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Seit Montag ist ein Grossteil der Läden nach dem zweimonatigen Lockdown wieder geöffnet. Betriebe aus verschiedenen Sparten der Region Olten von Hägendorf bis Schönenwerd geben einen Einblick, wie sie über die Runden kamen und was sie nun erwarten.
Pascal Jörg ist Unternehmer. Ihm gehören in der Region die sieben Filialen der Fitness Factory in Olten, Boningen und Lostorf. Jörg über die Krise: «Die Ungewissheit für das Geschäft ist ganz klar unsere grösste Herausforderung.» Weil Fitnesscenter nicht zu einer bestimmten Branche gehören und vom Bundesrat nicht als eigener Wirtschaftszweig behandelt wurden, sei jeweils nach den Pressekonferenzen zum Lockdown – oder dessen Aufhebung – nicht sofort klar gewesen, inwiefern die Filialen betroffen sind. Jörg bedauert diese Vernachlässigung und führt aus: «Während für Coiffeur-Geschäfte eigens eine Lösung gesucht wurde, wurden wir im Stich gelassen.» Er versteht die Nöte der Coiffeure, gibt aber zu bedenken, dass deren Geschäfte in der Regel in kleinen Räumen eingemietet sind und somit eine tiefe Miete bezahlten. Die gemieteten Räume von Fitnesscentern weisen viel grössere Flächen auf. Dabei geht es um riesige Mietsummen. «Wenn hier keine Hilfe von den Vermietern kommt, wird es kritisch.» Hinzu kommen die teuren Kraftgeräte: Für einige dieser Geräte bestehen Leasingverträge. Während für das Personal mit Kurzarbeit gesorgt sei, habe er als Unternehmer schlaflose Nächte gehabt, so Jörg. Seit gestern sind alle sieben Filialen wieder geöffnet. Jörg erarbeitete für jede Filiale ein individuelles Schutzkonzept und liess sich einiges einfallen für seine Kunden. Er habe freiwillig keine Kosten gescheut, um den Sporthungrigen ein sicheres Training zu ermöglichen: Zwischen den einzelnen Geräten hat Jörg sogenannte Roll-ups aus Plexifolie angeschafft. Um die Stationen nach jedem Gebrauch desinfizieren zu können, liegen 200 waschbare Stofftücher und Desinfektionsmittel bereit. Mit den Stofftüchern will Jörg den hohen Verbrauch von Papierrollen mindern und so etwas für die Umwelt tun. Und trotzdem: «Wenn die Geräte mit ihren Kunstledern und Elektronik-Displays nach jedem Gebrauch mit Alkohol in Kontakt kommen, leiden die Oberflächen. Das sind Fragen, die für Jörg nicht geklärt sind. Die verlorenen Einnahmen der vergangenen zwei Monate bedeuten für ihn ein grosser Verlust, denn im Sommer würden viel weniger Leute in die Center kommen. Abos würden oft erst wieder im Herbst gelöst. «Dieses Sommerloch wird für unsere Branche happig.» Die Schutzkonzepte für seine Center publiziert Jörg auf deren Website. Die Leute müssten sich bewusst sein, dass ein Besuch jetzt bedeute: «Kommen, trainieren und wieder gehen. Am besten erscheinen die Leute bereits umgezogen in der Filiale», sagt Jörg.
Die WC-Anlage und Entsorgungscontainer beim Golfplatz Heidental bleiben vorerst geschlossen. Golf spielen ist aber ab dieser Woche sofort wieder möglich, die Timetables sind ausgebucht. Ingo Marchand vom Golfplatz freut sich, dass der Platz wieder öffnen kann. Und mit ihm die Besucher: «Unsere Gäste mussten jetzt lange warten und wollen unbedingt wieder spielen.» Beim Golfen wird nie in grösseren Gruppen als vier Personen gespielt, von daher stellen die Teams keine Hürde dar. Doch: «Offizielle Turniere werden bis auf weiteres nicht gespielt», so Marchand. Zu den Auflagen gehöre auch, dass die Flaggen nicht angefasst werden dürfen und die Bunker nicht gerecht werden. Jürg Moning, Manager des Golfclubs, stellt eine eigens konstruierte Vorrichtung vor, mit der die Bälle berührungsfrei aus dem Loch gehoben werden können. Die Golf-Caddys sollen nur von einer Person gefahren werden, ausser es handle sich dabei um Familienmitglieder. Obwohl der Golfplatz seit dem 15. März geschlossen blieb und für das Team Kurzarbeit anmelden musste, waren die Platzkeeper in den letzten Wochen immer wieder vor Ort und pflegten das Spielfeld. Nun ist alles bereit und die Golfpros können testen, wer durch die verordnete Spielpause an Treffsicherheit eingebüsst hat.
Der Titel «Dream now – travel later» ziert das Facebook-Profil vom Reisebüro Dan Tours aus Schönenwerd. Daniel Kiefers Geschäft geht zwar diese Woche auf – mit reduzierten Öffnungszeiten – doch es ist noch kaum möglich, Flüge zu buchen. Viele Grenzen sind geschlossen, etliche Länder noch im Lockdown. «Für uns eine schwierige Situation, das Ganze», sagt Kiefer. «Zwar haben wir alle Hände voll zu tun, aber dabei geht es fast ausschliesslich um Stornierungen.» Die Reisedossiers von etwa sechs Monaten müssen annulliert werden. Das Schwierige dabei: Die Airlines haben praktisch alle Abteilungen geschlossen, die zuständigen Kontakte sind nicht erreichbar. Kiefer: «Das Handeln der Fluggesellschaften in dieser Krise ist problematisch.» Wer für seinen Flug eine Versicherung abgeschlossen habe, sei bei jeder Versicherungsgesellschaft auf andere Art vor Pandemie geschützt – oder eben nicht. Reisen im Sommer, die über einen Veranstalter gebucht wurden, sind weniger problematisch. Die Veranstalter waren in der Krise besser aufgestellt und zeigen sich mehrheitlich kulant bei Annullierungen. «Diese Dossiers konnten wir grösstenteils bereits erledigen.» Auch Kiefer musste für den Betrieb Kurzarbeit anmelden, ein Ende sei nicht in Sicht: «Beinahe täglich gibt es Änderungen aus der Politik. Wir können nicht sagen, wann Fliegen wieder möglich ist. Ich rechne mit einer Erholung der Branche frühestens auf Ende 2020.» Er ist aber auch überzeugt, dass gewisse Destinationen auf den Sommer hin öffnen werden, weil sie auf die Einnahmen aus dem Reisegeschäft angewiesen sind. «Es wird Leute geben, die diese Angebote nutzen wollen.» Airlines, die zur Lufthansagruppe gehören, wurden dazu verpflichtet, gebuchte Tickets zurückzuerstatten, auch an Private. Dies war eine der Auflagen, um Hilfe vom Bund zu erhalten. Ferien in der Schweiz werden zwar oft direkt gebucht, doch Kiefer ist überzeugt, dass sein Reisebüro auch hier gute Angebote führt. Dazu gehören beispielsweise Trekkings, Mountainbike-Ferien im Wallis und andere Erlebnisreisen sowie die Vermietung von diversen Appartements.
Der Vögeli-Beck in Hägendorf öffnete gestern sein Bistro wieder. Susi Vögeli sagt: «Von eigentlich 60 Sitzplätzen bleiben nach der entsprechenden Neubestuhlung noch 36 übrig.» Beinahe die Hälfte der Plätze fällt also weg. Es wurden Tische und Stühle weggeräumt, die geforderten Abstände sind nun gewährleistet. Gegessen werden kann im Bistro, die Menus stehen aber auch weiterhin Take-away zur Verfügung. Die Bar-Theke bleibt hingegen geschlossen. Dort wäre der Abstand zum Personal zu gering. Die Serviceangestellten tragen Schutzmasken. Platzmässig sieht es auf der Terrasse etwas besser aus: Weil die Tische hier weiter voneinander entfernt sind, stehen lediglich vier Stühle weniger zur Verfügung. Vögeli sagt: «Wir werden von Woche zu Woche schauen, wie es läuft.» Die Mitarbeitenden bleiben weiterhin in der Kurzarbeit. Wie schnell sich das Geschäft erholen wird, kann Vögeli nicht abschätzen. Am Abend schliesst das Bistro darum im Moment eine Stunde früher als üblich. Trotz der vielen Unsicherheiten und Massnahmen freue sich das Team des Vögeli-Becks auf seine Gäste.
«Auch im Büro werden unsere Mitarbeitenden den Abstand von zwei Metern gut einhalten können, wir stellen gerade die Arbeitsplätze um», sagt Stephan Hodel, Geschäftsführer von Kissling Möbel. Beim Eingang wurde ein Wartebereich eingerichtet; es liegen Masken für die Kunden bereit. Wo es die Verkaufsgespräche erfordern, sind Plexiglasscheiben vorhanden. Viele Kunden vereinbaren einen Termin, wenn sie eine Inneneinrichtung und eine Beratung dazu wünschen. Hodel sagt: «Man merkt, dass die Leute sich zu Hause wohlfühlen wollen». Das Interesse an hochwertigen und nachhaltigen Möbeln und Inneneinrichtungen sei gestiegen. Auch würden sich die Leute wieder vermehrt selber einen Wunsch erfüllen: «Was von vielen ein Traum ist und was wir anbieten, sind begehbare Kleiderschränke». Hodel blickt der Wiedereröffnung optimistisch entgegen: Die Kurzarbeit für den ganzen Betrieb soll schrittweise aufgehoben werden. Noch sei aber nicht absehbar, wie viel Zeit die Rückkehr zur Normalität beanspruche. Doch die Kunden hätten Nachholbedarf.
Markus von Felten führt das Fachgeschäft für Bürobedarf in Niedergösgen zusammen mit seinem Sohn. Er sagt: «Für uns ist wichtig, dass es jetzt wieder losgeht, die letzten Wochen waren schwierig.» Im Laden sind sie vorbereitet: An der Verkaufstheke steht eine Plexiglasscheibe bereit, die Abstände am Boden sind markiert. Vor dem Geschäft gibt es ein Schild auf dem geschrieben steht, dass lediglich drei Kunden auf einmal den Laden betreten dürfen. Von Felten erklärt: «In den letzten Wochen konnten wir zwar einige Reparaturen vornehmen und Notfälle bei Kopierern und Druckern beheben. Auch online sind einige Bestellungen eingegangen.» Aber die grösste Herausforderung stelle die verspätete Zustellung der Post dar: Produkte, die sie für die Auslieferung am Morgen benötigen, treffen in letzter Zeit immer öfter erst um elf Uhr ein. Nachdem man nach Olten geliefert habe, könne man gleich wieder losfahren. Dieser Zeitverlust sei sehr ärgerlich und stelle auch einen finanziellen Verlust dar für das Geschäft. Von Felten hofft, dass sich die Lage möglichst schnell normalisiert, bleibt aber skeptisch: «Ich befürchte, das Chaos bei der Post nimmt eher noch zu, wenn wieder alle Geschäfte offen haben.»
Bruno Reber führt mit seinem Vater das Velo und Piaggio Center Reber in Olten. In der Werkstatt und im Ladengeschäft arbeiten sie zu zweit. Reparaturen wurden zwar auch während der vergangenen Wochen durchgeführt. Doch Reber ist froh, dass es nun wieder losgeht und sie den Verkaufsladen wieder öffnen dürfen. Die maximale Anzahl Kunden im Geschäft ist auf vier limitiert, es gelten die üblichen Bestimmungen. Damit sie bei Reparaturen und anderen Arbeiten in der Werkstatt die Vorsichtsmassnahmen untereinander einhalten können, benützt jeder sein persönliches Werkzeug am eigenen Arbeitsbereich. Es sei kein grosser Mehraufwand, schliesslich hätten sie in der Werkstatt mehrere Sets von allen Schlüsseln und Werkzeugen parat, sagt Reber. Für das Geschäft mussten sie Kurzarbeit anmelden. Auch Rebers spüren die Unsicherheit, und trotzdem: «Die Leute warten darauf, dass sie wieder in unser Geschäft kommen dürfen.» Das Angebot einer Testfahrt könne online nicht in Anspruch genommen werden, dieses bilde ein wichtiger Bestandteil beim Kauf eines Zweirades. Werkstatt und Laden seien geräumig und darum sei das Einhalten von Abständen kein Problem, sagt Reber.