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Die Kirchgemeinden von Hauenstein-Ifenthal, Olten, Starrkirch-Wil und Trimbach wollen eine verstärkte Zusammenarbeit eingehen. Wie die Antwort auf die neue Struktur aussehen soll, führt jedoch zu Auseinandersetzungen bei der Katholischen Kirche in der Region Olten.
Am 3. Juni gibts für die Römisch-Katholiken in den vier Kirchgemeinden Olten/Starrkirch-Wil, Trimbach, Ifenthal-Hauenstein sowie Wisen ein grosses Fest: Zusammen mit Bischof Felix Gmür wird der Pastoralraum Olten errichtet. Damit werden künftig Pfarrer, Katecheten oder Jugendarbeiter nicht mehr von den einzelnen Gemeinden angestellt, sondern ihre Dienste via Pastoralraum bezogen. Alle vier Gemeinden leisten dafür eine Pro-Kopf-Abgabe. Gerade wegen dieses erfreulichen Ereignisses ist bei den Katholiken allerdings hinter den Kulissen ein erbitterter Streit im Gange um die Frage, wie auf staatskirchenrechtlicher Seite auf die neue Struktur reagiert werden soll. Genügt wie bisher ein Vertrag zwischen den vier Kirchgemeinden, kann es ein Zweckverband richten oder sollen die vier Gemeinden gleich zu einer Einheit fusionieren?
Die Diskussion um diese Frage hat in Olten auch dazu geführt, dass es diesen Sonntag für den siebenköpfigen Kirchgemeinderat nach acht Jahren wieder einmal zu Kampfwahlen zwischen zwei vollen Listen kommt. Die Liste 1 mit Vertretern der CVP und FDP, die bisher vier Mandate und den Kirchgemeindepräsidenten stellen, stehen der Gruppe für eine lebendige Kirche (GLK) gegenüber, die drei Sitze innehat. Die GLK wollte sich nicht mit stillen Wahlen zufriedengeben.
Ihr Ziel ist es, die Zusammenarbeit mit den Gemeinden des Pastoralraums zu deblockieren. Denn das Vertrauen sei zerstört worden, meint die GLK und will mit neuen Mehrheitsverhältnissen auch die Tauglichkeit einer Einheitskirchgemeinde wieder prüfen lassen. Die Gruppe fordert eine informierte und öffentliche Diskussion über die Vor- und Nachteile von Zweckverband und Fusion. Der Souverän solle sich zwischen den beiden Varianten in der nächsten Legislatur verbindlich entscheiden können.
Denn Zweckverband und Einheitskirchgemeinde sind für die GLK zwei unterschiedliche Konzepte mit verschiedenen Vor- und Nachteilen und nicht zwei Schritte in die gleiche Richtung. Die bisher in den Kirchgemeinden abgehaltenen Konsultativ-Abstimmungen zeigten zudem klar den Wunsch der Kirchgemeindeversammlung nach einer möglichst weit gehenden Einheit auf, auch in Olten. In der Frage der Stimmen- und der Kostenverteilung sei es unter den vier Kirchgemeindepräsidenten zu einer totalen Blockierung gekommen. «Diese müssen wir wieder lösen. Und wir gleichen die Steuereinkommen lieber über den Pastoralraum hinweg aus als über den uns drohenden kantonalen Finanzausgleich», sagt deren Vertreter Matthias Kissling.
Kirchgemeindepräsident Theo Ehrsam als ein Vertreter der CVP- und FDP-Liste hält demgegenüber fest, dass sich die Kandidaten der Liste 1 an das Konsultationsergebnis vom 25. Juni 2015 gebunden fühlen und daher einen Zweckverband realisieren wollen. Damals stimmten 28 von 31 Stimmberechtigen für den Zweckverband mit Offenheit zur Fusion. «Die GLK forciert die Fusion und will diesen Schritt überspringen, wir wollen vorerst einen Zweckverband, wie dies an einer weiteren Kirchgemeindeversammlung im Juni 2016 erneut bestätigt worden ist.» Die Vorteile dieser Rechtsform überwiegen für Ehrsam klar: Neben dem gemeinsamen Finanzhaushalt für den ganzen Pastoralraum Olten führt jede Kirchgemeinde weiterhin eine eigene Rechnung, die territoriale Verwurzelung der Kirchgemeindemitglieder wird nicht ohne Not aufgegeben und es kommt so nicht zu einer «sehr wahrscheinlichen Anonymisierung in einer Einheitskirchgemeinde». «Wir wollen zum engagierten Kern der Kirche vor Ort Sorge tragen.»
GLK-Vertreter Kissling hält Ehrsam entgegen: «Wir sind eine Kirche, nicht vier.» Und er ergänzt, dass eine fusionierte Kirchgemeinde die ressourcenschonendste Form sei und nur sie dem Pastoralraum eine staatskirchenrechtliche Struktur auf Augenhöhe entgegenstelle. Für Kissling findet auch Ehrsams Suche nach der Identität am falschen Ort statt: «Ort der Identität ist die Gemeinschaft der Feiernden und Engagierten in den fünf Kirchen des Pastoralraums, nicht die Kirchgemeinde. Letzte hat für eine funktionierende Infrastruktur zu sorgen», sagt Kissling.
Der Zusammenschluss der vier Kirchgemeinden Olten/Starrkirch-Wil, Trimbach, Ifenthal-Hauenstein und Wisen wäre die erste Fusion, die es nach der Errichtung eines Pastoralraums geben würde im Kanton Solothurn. Normalerweise kam es bisher zu Zweckverbänden, so war es etwa auch beim Pastoralraum Gösgen. Dessen Präsident Beat Fuchs sagt: «Am Anfang wurde auch bei uns mal eine Fusion angesprochen.» Man habe dann bemerkt, dass die Zeit noch nicht reif dafür sei. Die Synode Kanton Solothurn hat zwar vor einigen Jahren einen Leitfaden mit Empfehlungen herausgegeben, wie nach der Errichtung eines Pastoralraums vorzugehen ist. Dort werden alle Varianten durchgespielt – ausser die Fusion. Grund dafür: Das Thema sei zu komplex. Synodalratspräsident Kurt von Arx sagt dazu: «Eine Fusion ist ein Riesenschritt.» Normalerweise seien die Mitglieder und die Funktionäre noch nicht bereit, die Selbstständigkeit aufzugeben.» Spätestens aber, wenn der Druck wegen mangelnder personeller oder finanzieller Ressourcen grösser werde, könnte das wieder zum Thema werden. (fmu)
Doch der Streit um die Frage, ob ein Zweckverband oder eine Fusion die richtige Antwort auf den Pastoralraum ist, schwelt auch zwischen den vier Kirchgemeindepräsidenten. Nachdem klar war, dass über den vier Gemeinden ein Pastoralraum errichtet wird, wurde vor drei Jahren eine Kommission mit den vier Präsidenten eingesetzt. Ziel war eigentlich, bis Ende 2016 die Statuten für den Zweckverband auszuarbeiten, damit dieser noch vorgängig in Kraft tritt.
Doch es gab zum einen Unstimmigkeiten über die Stimmenverteilung und den Finanzierungsschlüssel. Daher ist die Sache derzeit auf Eis gelegt. Das Hauptproblem: Olten/Starrkirch-Wil ist mit 6240 Katholiken die grösste und finanzstärkste Gemeinde, was zu einem Ungleichgewicht führen könnte gegenüber den mittleren (Trimbach) respektive kleineren Gemeinden (Ifenthal-Hauenstein und Wisen).
Zum anderen will man die Abstimmung vom Wochenende abwarten, ob Wisen mit der Kirchgemeinde Trimbach fusionieren möchte. Präsidentin Martina Nussbaumer setzte sich für ein Ja ein. Sie ist auch für eine Fusion aller vier Kirchgemeinden. Sollten die Wisner die Fusion annehmen, werden die Trimbacher im Herbst an der Urne das Ja bestätigen müssen. Aus Sicht des Trimbacher Präsidenten John Steggerda eine Formsache. Seiner Meinung nach wäre nach der Errichtung des Pastoralraums eine Fusion über alle vier Gemeinden die einfachste Variante. «Weil dies ein relativ grosser Schritt ist, ist ein Zweckverband aber realistischer.»
Die Kirchgemeinde Ifenthal-Hauenstein hält derzeit weder einen Zweckverband noch eine Fusion für nötig. «Wir wollen vorerst einmal eigenständig bleiben», sagt Präsidentin Bernadette Renggli. Vorstellen könnte sie sich dereinst als ersten Schritt eine Fusion mit Trimbach, mit welcher die Kirchgemeinde schon seit längerem Pfarrer und Katecheten teilt.
Die Stimmung in der Präsidenten-Kommission ist alles andere als gut. Es soll Spannungen geben zwischen Olten und den drei anderen Kirchgemeinden. Eine angedachte Mediation kam nicht zustande. Der designierte Pastoralraumleiter Andreas Brun bezeichnet das Verhältnis zwischen den Kirchgemeinden als «herausfordernd». Vielleicht sei die Zeit zu kurz gewesen, um die Sache richtig auszudiskutieren. Er würde den vier Kirchgemeinden eine Fusion empfehlen. «Dies wäre ein mutiger Schritt in die Zukunft.»