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Konrad Schibli will das Youcinema in Olten zu einem Kino mit Wohnzimmer- Atmosphäre umbauen und liebäugelt damit, das neue Format auch in grösseren Städten umzusetzen – das Kino Palace hingegen gibt es bald nicht mehr.
Es gibt Unternehmer, die zählen zuerst das Geld und schauen dann, was damit alles möglich ist. Es gibt hingegen auch jene, die haben zuerst mal eine Idee und kümmern sich erst später darum, wie das überhaupt bezahlbar ist. Konrad Schibli, der in der Stadt unter seinem Spitznamen «Kinokoni» bekannt ist, gehört eindeutig zur zweiten Sorte. «Wenn ich von einer Idee überzeugt bin, versuche ich, diese auch zu realisieren.» Das kann dann schon mal schiefgehen.
Wie kürzlich beim Virtual Reality Cinema in seinem Kinokomplex in Oftringen, bei dem sich Besucher eine Brille aufsetzen und virtuell die Bobbahn in St. Moritz hinunterfahren konnten. «Das war ein absoluter Flop», sagt Schibli. Nicht alles, was in Los Angeles oder London klappt, wo er immer wieder die neuesten Trends aufschnappt, funktioniert auch in der Schweiz.
Doch der 49-Jährige lässt sich davon nicht unterkriegen und plant bereits die Umsetzung der nächsten Idee, von welcher er ebenso überzeugt ist: Schibli will das bisherige Oltner Youcinema mit vier Sälen zu einem Kino mit Wohnzimmer-Atmosphäre umbauen.
Bequeme Sofas und Loungesessel sollen die bisherigen engen Kinostühle ersetzen. Die Armlehnen müssen nicht mehr geteilt werden, die Beinfreiheit wird grösser. Tischchen sorgen dafür, dass die Besucher mehr konsumieren können als die bisher üblichen Popcorns und Nachos. «Wir wollen kulinarisch mehr bieten», sagt Schibli.
Das heisst: Zum bisherigen «Subway» mit frischen Sandwiches und zum «Wokami» mit asiatischen Take-away-Gerichten, welches neu ebenfalls ins Foyer des Kinos zügelt, gibt es ein drittes gastronomisches Standbein im Fingerfood-Bereich. «Es muss lecker sein. Das neue Angebot wird daher sicher nicht aus Fertiggerichten bestehen.»
Mit dem Umbau wird die Kapazität um rund 40 Prozent abnehmen: Statt 420 gibt es neu nur noch 250 Sitzplätze. Die fehlenden Einnahmen aus den Eintritten hofft Schibli mit einem höheren Pro-Kopf-Konsum zu kompensieren. «Es ist nicht vorgesehen, den Ticketpreis zu erhöhen.» Nächstes Jahr will Schibli mit dem Umbau beginnen.
Falls die gesamte Finanzierung für das rund 1,2 Millionen Franken teure Projekt nicht auf einmal zustande kommt, kann er sich auch eine schrittweise Umsetzung vorstellen. Zuerst beginnen will er mit dem grössten Saal 1. Der ist über 30 Jahre alt und hätte unabhängig vom neuen Konzept eine Auffrischung nötig, sagt Schibli.
Das neue Konzept bringt auch einen Namenswechsel mit sich: Statt «Youcinema» soll der Standort an der Alten Aarauerstrasse künftig «Kinokoni’s» heissen. Leute, welche die Gemütlichkeit und das Persönliche bei einem Glas Wein und einem Apéro-Plättchen schätzen, will der Unternehmer mit dem neuen Format ansprechen. «Sie sollen zu mir ins Kino kommen», wie er mit dem Namen andeutet.
Und er möchte damit bewusst einen Kontrapunkt zu seinem Kinokomplex mit sechs Sälen in Oftringen setzen, die mehr auf die breite Masse ausgerichtet sind. «Es wäre komisch, wenn ich den Namen Youcinema in Olten beibehalten würde für ein Konzept, das sich zu Oftringen unterscheidet», begründet Schibli. Ebenfalls geplant ist, im Foyer die Kinogeschichte Oltens der letzten rund 50 Jahre abzubilden anhand alter Fotos, Zeitungsberichten oder Videomaterials. Das wäre vor allem die Geschichte seiner Familie, die in Olten in den letzten Jahrzehnten die Kinoentwicklung geprägt hat.
Schibli glaubt, mit dem neuen Konzept den Platz Olten wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Wie er kürzlich gegenüber dem Stadt- und Kulturmagazin «Kolt» sagte, wird der Standort Olten derzeit quersubventioniert. Die Besucherzahlen seien in den letzten Jahren um die Hälfte zurückgegangen – unter anderem wegen des Kinokomplexes in Oftringen.
Er konkurrenziert sich sozusagen selbst. Wurden vorher 170'000 Kinoeintritte in Olten verzeichnet, so sind es seit 2008, der Eröffnung von Oftringen, nur noch rund 80'000. Zudem kam es in diesem Jahr in der Stadt zu einem weiteren Rückgang der Besucherzahlen von 30 Prozent. Das schreibt Schibli aber vor allem dem guten Wetter, der Fussball-Weltmeisterschaft und den fehlenden Blockbustern zu.
Trotzdem haben die schlechten Zahlen Folgen für Olten: In ein bis zwei Jahren will Schibli das Kino Palace schliessen und dort ein «innovatives Bürokonzept» umsetzen. «Einzelsäle in der Stadt sind kaum noch rentabel zu betreiben.» Schibli könnte sich dort etwa ein Coworking-Büro-Konzept vorstellen: Firmen oder Freiberufler mieten dabei einen voll ausgerüsteten Arbeitsplatz für eine bestimmte Zeit.
Zwar ist auch das Kino Capitol in Olten ein Einzelkino. Dort beginnt allerdings Schiblis Drei-Säulen-Konzept nach der Renovation zu greifen: Neben Filmen in Originalsprache sind im Saal mit Loungesesseln auch Seminarveranstaltungen und Kulturanlässe tagsüber oder am Abend möglich. Die Einnahmen in diesem Bereich übertreffen bereits nach wenigen Monaten jene aus dem Kinobetrieb. «Mit 40 bis 50 Personen pro Vorstellung lässt sich das Capitol wirtschaftlich betreiben», sagt Schibli.
Der Rückgang bei den Kinoeintritten lässt sich auch in Zahlen nachweisen: 1980 wurden laut dem Bundesamt für Statistik schweizweit über 20 Millionen Tickets verkauft, im letzten Jahr waren es noch 13,5 Millionen, also rund ein Drittel weniger. Trotz des Besucherrückgangs ist Schibli weiterhin ein «Kinofreak», der an die Zukunft der Branche glaubt. Ein Beispiel: Am Tag des Kinos am ersten Septembersonntag zählte er in seinen 13 Sälen 6200 Eintritte – trotz fehlender Kassenschlager. «Es war ein genialer Tag.»
Schibli ist ein Mann, der an seine Ideen glaubt. Nach dem Umbau des Oltner Youcinema zu «Kinokoni’s» kann sich der Unternehmer vorstellen, sein Wohnzimmer-Konzept auch in grösseren Städten umzusetzen. Er nennt Bern, Basel oder Luzern als mögliche Standorte.
Er rechnet sich damit gute Chancen aus, dass Kino «in der Innenstadt zu retten». Die Entwicklung, dass Multiplexkinos in den Agglomerationen die Betriebe in der Innenstadt ersetzen, gibt es nicht nur in der Region Olten. Schibli verweist auf die Kinokette Kitag, die alle fünf Standorte in Bern schliessen will und dafür ein Multiplexkino in Muri vor den Toren der Bundeshauptstadt eröffnete. Es ist das zweite nach jenem im Shoppingcenter Westside.
In Basel gibt es sogar bald drei Multiplexkinos ausserhalb des Zentrums. Schibli: «In der Innenstadt braucht es heute keine grossen Säle mehr, sondern kleine zielgruppenspezifische Konzepte.» So wie sein Wohnzimmer-Format. Alles, was er für die Expansion seiner Idee über Olten hinaus noch braucht, ist eine freie Gewerbefläche zwischen 500 und 1000 m2, die er auch dank des Lädeli-sterbens zu einem bezahlbaren Preis zu finden hofft – und das nötige Kleingeld.
(22.09.2018)