Vorneweg: Ich mag Cookies lieber als Crunches und Schlemmen lieber als Schwitzen. Das war bis Anfang dieses Jahres auch kein Problem. Viermal die Woche pendelte ich nach Zürich, wo ich zügigen Schrittes die zweieinhalb Kilometer bis zu meinem Büro zurücklegte. Jeweils mittwochs verbog ich mich in der Mittagspause zwecks Kräftigung der Muskulatur auf veganen Yogamatten. Dann kam Corona und mit ihm das Homeoffice.
Meine tägliche Anzahl Schritte schrumpfte von zehntausend auf knapp hundert – die Distanz zwischen Schreibtisch, Klo und Keksbüchse. Der Versuch, meine Yogapraxis im heimischen Wohnzimmer fortzuführen, endete abrupt, als ich in der Position des herabschauenden Hundes das wohl grösste Staubflockendepot Oltens erspähte. Kurz darauf fand ich mich staubsaugend und fluchend unter meinem Sofa wieder. Entspannung geht anders.
Per sofort waren coronakonforme Bewegungsmöglichkeiten in Olten gefragt. Der Lockdown machte den Entscheid einfach: der Vitaparcours. Mein innerer Schweinehund (und gefühlt alle meine Bekannten) gaben zu bedenken, dass das Konzept Trimm-dich-Pfad veraltet und so was von uncool sei. Ich wagte dennoch einen Versuch.
Das erste Mal ins Schwitzen kam ich, da war ich noch nicht mal in der Nähe des Vitaparcours. Während ich die Strasse zum Wilerwald hoch stapfte, bemitleidete ich mich für mein schlechtes Timing: Die Auffaltung des Juras hätte gut und gerne bis nach der Coronapandemie warten dürfen.
Oben angekommen trabte ich los. Posten eins: Dehnen. Das lag durchaus im Bereich meiner Fähigkeiten. Gleich darauf aber quälte ich mich eine steile Steigung hoch und kreuzte auf der Engelbergstrasse eine Gruppe schnatternder Nordic-Walkerinnen. In Folge fehlender Atemluft hob ich lediglich die Hand zum Gruss.
Posten zwei: Von den Fussballen auf die Fersen wippen. Zu mehr war ich zu diesem Zeitpunkt sowieso nicht in der Lage. Posten drei verlangte Sprungübungen, die sich mit Sicherheit keine Frau mit schwachem Beckenboden ausgedacht hat. Ich lief aus eben diesem Grund daran vorbei und musste bei Posten vier anstehen.
Am Reck hingen dort die harten Jungs in schweissfreien Baumwollshirts und schwarzen Strickmützen. Unermüdlich schoben sie ihre ernsten Gesichter über die Stangen. Nichts als keuchender Atem war zu hören (und der kam von mir). Kaum waren die Muskelmänner weg, versuchte auch ich mich an ein paar Klimmzügen und schaffe genau: keinen.
Posten acht: Ich legte mich auf die Holzbank, ignorierte die Anweisungen für rückenstärkende Übungen und sah den Bäumen zu, die sich über mir im Wind wiegten. Viel zu schnell wurde ich von Neuankömmlingen in Multifunktionskleidern und Fitnesstrackern am Handgelenk vertrieben. Ich galoppierte weiter über Wurzeln, überholte zwei maulende Kinder (Ist es noch weit? Ich hab’ Seitenstechen – Themen und Fragen, die mich ebenfalls beschäftigten) und ihre sich in Gelassenheit übenden Mütter.
Posten elf: Liegestützen. Am Vortag hatte es geregnet (es regnet gefühlt immer am Vortag) und meine Fussspitzen versanken schmatzend im aufgeweichten Erdreich. Die letzten Übungen absolvierte ich folglich mit nassen Füssen. Auf dem Nachhauseweg kam ich zum Schluss, dass es keine schlechte Sache ist, einen so unprätentiösen und kostenlosen Bewegungsparcours in der Nähe zu wissen, wo jede und jeder willkommen ist – sogar ich.
Seither sieht man mich ab und an mit rotem Kopf durch den Wilerwald rennen. Es mag sein, dass der Vitaparcours in die Jahre gekommen und uncool ist. Aber was soll’s. Das bin ich schliesslich auch.
Rebekka Salm, Olten Texterin und Moderatorin