Olten
Spanisches, ein Harfenist der Weltklasse und eine Uraufführung

Das Kammerorchester Basel gastierte unter Philipp Bach im fast bis auf den letzten Platz besetzten Konzertsaal. Auf dem Programm standen Werke verschiedener spanischer Komponisten und im Kontrast dazu eine neue Komposition des Schweizers Rico Gubler.

Kurt Heckendorn
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Der Harfenist Xavier de Maistre – sonst in den grossen Konzertsälen der Welt zu Hause – spielte den Solopart im berühmten «Concierto de Aranjuez». Remo Fröhlicher

Der Harfenist Xavier de Maistre – sonst in den grossen Konzertsälen der Welt zu Hause – spielte den Solopart im berühmten «Concierto de Aranjuez». Remo Fröhlicher

Remo Fröhlicher

Zu einer erfreulichen Wiederbegegnung kam es am Freitagabend im fast bis auf den letzten Platz besetzten Konzertsaal Olten. Zu Gast war erneut das in allen Registern bestens besetze Kammerorchester Basel, das heute – dank wegweisender CD-Einspielungen, dank zahlreicher erfolgreicher internationaler Tourneen und intensiver Zusammenarbeit mit herausragenden Dirigenten – zu den bedeutendsten Schweizer Orchestern zählt.

An diesem Abend spielte es unter der unspektakulären, aber klug disponierenden und sorgfältig führenden Leitung des jungen Schweizer Dirigenten Philipp Bach. Auf dem Programm standen Werke der spanischen Komponisten de Falla, Rodrigo und Arriaga und – in starkem Kontrast dazu – eine neue Komposition des Schweizers Rico Gubler.

Farbenprächtige Sätze

Als Einstimmung zuerst Manuel de Fallas elementare Musik zu «El amor brujo» in der Urfassung von 1915. Eine kleine Formation – wenige Streicher, Flöte, Oboe (Englischhorn), Trompete, zwei Hörner und Klavier – spielte die farbenprächtigen, von grossen dynamischen Unterschieden geprägten kurzen Sätze, die raffiniert instrumentiert so viel spanisches Kolorit vermitteln.

Etwas blass blieb Lilia Tripodi, die mit ihrem dunkel timbrierten Mezzosopran die drei Canciones – Del amor dolido; Del fuego fatuo und De la bruja finida – ganz im Gegensatz zu den glänzend aufspielenden Instrumentalisten etwas gar verhalten sang. Der von Philipp Bach zur Apotheose gesteigerte Finalsatz (Las campanas del amanecer) bildete die passende Überleitung zum Hauptwerk des Abends.

Der Harfenist Xavier de Maistre – sonst in den grossen Konzertsälen der Welt zu Hause – spielte den Solopart im berühmten «Concierto de Aranjuez» – ursprünglich für Gitarre und Orchester geschrieben – in einer faszinierenden Bearbeitung durch den Komponisten Joaquin Rodrigo. Der phänomenale Virtuose spielte die Ecksätze mit stupender Leichtigkeit, all die vielfältigen Klangmöglichkeiten – von gläserner Zerbrechlichkeit bis zum opulenten Aufrauschen – seines königlichen Instrumentes brillant einsetzend. Rasende Läufe oder Arpeggien gerieten unter seinen «Zauberhänden» in bestechender Klarheit.

Adagio – klanglicher Höhenpunkt

Zum klanglichen Höhepunkt wurde der 2. Satz (Adagio) mit dem immer wieder berührenden Solo des Englischhorns im dichten Zusammenklang mit dem Soloinstrument über gedämpften Akkorden der Streicher – dank Philipp Bach getragen von nie erlahmender Spannung.

Mit zwei Zugaben – einem Abstecher nach Italien mit abenteuerlichen Variationen über den unverwüstlichen «Carneval de Venise» und einem exemplarischen Harfenstück – bedankte sich der Ausnahmekünstler Xavier de Maistre für den jubelnden Beifall des beglückten Publikums.

Experimentelle Klänge

Neue Töne waren nach der Pause zu vernehmen. Als Uraufführung durften die Zuhörer ein neues Werk von Rico Gubler (*1972) kennenlernen. Die Komposition «O-Ton für Kammerorchester» – vier wohltuend kurze Sätze «Accalmatio», «Berichterstattung», «Weltlich» und «Bonus Track» für Streicher, Flöte, Trompete, Horn und Klavier – ist dem BKO gewidmet und wurde von allen Beteiligten mit viel Sorgfalt und Engagement in Töne umgesetzt.

Vielfältige experimentelle Klänge und ungewohnte Spielweisen werden eingesetzt, O-Ton-Sprachfetzen – aus Reden oder Werbebotschaften – in der Art einer Collage durch Klänge überlagert oder durch Summen der Streicher oder Glissandi gefärbt.

Nach dem überraschenden Schluss durfte sich der Komponist über den freundlichen Beifall des leicht irritierten Publikums freuen.

Romantisches Andante

Zu einer schönen Entdeckung wurde die «Sinfonia a gran orquesta» D-Dur von Juan Crisóstomo de Arriaga (1806–1826), die er kurz vor seinem frühen Tod 1826 in Paris geschrieben hat. Wer sich auf einen heiteren, entspannten Ausklang des Konzertes gefreut hatte, wurde abermals überrascht. Von Philipp Bach und dem stets aufmerksam folgenden Orchester spannend gestaltet, fehlten den vier Sätzen weder heftige Akzente noch samtene Streicherklänge oder virtuose Bläserpassagen.

Ein originelles Adagio als spannende Einleitung zu einem dramatisch gesteigerten Allegro; ein romantisches Andante, ein derbes Menuetto, mit einem Trio mit einem berückend schön geblasenen Flötensolo – und ein drängender, aber auch von eleganten Episoden durchsetzter, stürmischer Finalsatz: Alles Musik, mit der der so jung verstorbene Komponist schon weit in die Zukunft wies.