend persönlich gekannt: «Wir sind immer in die eine Bar gegangen, wo der aufgetreten ist.» Heute aber, leider, erinnere er sich nicht mehr an sie. Allerdings sei Hansi Hinterseer ein Freund ihrer Familie. Und früher einmal, da sei der ihr Schätzli gewesen. Aber um auf Andy Borg zurückzukommen ... Maria seufzte.
Marias Worte gehen mir durch den Kopf, als ich an Andy Borgs Garderobentür klopfe. «Servas», grüsse ich ihn, und der Moderator der Oltner Schlagernacht strahlt über beide Ohren. «Servus, bist du etwa Österreicherin?» Ich bejahe, Andy Borg ist entzückt und ich ebenso. Seine Frau Birgit schaut nur kurz von ihrem Handy auf. «Du, ich kann aber nur kurz, ich muss gleich wieder auf die Bühne», warnt mich Borg. Kein Problem. Ob er denn wirklich die Stadt Olten in die Welt raustrage, wie Schlagernacht-Organisatorin Jolanda Plüss vor einem Jahr im Interview selbstbewusst behauptet hatte? «Nein», sagt Borg und lacht. «Aber die Welt kommt nach Olten. Alles, was Rang und Namen hat, ist hier!»
Borgs Art ist ungekünstelt und herzlich. Er erzählt, dass die meisten Schlagerstars Halb-Play-back auftreten, weil Livemusik sich halt in den Eintrittspreisen niederschlagen würde. Aber die Cappuccinos, eine junge Formation, die seien tatsächlich mit Liveband aufgetreten. Super findet er das. Und dann muss er auch schon los, auf die Bühne: «Pfiat di!» Maria hatte das schon richtig erkannt: ein toller Mann, der Andy Borg.
Angeheitert von der Begegnung und dem ersten Glas Weisswein mache ich mich auf die Suche nach Roberto Blanco. Der ist gerade sage und schreibe 80 Jahre alt geworden und soll sehr sympathisch sein. Aber Daniel, sein Betreuer, muss mich enttäuschen: «Er hat heute nur schnell Soundcheck gemacht und ist dann gleich wieder ins Hotel gefahren.» Er komme erst kurz vor seinem Auftritt wieder. Schade. Aber so schlimm auch wieder nicht. Von der Bühne dudeln die deutschen Schlager-Urgesteine Amigos und ich schunkle innerlich ein bisschen mit: «Wie ein Feuerwerk, Richtung himmelwärts / Und die Liebe zu dir war geboren / Wie ein Feuerwerk, mitten in mein Herz / Und entflammt war die Liebe zu dir.»
Meine Starsuche führt mich weiter in die Garderobe der Cappuccinos. Gänzlich unglamourös ist sie, offene Koffer, Klamotten und Kosmetikartikel liegen herum. Die Holländer Michèl und René sind Brüder, der dritte im Bunde ist Peter aus Thüringen. Die Jungs sind zwischen 29 und 31 Jahren alt und wirken in der unwirtlichen Garderobe ein wenig verloren. «Wo sind eure Groupies?», wundere ich mich. «Och, mit Fans haben wir nichts», behauptet Michèl keck. Sie müssen heute nach der Show auch gleich weiter, zurück nach Holland. Bis dahin ist aber noch ein wenig Zeit. «Die Schlagerwelt ist wie so ne kleine Familie», begeistert sich Peter und reicht mir ein Glas Weisswein. Och ne, echt jetzt? «Klingt abgedroschen, ist aber so.» Weil ich noch nie was von den Cappuccinos gehört habe, sehe ich mir auf meinem Smartphone den Clip zum Song «Wahrheit» an. Na ja. Aber die Jungs sind nett.
Dann mische ich mich draussen unter die Menge. In der Halle gehen 3500 Menschen zu «Amarillo» ab. Roberto Blanco hat echt eine sackstarke Stimme, Schlager hin oder her. Ohnehin gehen mir langsam die Argumente dagegen aus. Es sind ja auch alle so lieb hier.
Schlagernacht-Organisatorin Jolanda Plüss kommt auf die Bühne und gratuliert Roberto Blanco zum 80. Geburtstag. Im weissen Kostüm sieht sie einem Schlagerschätzeli selbst zum Verwechseln ähnlich. Die Menschenmenge stimmt ein «Happy Birthday» an. Und Blanco dankt es Olten: mit einem mitreissenden «Ein bisschen Spass muss sein».