Seit dem Lockdown wird mehr gelesen

Die Jugendbibliothek Olten mit Leiter Roland Hochstrasser verzeichnet trotz der Schutzmassnahmen mehr Anmeldungen.

Rebecca Rutschi
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Roland Hochstrasser vor dem Computer, der für die Bücherwahl wegen Corona zeitweise nicht benutzt werden durfte.

Roland Hochstrasser vor dem Computer, der für die Bücherwahl wegen Corona zeitweise nicht benutzt werden durfte.

Bild: bko

Im Frühling schloss mit dem Lockdown auch die Jugendbibliothek Olten. Während dieser Zeit beschränkte sich ihr Angebot auf digitale Inhalte wie E-Books. Dieses Angebot teilte sie mit einem Verbund von einigen anderen Bibliotheken im Umfeld – beispielsweise der Stadtbibliothek Olten oder der Zentralbibliothek Solothurn. «Als einzelne Bibliothek könnte man das nicht anbieten. Der Aufwand wäre zu gross und die Preise zu hoch», meint Roland Hochstrasser, Leiter der Jugendbibliothek Olten. Die Auswahl an E-Books für Kinder und Jugendliche sei zuerst sehr überschaubar gewesen. Die vergangenen Monate konnte man das Angebot jedoch vergrössern.

Im Mai, eine Woche nach den Läden, durfte schliesslich auch die Jugendbibliothek ihre Pforte wieder öffnen. «Das fühlte sich sehr speziell an», sagt Hochstrasser. Man habe damals schliesslich weniger über das Virus und den Umgang damit gewusst und dennoch habe sich der Alltag stark verändert. In der Jugendbibliothek kommen zum Beispiel alle ausgeliehenen Medien nach Rückgabe in Quarantäne und können nicht sofort wieder ausgegeben werden. Zudem habe jeweils eine Person an der Eingangstür eine Einlasskontrolle durchführen müssen. In den Räumen der Bibliothek sind nämlich nur 14 Besucherinnen und Besucher erlaubt. Ebenso speziell fühle es sich auch an, dass die Jugendbibliothek kein sogenannt Dritter Ort mehr sein kann. Eine solche Lokalität der Begegnung sind neben Bibliotheken etwa Cafés. Der erste Ort ist das Zuhause und der zweite Ort die Schule oder der Arbeitsplatz. Mit dem bestehenden Schutzkonzept ist das nicht mehr möglich. Bis auf einen Tisch mit zwei Stühlen sind alle Sitzmöglichkeiten, die zum Verweilen oder Lesen einladen, verschwunden.

Doch trotz allen Schutzmassnahmen leihen nicht weniger Menschen Bücher aus. Im Gegenteil: Hochstrasser berichtet, dass sich nach dem Lockdown mehr Personen in der Bibliothek angemeldet haben. Das sei verständlich, denn Bücher böten zwei grosse Chancen, meint der Bibliothekar. Zum einen seien sie eine gute Quelle, um sich vertieft mit dem Thema Covid-19 auseinanderzusetzen. Zum andern eine Fluchtmöglichkeit, um während des Lesens die verunsichernde Realität zu vergessen und in eine andere einzutauchen.

Auf die Frage, wie er die Zukunft der Bibliotheken, in wachsender Konkurrenz mit digitalen Inhalten wie Netflix oder YouTube, sehe, sagt Hochstrasser: «Ob es Bibliotheken in dieser Form noch geben wird, steht in der Sternen. Ich bin aber überzeugt, dass Menschen weiterhin lesen werden.» Das Gehirn brauche den Reiz, sich zu Geschichten selbst Bilder vorzustellen. Diese Eigenschaft verkümmere, wenn man es nur mit Videoinhalten füttere. Das Lesen steigere zudem die Fähigkeit, Beziehungen und Verknüpfungen zu erkennen. Das sei hilfreich, wenn man sich mit einem Thema auseinandersetze. «Ein Buch bietet ausserdem den Vorteil, dass man es überall und jederzeit aufklappen und in die Welt der Geschichte abtauchen kann. Unabhängig von Strom oder Internetzugang», sagt er ab.