Olten
Von Dachboden des Provi 8 in Olten auf den roten Teppich in Hollywood?

Gegründet wurde die Schauspielschule bereits im März 2012. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten war schwierig, sodass sie jetzt erst zwei Jahre nach Plan eröffnet wurde. Nun greifen die Schüler auf dem Dachboden des Provi 8 nach den Sternen.

Deborah Onnis
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Schulleiterin Kerstin Schult (sitzend) und der Geschäftsführer Willi Stadler (im karierten Hemd) beim autogenenTraining mit den sechs Studierenden im Provi 8, einem Unterrichtssaal der Schauspielschule Olten. bruno kissling

Schulleiterin Kerstin Schult (sitzend) und der Geschäftsführer Willi Stadler (im karierten Hemd) beim autogenenTraining mit den sechs Studierenden im Provi 8, einem Unterrichtssaal der Schauspielschule Olten. bruno kissling

Bruno Kissling

Auf dem Dachboden des Provi 8 in Olten, dort, wo sonst das Theater Dachschadengesellschaft übt, strahlt Willi Stadler wie einer, dem nichts und niemand die gute Laune verderben kann.

Als Geschäftsleiter der Oltner Schauspielschule ist ihm mit der Eröffnung vor drei Wochen ein Stein vom Herzen gefallen. «Ich bin sehr glücklich, dass wir jetzt endlich starten konnten», sagt der zertifizierte Kulturmanager und Schauspieler aus Erlinsbach. Bis es zum Startschuss kam, mussten er und Kerstin Schult, Mitinhaberin der Oltner Schauspielschule GmbH, einige Hindernisse überwinden.

Mit Kursen für Firmen Schule quersubventionieren

Gegründet wurde die Schule bereits im März 2012, und deren Eröffnung war auf Februar 2014 geplant. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten hatte diesen Termin aber «verunmöglicht», wie Willi Stadler schon vor zwei Jahren sagte. Dann wurde der August 2014 anvisiert. «Auch dieses Datum konnten wir nicht einhalten, weil uns die nötigen finanziellen Ressourcen ausfielen», sagt Stadler. Dabei meint er die Stadt Olten, von der sich die Schule eine grosse Unterstützung erhoffte. Diese blieb laut Stadler aber aus. «Deshalb brauchten wir wieder Zeit, um uns finanziellen Boden zu schaffen.»

Konkret suchten die beiden Inhaber nach anderen Sponsoren und nahmen Kurse für Firmen ins Angebot, zum Beispiel für Teamevents. Erfolgreich, wie Stadler sagt: «Noch bevor wir Werbung dafür machen konnten, wurden wir schon von verschiedenen Interessenten angefragt, beispielsweise von der Swisscom.» Nun könne man diese Einnahmen auch für die Quersubventionierung des Schulangebotes einsetzen. Auf die Semestergebühren von 3900 Franken pro Student könne man derzeit noch nicht bauen, sondern erst in etwa drei Jahren. Frühestens, wenn nach seiner Rechnung drei Studiengänge mit maximal je 20 Studenten das dreijährige, nebenberufliche Studium absolvieren.

In Olten wegen der zentralen Lage

Jetzt aber befindet sich die Schule mit aktuell sechs Studierenden bezüglich Finanzen und Renommee laut Stadler noch in einer «Durststrecke». Eine überbrückbare? «Ja, klar», lacht der Geschäftsleiter. «Sonst würden wir das alles gar nicht machen.» Er ist zuversichtlich und hat «ein gutes Gefühl». Aber was treibt ihn und seine Geschäftspartnerin an? Für beide sei die Gründung «schon immer ein Traum gewesen». Doch die Konkurrenz auf dem Markt ist hart. Vor allem durch die staatlichen Schauspielschulen in Bern und Zürich und einigen Privatschulen in der Deutschschweiz. Braucht es in Olten denn eine private Schauspielschule?

An den staatlichen Schulen, sagt Kerstin Schult, würden sich rund 300 Menschen bewerben. Aufgenommen werden aber insgesamt rund 25 Studenten. Killerkriterien seien dabei zum Beispiel das Alter. «Unter den vielen Bewerbern, die nicht aufgenommen wurden, liegt ein riesiges Potenzial, das aufgefangen werden will», sagt Schult. Sie betrachtet die Oltner Schauspielschule deshalb auch als «Alternative für Leute mit Talent, die bei einer staatlichen Schule nicht aufgenommen wurden».

Die Qualität, welche die Oltner Schule biete, entspreche dabei derjenigen einer staatlichen Schule. «Wir bieten über die drei Jahre ein ganzheitliches Studium.» Auch die Dozenten seien ausgewiesene Fachkräfte. «Unsere Studenten lernen genau das Gleiche wie an einer staatlichen Schule», so Schult. Deshalb werden laut Schult ihre Absolventen auch den Abgängern der staatlichen Schulen die Stirn bieten können. In der ganzen Schweiz seien sie zudem die Einzigen, die, wie in der berühmten Hochschule für Schauspielkunst «Ernst Busch» in Berlin – wo Schult selber studierte –, nach Bertolt Brecht und Konstantin Stanislawski lehren. Den Standort Olten hätten Schult und Stadler vor allem wegen der zentralen Lage und der etablierten Theaterkultur gewählt.

Unterrichtszimmer auf einige Lokalitäten verteilt

Dorothea Sidow, Logopädin und Stimmtherapeutin, unterrichtet in der neuen Schule Sprecherziehung. «Für diesen Job wurde ich von einer Kollegin angesprochen und habe zugesagt, weil ich das Projekt spannend finde.» Sidow unterrichtet neben ihrer Tätigkeit als Logopädin in einem Spital, auch an der Musikakademie in Frankfurt. «Ich habe auch schon an anderen Örtlichkeiten gelehrt», sagt sie schmunzelnd und erwähnt einen Arbeitsplatz in einer abgelegenen Burg.

In Olten sind die Unterrichtszimmer auf verschiedene Lokalitäten verteilt. An der Rosengasse befindet sich die eigentliche Schule. Und für gewisse Lektionen wurden Räumlichkeiten beim Provi 8, in der Frohheim-Turnhalle und in der Spectacolo Dance Academy zugemietet. «Olten hat als Knotenpunkt seine Vorteile», sagt Sidow. Die Studierenden in Olten habe sie bis jetzt sehr offen erlebt. «Es ist eine gute und interessierte Gruppe.»

Nur sechs Teilnehmende wurden aufgenommen

18 Interessierte bewarben sich für den Vor-Test an der Oltner Schauspielschule. Zehn haben diesen bestanden und waren somit an der Aufnahmeprüfung zugelassen. Angetreten sind aber lediglich acht. Und nur sechs Teilnehmende wurden schliesslich aufgenommen. Die 19-jährige Marissa Andueza aus Bülach (im Bild mit violettem Schal) ist eine der sechs «ungeschliffenen Diamanten», wie Schult und Stadler ihre Studenten gerne bezeichnen. Sie habe noch nicht viel Schauspiel-Erfahrung. Neben der Ausbildung arbeitet sie als Barfrau und Tänzerin. «Schauspielerin zu werden, war schon immer mein Traum», sagt sie. Auf die Oltner Schauspielschule sei sie per Zufall getroffen, online. «Die staatlichen, grossen Schulen haben mich weniger angesprochen. Ich fühle mich besser aufgehoben in einer kleineren, persönlicheren Schule.» Am liebsten würde sie auf der Theaterbühne Karriere machen. «Klar, falls ich mal angefragt würde, das neue Bond-Girl zu werden, würde ich natürlich nicht Nein sagen.»

Wie nah oder fern ist denn Olten von Hollywood? «Es ist komisch, dass viele Leute die Vorstellung haben, es müsse alles über Hollywood gehen», sagt Schult. «Klar wollen diejenigen, die eine Schauspielschule besuchen, nach den Sternen greifen.» Es gebe aber noch viele Nischen, in denen man als Schauspieler Karriere machen kann. Und das wüssten ihre Studenten.