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Nach mehr als zwei Jahrzehnten unter der Ägide von Liselotte Portmann schliesst das Oltner «Bioland» Ende April. Die Coronakrise ist der Hauptgrund.
Nicht dass sie verzweifelt wäre; nein. Dafür ist Liselotte Portmann, seit mehr als zwei Jahrzehnten Geschäftsführerin vom Oltner «Bioland» gleich hinter dem Bahnhof, dann doch zu robust. «Ach, wissen Sie: Eigentlich habe ich noch Glück gehabt», sagt sie dann. Als mittlerweile 64-Jährige wollte sich noch zwei, drei Jahre mit dem «Bioland» verbringen. «Weil es Spass macht», wie sie betont. Jetzt aber, mit der Coronakrise, in deren Verlauf sie bereits eine gute mittlere fünfstellige Summe aus der eigenen Tasche in den Betrieb eingeschossen hat, kommt sie zum Schluss: «So macht es wirklich keinen Spass mehr.»
Keine Kunden, keine Sitzungen, keine Essen. Restaurant geschlossen. Alles dahin. Aber sie sei froh, «Bioland» über 21 Jahre geführt und damit ihren Lebensunterhalt verdient zu haben. «Stellen Sie sich vor, das alles wäre zwei, drei Jahre früher passiert! Da hätte ich mir noch einiges überlegen müssen, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen», ruft sie aus.
Jetzt, als Pensionierte, sei das kein gravierendes Problem mehr. Ende April ist es so weit. Dann schliesst das «Bioland» seine Tore, für immer. Zwei Angestellte verlieren die Arbeit.
Um staatliche Gelder in der Krise hat sie sich wenig bemüht: «Viel zu kompliziert das Ganze», ruft sie in den Raum hinaus und verwirft dabei die Hände. «Nein, wirklich: Gefühlte 30 Seiten wären da auszufüllen gewesen.» Nicht das Ding der Liselotte Portmann. Ihr Ding ist die 100-prozentige biologisch-vegetarische Kost. Damit ist jetzt Schluss in Olten.
«Manchmal», so verrät sie neckisch, «haben wir auch ein veganes Menü gereicht. Aber den Gästen haben wir nichts gesagt.» Man müsse den Leuten ja auch nicht immer alles auf die Nase binden. Sie lacht.
Die gut zwei Jahrzehnte haben der 64-Jährigen viele erfreuliche Momente gebracht. Frau Bioland, wie sie sich manchmal scherzhaft bezeichnet, hatte die tollsten Momente mit ihren Café-Surprise-Kunden. Café-was-Kunden? «Ich sehe schon, Sie kommen wieder mal nicht nach.» Ihr Reflex auf eine derartige Nachfrage. Dann räuspert sie sich. Als regulärer Gast konnte man bei Liselotte Portmann statt eines Kaffees deren zwei bezahlen. Den einen trank man selbst, der andere fiel an eine randständige Person.
Selbiges galt auch für ein Menü. Die offerierten Getränke und Menüs fixierte Liselotte Portmann mit Kreidestrichen auf einer Schiefertafel. Ab und an kamen solche Kunden vorbei, um nachzufragen. «Man musste hart bleiben», sagt die Wirtin. Manchmal sollte Kaffee gegen Bier eingetauscht werden. Aber: Frau Bioland widerstand.
Was sie wirklich beelendet: Mit dem Verschwinden des «Biolandes» verschwindet auch das einzige vollbiologisch-vegetarische Restaurant in Olten. «So etwas schmerzt schon», gesteht sie. «Für eine Stadt wie Olten!», reicht sie noch nach.
Ihr grösster Verdruss in all den Jahren? Sie hat sie sich immer wieder darüber geärgert, dass Köche so wenig Sinn haben für die Wiederverwertung von Speisen. «Fortwerfen – das kann jeder», sagt sie leicht echauffiert. Aber mit Fantasie eine Suppe aus Krautstiel zur Wiederverwertung aufbereiten, daran mangle es doch. Und auch der Umstand, dass zur Kochausbildung zwingend die Zubereitung von Fleisch gehört, hat sie «daneben» gefunden.
Und jetzt? Fertig. Sie wird das Restaurant nicht wieder öffnen, auch wenn die verordnete Schliessung Ende Februar allenfalls aufgehoben wird. «Ja, da wären noch März und April. Alles für zwei Monate wieder hochfahren?», fragt sie und gibt die Antwort gleich selbst. «Nein, das dann doch nicht.» Und so ist sie derzeit beschäftigt mit dem Ausverkauf ihrer Ware aus dem Bioladen. Andere interessieren sich für Teile des Interieurs; etwa den Handkarren und dessen Preis. «Ich weiss doch nicht, was der wert ist», sagt sie.
Es wird hinter dem Bahnhof an der Tannwaldstrasse 44 kein anderes Restaurant einziehen. Das hat ihr der Vermieter, die Pro Filia, bereits gesagt. Wie die Kantonalpräsidentin von Pro Filia, Therese Suter, auf Anfrage erklärt, wird tatsächlich kein Restaurationsbetrieb mehr folgen. «Es ist zwar noch nicht ganz klar, wie die künftige Nutzung aussehen wird, aber höchstwahrscheinlich werden wir die Räumlichkeiten für den Eigenbedarf nutzen», gibt die Präsidentin zu verstehen.