Hägendorf
Über den Kirchweg und das Kehrli auf den Vogelberg – auf den Spuren von der Ortsgeschichte

Dorfchronist Hans A. Sigrist nahm eine Gruppe mit auf eine Wanderung zurück in die Ortsgeschichte Hägendorf.

Urs Amacher
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Hans Sigrist beim Start am Kirchweg: Alle Untergäuer Gemeinden waren einst nach Hägendorf kirchgenössig.

Hans Sigrist beim Start am Kirchweg: Alle Untergäuer Gemeinden waren einst nach Hägendorf kirchgenössig.

Urs Amacher

Die Kirche von Hägendorf war das Zentrum einer grossen Pfarrei. Die umliegenden Dörfer Rickenbach, Kappel, Boningen, Gunzgen, Fulenbach und Wangen waren nach Hägendorf kirchgenössig. Das heisst für Taufen, Heiraten, Beichten und Gottesdienste mussten sich die Leute nach Hägendorf begeben. Auch ihre Toten wurden auf dem Hägendorfer Friedhof beerdigt.

Nach und nach machten sich diese Untergäuer Dörfer selbstständig, nur die Rickenbacher blieben bis heute Hägendorf untertan. An Sonn- und Feiertagen musste sie deshalb den Weg ins Nachbardorf unter die Füsse nehmen. Die Hägendorfer Kirche war deshalb Ausgangspunkt der 8. Geschichtswanderung, zu welcher der Dorfchronist Hans A. Sigrist im Auftrag des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Hägendorf (VVH) am letzten Samstagmorgen eingeladen hatte.

Gestern und heute

Anhand einer Zeichnung von Heinrich Jenny aus dem Jahre 1862 erläuterte Hans Sigrist die Veränderungen, die der Vorplatz vor der Kirche in den letzten 150 Jahren erfahren hat. An der Westseite befanden sich damals ein Strohdachhaus und östlich ein in einem kleinen Holzschuppen versorgter Sodbrunnen. Mit der Einführung der Wasserversorgung 1896 wurde der «Chummerbrunnen» eingedeckt und erst 1987 wieder hervorgeholt.

Auf Jennys Zeichnung ist noch die alte Kirche zu sehen. Das nur 26 Meter lange Hägendorfer Kirchlein war geostet, das heisst, der Altar war Richtung morgendlicher Sonnenaufgang orientiert. Eine neue grössere Kirche war beinahe fertig gebaut, als am ersten Septembersonntag 1862, kaum war die Messe zu Ende, der Chorraum des alten Gotteshauses einstürzte. Die heutige Dorfkirche ist im neugotischen Stil errichtet und rechtwinklig zur alten Kirche nach Norden ausgerichtet.

Rickenbacher Kirchweg

Auf dem Weg, den die Rickenbacher früher für den Messebesuch benutzten, führte Hans A. Sigrist die Gruppe von gut vierzig Interessierten in das Gebiet östlich von Hägendorf. Der Kirchweg ist bereits 1423 erstmals erwähnt. Bis 1908 war der Sandrain die Siedlungsgrenze von Hägendorf. Die Rickenbacher strebten also über das offene Feld der Pfarrkirche zu. Ebenfalls über mitten durch die Matten verläuft die Gemeindegrenze, erst oben im Cheerli macht die Grenze einen Knick hin zur Schlucht, die bergwärts nun als natürliche Geländescheide die Gemeindegrenze markiert. Sigrist verknüpfte auf der Wanderung die Flurnamen mit ihrer Bedeutung und Geschichte. Sandacker, Sandgrube und Sandrain weisen auf die Bodenbeschaffenheit Gewinnung von Baumaterial hin.

Der Seidenhof erinnert an die – letztlich erfolglosen – Versuche, im 19. Jahrhundert die Seidenraupenzucht heimisch zu machen. Nicht schlüssig gedeutet ist der Kehrliweg oder in Mundart Cherliwäg. Der Flurname Kehrli hat nämlich nichts mit einer Kehre, das heisst einer Wegbiegung oder Wendestelle für den Pflug zu tun. Ursprünglich hiess dieses Gebiet im 18. Jahrhundert «Kihrli» oder im Urbarbuch von 1423«Kirlin».

Unterwegs wies Sigrist auf bemerkenswerte Bauten hin. So liessen sich Emil Kamber, Direktor der Sunlight in Olten und Anton Glutz von namhaften Architekten Landhäuser im klassizistischen Stil errichten. Die Villa Tannenheim wurde von Melchior Berri, dem Kreateur des «Basler Dybli», entworfen. Über den Vogelberg, eine Alpweide im Besitz einer Familie namens Vogel, kehrte man zum Startpunkt zurück.