Die Dachschadengesellschaft spielt Wolfgang Borcherts «Draussen vor der Tür» Anfang Dezember im Theaterstudio.
In ihrem elften Bestehungsjahr hat sich die Dachschadengesellschaft (DSG) an die Erarbeitung eines alten Klassikers, der aktueller nicht ins Zeitgeschehen passen könnte, gemacht. Die zehn Jahre Erfahrung werden gnadenlos ausgereizt und mit alten sowie frischen Protagonisten ein weiteres Mal auf die Spitze getrieben.
Borcherts «Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will» ist eine willkommene Herausforderung, welche das Publikum mit DSG-Charme in die Abgründe der menschlichen Herzlosigkeit begleitet. Aber keine Angst, denn die Regieoffizierin Kerstin Schult wird es auch dieses Jahr in ihrer 17. Inszenierung meisterlich verstehen, dabei keinen draussen vor der Tür stehen zu lassen.
Mit «Draussen vor der Tür» begibt sich die ambitionierte Theatergruppe aus Olten an ein herausragendes Stück der sogenannten Trümmerliteratur, welche knapp nach dem 2. Weltkrieg in kurzen, aber umso schlagkräftigeren Ausbrüchen sich daran wagte, die menschlichen Abgründe zu erforschen, welche derartige Gräuel überhaupt erst ermöglichten.
Das wohl bekannteste Stück von Wolfgang Borchert bezieht seine Schlagkraft aus eher einfachen Dialogen, die gerade durch das absolute Weglassen von tiefgründigen Analysen kaum tiefgründiger sein könnten, denn schliesslich bleibt hier weit mehr als nur das gegenseitige Interesse aneinander draussen vor der Tür.
Stattdessen lässt sich tief hinein blicken ins zerrüttete Innenleben des Soldaten Beckmann, der ja eigentlich nichts weiter will, als endlich einmal tieftief pennen. Zu spät ist dieser arme Kerl aus der sibirischen Kriegsgefangenschaft wieder heimgekehrt, als dass irgendwer in seinem heimatlichen Hamburg noch sein Wehklagen hören will.
Öffentliche Generalprobe: Mittwoch, 30. November, 20 Uhr
Premiere: Donnerstag, 1. Dezember, 20 Uhr
Freitag, 2. Dezember, 20 Uhr Samstag, 3. Dezember, 20 Uhr
Derniere: Sonntag, 4. Dezember, 19 Uhr
Vorverkauf: www.dsg-theater.ch/tickets oder Abendkasse, Barbetrieb eine Stunde vor Beginn.
Längst herrscht wieder das dickste Zivilleben vor und man hat deshalb so gar keinen Bock mehr auf einen, der die gesellschaftlichen Verfehlungen als wandelndes Gespenst aus der Vergangenheit mit Leib und noch halblebendiger Seele vor Augen führt. Und so bleibt der Antiheld, genauso wie tausend andere als stummes Mahnmal ihrer Zeit am Schluss ganz alleine zurück.
«Das Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will», schrieb Borchert unter sein Werk. Eine harte Ansage, welche das Interesse der DSGler von Anfang an in den Bann zog. Was ist es denn, was kein Publikum sehen will? Dass da irgendwo draussen vor den Grenzen unserer ach so heilen Welt noch die grosse graue Zahl derer warten, welche wir einfach nicht sehen wollen. Die Solidarisierung mit genau denen – auch wenn das keiner sehen will – ist nichts weiter als unsere Menschenpflicht.
«Als Theaterschaffende lassen wir für einmal gerne das ewige Politisieren und laden das Publikum stattdessen auf einen mehr oder minder gemütlichen Spaziergang an der herbstlichnebligen Elbe ein. Lauschen wir für einmal einer derjenigen Stimmen, denen keiner mehr zuhört – einer nur», so findet die Dachschadengesellschaft.