Analyse zum Glasfasernetz-Ausbau der Swisscom von Yann Schlegel, Redaktor beim «Oltner Tagblatt».
Ist es für den gewöhnlichen Oltner von Belang, ob das Bild zehn Mal schneller im World Wide Web landet? Heute lautet die Antwort Nein. Brauchen wir ein Gigabit pro Sekunde, um unsere Bedürfnisse am Festnetztelefon, im Internet und am Fernseher zu befriedigen? In der Gegenwart sagen wir Nein. Können wir den Ausbau von Netzwerkleitungen dem freien Markt überlassen? Wir sagen im Augenblick: Ja, warum nicht. Und mit Blick in die Zukunft? Die Digitalisierung wirft bislang unbekannte Fragen auf. Doch auch die Politik verantwortet, sich ihnen zu stellen. Dass dies auf Gemeindeebene geschieht, ist rar.
In Olten entschied die Stadtregierung bewusst, die Swisscom schalten und walten zu lassen. Vielleicht auch aufgrund mangelhafter Kompetenz? «Dass die Stadtverantwortlichen sich dem Ex-Monopolisten so breitwillig an die Brust werfen, ist stossend», schreibt ein Facebookuser. Ein anderer ortet ein Problem darin, die Entscheidungsträger hätten ihren Eintritt in die Politik vor dem digitalen Zeitalter angetreten. Auch das Parlament blieb untätig.
Die teilprivatisierte Swisscom streckt ihre Fühler aus. Bis 2021 will der Telekommunikationsgigant schweizweit sein Kupferkabelnetz durch Glasfaserleitungen ersetzen. Aus finanziellen und zeitlichen Gründen verlegt die Swisscom ihre Glasfasertechnologie in den meisten Gemeinden jedoch nur bis in die Strassenzüge und nicht bis in die Haushalte.
Die flächendeckende Installation von Glasfasernetzen würde nach Berechnungen der Swisscom bis 2040 dauern. Aber die halbvollendete Lösung bringt einen grossen Performanceverlust mit sich. Von der Strasse bis zur Wandsteckdose gehen auf den Kupferkabeln über zwei Drittel der potenziell übertragbaren Bandbreite verloren. Zurzeit mag dies kein Problem sein. Doch wie die Swisscom vermutet, wächst der Datenverkehr mittelfristig jährlich um 30 Prozent. Über zehn Jahre entspräche dies also 300 Prozent mehr Datenvolumen. Die Swisscom tut, was sie kann und für richtig hält.
Sollten die Gemeinden angesichts dessen initiativ werden und sich zumindest unterstützend am Netzausbau beteiligen? «Das Internet wird zu einem Grundbedürfnis», sagt Tobias Oetiker. Geht es nach dem Oltner IT-Unternehmer, gehört die Netzwerkanbindung zur Grundversorgung. In den nächsten fünf Jahren müsse es eine Lösung für ein flächendeckendes Glasfasernetz in Olten geben, ist Oetiker überzeugt. «Olten ist ein Ort, der verkehrstechnisch vorzüglich verbunden ist; dass dies im Internet anders sein sollte, finde ich erstaunlich.»
Im Dezember will Oetiker eine Motion einreichen. Däniken nimmt punkto Glasfasertechnologie schweizweit eine absolute Vorreiterrolle ein. Bereits 1999 zieht die örtliche Fernsehgenossenschaft Yetnet Glasfaserleitungen in die Strassenzüge. Die Gemeinde verfügt somit zur Jahrtausendwende bereits über jenen Ausbaustandard, den die Swisscom nun schweizweit auf Ende 2021 anstrebt. In Olten soll er Anfang 2019 vollzogen sein.
Vor drei Jahren übergibt die Genossenschaft Yetnet das bestehende Netz der gemeindeeigenen Kommunikationsnetz Däniken AG. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Genossenschaft bereits damit begonnen, das letzte Stück vom Strassenschacht zum Haushalt mit Glasfaserkabeln zu überbrücken. Prompt eilte die Swisscom herbei. Der Telekommunikationsgigant hätte gerne das Zepter in die Hand genommen und ein eigenes Netz errichtet, wie Peter T. Frei berichtet.
Er zählte schon in der Fernsehgenossenschaft zu den Pionieren. Die Gemeinde setzte sich für ein einziges Netz ein und hatte Erfolg. Die Swisscom willigte ein, sicherte sich mit einer Beteiligung am Ausbau die Nutzungsrechte für 30 Jahre. «Wir stiegen in den Verhandlungen auf das gleich hohe Ross wie die Swisscom auf», sagt der Elektroingenieur ETH nicht ohne Stolz.
Im Juni dieses Jahres nahm Däniken ein Netz in Betrieb, das bis zur Steckdose führt. «Ohne einen Rappen Steuergeld dafür zu verwenden», wie Frei betont. In den nächsten zwanzig Jahren muss die Kommunikationsnetz Däniken AG der Gemeinde ein Darlehen von zwei Millionen Franken zurückzahlen. Das damals visionär «Netz 2020» genannte Projekt ist vorzeitig vollendet.
Däniken ist ein Fall ausserhalb der Norm. Und doch zeigt das Paradebeispiel, wie eine Gemeinde auf elegante und finanziell nachhaltige Weise den Netzausbau eigenhändig durchführen kann. Für Peter T. Frei ist klar: Das Kommunikationsnetz sollte zur Grundausstattung gehören. «Es ist eine Infrastruktur, welche die gleiche Bedeutung wie das Strassen-, Strom und Wassernetz hat», sagt der 70-jährige Däniker. Ein modernes Netz gehöre als Basis dazu. «Auf den Diensten muss Wettbewerb herrschen», sagt Frei und äussert seine klare Haltung.
Nicht nur die Stadt Olten; Gemeinden sollten sich aktiv um eine finanzielle Beteiligung am Netzausbau bemühen und ihn nach Möglichkeit selbst administrieren. Denn ob sich die Swisscom im Nachgang, wie es in Olten der Fall wäre, noch für eine Beteiligung der Gemeinde motivieren lässt, ist fraglich. Im Hier und jetzt mag uns ein Gigabit pro Sekunde übertrieben erscheinen. Doch in der Zukunft gehört auch das Datennetz zweifellos zur Grundversorgung.
yann.schlegel@azmedien.ch