Eine Lesung mit Kolumnist Rhaban Straumann und die Auflösung des Schreibwettbewerbs zum Thema Olten waren am Samstag die Eckwerte am StadtLesen unter freiem Himmel auf der verkehrsfreien Kirchgasse.
Unmittelbar entstanden sind Rhaban Straumanns Geschichten aus Kanadas hohem Norden, in Yukon und British Columbia, den beiden westlichsten Provinzen Kanadas. Drei Monate lang hat sich der Schauspieler und Literat mit seiner Gemahlin dort aufgehalten; dort, wo man, wie Straumann in seiner knapp halbstündigen Lesung zum Besten gab, noch unvermittelt auf Schwarzbären und Adler trifft, der Wald in trockenen Sommern einfach so vor sich hin brennt und wo die Dramaturgie des Lebens durch schicksalhafte Zufälligkeiten und wenig durch Arrangiertes bestimmt ist. Trotzdem oder gerade deshalb: «Ich hatte immer Papier und Schreibstift dabei», sagt er. Und über das Fluidum eines Gebiets, gut so gross wie Deutschland, aber lediglich von 40 000 Individuen bewohnt, meint er: «Eine doch angenehme Atmosphäre.»
Sechs Reisekolumnen...
...mit Straumann sollten es werden an diesem Samstagnachmittag; es wurden dann deren Vier. Zwei Kurzgeschichten nämlich handelten von Exterritorialem (ein Schreckmümpfeli bei heiterhellem Tag) und eine Geschichte thematisierte das rigide Verständnis von Einbürgerungsbehörden, nach welchem sie den Informationsstand Einbürgerungswilliger zu beurteilen suchen. Da trug der Weltenbummler Straumann bei aller Wildniserfahrung dann doch seine Verbundenheit und sein Interesse an der verlassenen «alten Heimat» nach aussen. «Die ist halt auch schön», bilanziert er. Was seinen Preis hat: In Vancouver (gut 600 000 Einwohner) hat sich das Paar zum Finale des Nordamerikaaufenthalts just auf jene gutschweizerische räumliche und soziale Enge vorbereitet, die nach drei Monaten doch noch in Erinnerung geblieben war. Verständlich. Wer erträgt den Abschied von Elch und Bär, den unkomplizierten Menschen wie Paul und Doug zwischen Faro Town (300 Einwohner und nach einem Kartenspiel benannt) und den endlosen scheinenden Moosfeldern ohne Pufferzone denn schadlos? Straumann bringt seiner Fangemeinde denn auch ein hübsches «Goody» mit. Die gesammelten Reisekolumnen erscheinen ab Januar in hiesigen Knapp Verlag.
Weniger Literarisch arriviert...
...dann die Auftritte jener sieben Teilnehmenden, die zusammen mit weiteren 18 Autoren am StadtLesen-Schreibwettbewerb mitgemacht hatten. Thema: Olten. Stunden zuvor noch hatten Geschichten aus Kanada gelockt, nun war die Region an der Reihe. Es lockten Ferne und Nähe also gleichsam. Zu Gehör kamen etwa Erinnerungen an Kindheit und Jugend (Hildegard von Büren, Obergösgen), Bahnhofsgeschichten (Karin Schmid, Luzern), eine dichte Abhandlung historisch-kultureller Momente und Fantasien, welche ihren Ausgang im Gerüche verbreitenden Dampfabzug des Rail-Bistros hatten (Peter Killer, Olten) oder die abrupt und nüchtern endende Geschichte eines mutig in die Aare springenden Mannes, der eine lebensmüde Frau vor dem sicheren Tod rettet. Mangels Fürsorge der umstehenden Polizisten und Rettungssanitäter holt er sich dabei eine Lungenentzündung und stirbt daran (Friedericke Millns, Olten).
Sieger...
...aber wurden andere. Roland Mäder, Wolfwil, holte sich mit seiner Erzählung «Die Türe» ebenso eine Auszeichnung wie Stephan Habegger aus Wangen mit seinem Werk «Die Hexe von Olten». Während der Wolfwiler eine in zahllosen Szenen- und Ebenenwechseln verlaufende Geschichte um Liebe, Grobheiten, schierer Sklaverei, Gewohnheiten und Selbstfindung präsentierte, wagte sich Habegger an ein Werk mit historischem Hintergrund: an die Geschichte von Metzina Wächter, jener Frau, die als Hexe von Olten in die Geschichtsschreibung einging. Deren Zauber soll Grund dafür gewesen sein, dass die bernischen und solothurnischen Belagerer Oltens im Jahre 1383 von einem Unwetter heimgesucht wurden und darum die Belagerung nach wenigen Stunden aufgaben. Wächter wurde aber nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Sie erhielt für ihre angebliche Hexerei das Verbot, jemals wieder bernisches Hoheitsgebiet zu betreten. Die Geschichten werden, so Wettbewerbsleiter Daniel Kissling, im Kulturmagazin Kolt beziehungsweise im Literaturmagazin NaRr veröffentlicht.
Lesungen...
...mit Milena Moser, Rhaban Straumann, Sylvia Aspinall sind das eine: Aber wer schaut eigentlich zu den rund 3000 Büchern, die StadtLesen nach Olten gebracht hat? Eine aus dem verantwortlichen Trio ist Isabel Jaskolski aus Düsseldorf, die ihre erste Saison mit StadtLesen verbringt. «Am häufigsten wollen die Leute wissen, welches Buch ich ihnen empfehlen kann», sagt die studierte Historikerin (Ur- und Frühgeschichte). Dann versuche sie mit Fragen herauszufinden, an welchem Genre die Leute interessiert seien. Und? «Frauen lesen häufig Krimis, und zwar die blutrünstigsten die zu haben sind», stellt Jaskolski fest, die auch bei der StadtLesenTour 2014 dabei sein wird. «Ich finde den Mix aus Literatur und Begegnungen spannend», sagt sie und meint zudem, dass sich Olten sehr gut gemacht habe als StadtLesen-Ort. «Ich finde, die Leute hier sind sehr engagiert, interessiert und haben ein besonders Bewusstsein für Kultur.» Na bitte.