Trotz Parkinson
Oltnerin fährt für SRF-Doku mit Huskys durch Lappland

Die Oltnerin Silvia Lerch erfüllte sich einen Kindheitstraum. In Lappland nahm sie für einen SRF-Dokumentarfilm an einem Schlittenhund-Trail teil. Ihre Krankheit Parkinson stand dem Abenteuer nicht im Weg.

Joshua Guelmino
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Mit dem Hundeschlitten durch tief verschneite Waldstriche Lapplands: der Traum von Silvia Lerch aus Olten.
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Silvia Lerch in Lappland
Mit einer gebührenden Portion Respekt freundete sich Lerch mit den Hunden an.
Lerch ist mit vier weiteren Teilnehmern für die Doku unterwegs.

Mit dem Hundeschlitten durch tief verschneite Waldstriche Lapplands: der Traum von Silvia Lerch aus Olten.

SRF/Jaakko Posti

Seit sie 10 Jahre alt ist, träumte Silvia Lerch davon, einmal einen längeren Trail mit Schlittenhunden zu machen. In ihrer Kindheit waren es das Buch «Wolfsblut» von Jack London und die Werke von Nicolas Vanier, die ihre Leidenschaft für Huskys und Wölfe entfachten. Ihren Traum erfüllte sie sich ein erstes Mal 2005, als sie einen Halbtagestrip mit Schlittenhunden machte. Weitere Trips folgten. Lerch wusste: Sie will mehr.

Dazwischen kam die Diagnose Parkinson

Aber: 2015 kam die Diagnose Parkinson. Ein Schock für die damals 42-Jährige. Die Diagnose stellte ihr Leben auf den Kopf und Silvia Lerch legte ihre Träume vorerst auf Eis. Nach einiger Zeit rappelte sie sich wieder auf und versprach sich selber, ihre Ziele weiter zu verfolgen, «auch wenn der ‹Parkigei› manchmal dazwischen krächzt», wie sie erzählt. «Als ich dann auf SRF einen Trailer für eine Doku mit Schlittenhunden in Lappland sah, wusste ich sofort: Das meine Chance ist», erzählt sie. Lerch setzte sich an den Computer, verfasste ein Bewerbungsschreiben. «Die Konkurrenz war gross und ich wollte auffallen.» Also schrieb sie aus der Perspektive ihres Plüschtiers Slushy, welches auf ihren bisherigen Reisen immer dabei war und für Fotos an bekannten Orten vor der Kamera posierte.

Bald meldete sich Projektleiter Frank Senn. Die beiden führten ein langes, intensives Gespräch. Es folgten Abklärungen mit ihrem behandelnden Arzt. Schnell war klar: Die Krankheit sollte dem Abenteuer nicht im Weg stehen.

Am Flughafen traf sie dann die anderen Teilnehmer der Expedition. Ein Mann und vier Frauen wurden für den Dokumentarfilm ausgewählt. «Projektleiter Frank hat bei der Auswahl der Protagonisten ein feines Händchen bewiesen», schwärmt Lerch. «Wir waren alle so unterschiedlich und trotzdem hat’s super gepasst». Ab ihrer Ankunft am Flughafen Zürich wurde sie von mehreren Kameras gefilmt. Die 46-Jährige störte sich jedoch kaum daran: «Zuerst war es etwas komisch, aber nach 10 Minuten hat man die vergessen und geniesst einfach den Moment».

Im tiefen Norden Finnlands angekommen reiste das Team über Kittilä nach Ylläsjärvi zur Husky-Ranch von Juko Ylipiessa. Dort kam es für Silvia Lerch auch zu ihrer ersten Begegnung mit den Huskys. «Juko war froh, dass wir nicht gleich auf die Tiere losstürmten, um Selfies zu machen», erklärt Silvia Lerch, «denn Schlittenhunde sind Arbeitstiere und keine Schosshündchen». Mit einer gebührenden Portion Respekt freundete sich Lerch mit den Hunden an: «Juko meinte, die Hunde seien schon lange heiss, endlich loszufahren». Nach einer Instruktion kleidete sich Silvia Lerch mit mehreren Schichten und einem dicken Mantel ein und machte sich bereit für ihre erste Fahrt mit dem Schlitten.

Auf der Suche nach dem Zeitgefühl

Der erste Tag zeigte sich noch etwas zäh: «Ich war etwas durcheinander, weil die Sonne so früh unterging», erklärt Lerch, weshalb sie ihr Zeitgefühl etwas verlor. Damit sie ihre Medikamente, die sie regelmässig einnehmen muss, nicht vergass, stellte sie sich einen Wecker auf ihrer Kamera. Die Smartphones liessen die Teilnehmer im Hotel zurück. Erst nach vier Nächten und fast 200 Kilometern in der eisigen Kälte Lapplands wollten sie wieder Kontakt mit der Aussenwelt aufnehmen können.

Am zweitletzten Tag lag zwischen Lerch und ihrem Ziel, der warmen Sauna im Blockhaus, noch ein anspruchsvoller Downhill-Teil. Zuvor fühlte sich Lerch geschwächt, der ‹Parkigei› krächzte von ihrer Schulter und ihre Finger verkrampften sich leicht. Oben gönnte sie sich noch eine kurze Pause, atmete durch. Sie fühlte sich plötzlich ganz leicht und locker. Obwohl sie während des ganzen Trails nie fror, wurde ihr vor diesem letzten Abschnitt noch einmal ganz warm. «Ich fühlte mich zufrieden, mit mir selber und dem Universum», blickt sie zurück.

Als sie sich zu Hause im Trailer zur Doku zum ersten Mal im Fernsehen sah, war das für sie noch etwas surreal. War sie wirklich dort und hat all das erlebt? Lerch schaut auf jeden Fall positiv auf das ganze Projekt zurück. Das ganze Film-Team, die Teilnehmer und die Veranstalter sind ihr während dieser Zeit ans Herz gewachsen. «Ich war einfach nur dankbar, durfte ich an diesem tollen Projekt teilnehmen», schwärmt die 46-Jährige von ihrer Erfahrung. Für Silvia Lerch hat die Erfahrung in der Eiseskälte Lapplands gezeigt, was man mit viel Wille alles erreichen kann – gerade auch mit einer Krankheit wie Parkinson.

SRF 1; Sonntag, 29. Dezember 2019; 20.50–21.40 Uhr.