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Nun ist Obernaar Räffu 1. im Besitz des Schlüssels der Stadt und kann zusammen mit dem "Mäni" tun, was er will. Was dem Städtchen wohl alles noch bevorsteht? Der Stadtturm leuchtet zumindest schon in Pink.
Drei Männer in rosaroten Tutus tanzen Tango – Eine Szene, die aus einer Filmkomödie stammen könnte. Betonung auf könnte – sie spielte sich am Mittwoch nämlich im Oltner «Chöbu» ab. Und es blieb nicht nur bei einer. Dies ist dem letztjährigen Obernaaren Rolf 3. zu verdanken, der seinen Nachfolger an der traditionellen Einkleidung nicht so schnell an den Fez ranlassen wollte. «Vier Ufgabe muesch du zersch löse», so Rolf 3. vor Delegierten der Oltner Zünfte, dem Prinz von Biel mit seiner Clique und der Zunft aus Lyss, der Fuko und den restlichen Gästen.
Nach dem Motto «Schöne Künste» mussten zwei Trabanten nach dem venezianischen Vorbild geschminkt werden. Diese Aufgabe überliess Räffu 1. aber weiteren zwei der insgesamt 20 Trabanten aus der Altstadt-Zunft. Auch die nächste Aufgabe konnte er seinen Helfern übergeben: Drei davon schlüpften dafür frischfröhlich in die Ballerina-Kostüme.
Nur nicht schüchtern
Keine Scham und keine Hemmungen zeigte dann schliesslich auch Räffu 1., als Rolf 3. befahl: «Hosen runter!». Vor laufenden Kameras streckte Räffu 1. seinen Hinterteil in weissen Boxershorts mit der pinken Aufschrift «Räffu 1.» den Zuschauern entgegen. In den schwarz-roten erhaltenen Obernaaren-Leggins performte er dann in Begleitung seiner Trabanten-Band für die zweitletzte Aufgabe den Rock-Song «Schinke mit Ei». Rolf 3. klatschte und das Publikum schrie mit. Aufgabe erfüllt.
Dafür erhielt der neue Obernaar neue Gamaschen, die er voller Adrenalin gleich anzog. Genauso wie das Gewand (als Preis für die ersten erfüllten Aufgaben). Die letzte Hürde vor der Fez-Übergabe stellte ein zweisilbiger Reim dar, der Räffu 1. mit seinen Trabanten spontan aus dem Gewand-Ärmel schütteln musste. Dies gelang der Truppe und so eroberte Räffu 1. die Menge, die genauso wie der neue Obernaar die erfolgreiche Einkleidung mit Applaus und Freudeschreien besiegelte.
Al Capone und die Fasnacht
Mit riesigem Joker-Smile im Gesicht verkündete der neue Obernaar, wie dankbar er für sein neues Amt sei. «Ein besonderer Dank geht an meine Frau; für ihre Geduld», so Räffu 1. und gab seiner Frau einen leidenschaftlichen Zungenkuss. Applaus und Jubel wieder aus der frischfröhlichen Menge. Passend zum Obernaaren-Kleid tauschte er seine pinkfarbene Brille mit einer roten aus und als der Fez richtig sass, kündete er den Naaren im «Chöbu» den Weg zum Stadthaus an: «Los, mer hei no e länge Wäg vor üs.»
Wie auf einem Thron wurde er von seinen Trabanten auf einem «Mäni»-Wagen durch die Altstadt geführt. «Jaa, d Fasnacht foht aa», schrie er mit offenen Armen freudig aus der Mäni-Krone herab. Die Herregäger begleiteten den Königsmarsch musikalisch Richtung Stadthaus. «I 10 Minute simr dört weder duss – i wott go Fasnacht mache», rief Räffu 1. lachend. Beim Überqueren der Strasse stoppte Fuko-Präsident Beat Loosli mit Zigarre im Mund die Autofahrer: «Jetzt cheme mer, jetzt chei si warte.» Al Capone hat gesprochen.
Schlüssel mit Vorbehalt
Wie in einem Mafia-Film wurden auch die Naaren im Stadthaus vom Gastgeber erwartet. Einen Kampf gab es aber nicht. Stapi Martin Wey übergab Räffu 1. freiwillig den Schlüssel der Stadt: «Mer vom Stadtrot trage das mit Fassig, ou mer stürze üs in Carnevals Verfassig.» Und kündete in Fasnachts-Tenue an: «Döi statt spare, spare, spare, spare, die nötigi Ruhi, Ruhi, Ruhi usstrahle.»
Räffu 1. nahm den Schlüssel mit Vorbehalt an, der Stadtrat müsse sich an gewisse Abmachungen halten, um die gute Stimmung in der Stadt zu fördern. «An der Proklamation mehr dazu.»
Naareschtopf in Pink
Am Abend, in der eisigen Kälte, empfingen auf der alten Brücke eine Schar von Guggen, Zünftlern und sonstigen Fasnächtlern mit Fakeln und Feuerwerk Räffu 1., der im Pontonierboot am Schwanenmätteli andockte. Bis zum Ildefonsplatz wurde er begleitet, wo auf einmal der «Mäni» in Fleisch und Blut erschien.
«Du hesch as Obernaar in Pink weue uftrete?», fragte ihn der «Mäni». «Uh nei, der Loosli het mer do scho dr Tarif düregä», so Räffu 1. Auf sein Merkmal musste der Obernaar aber trotzdem nicht verzichten: Der Stadtturm leuchtet nun in Pink.
ÄXGÜSI! T’schuldigung! S’tuet mir soo leid
wäg der Farb vo mym Obernaare-Chleid.
Es hei es paar Naare s’Grücht loh entstoh,
ig wärdi hütt zobe in Pink derhär cho.
Zwar hani das synerzyt churz mol erwoge,
doch gly esch dä Rosa-Traum weder verfloge.
Denn: Ig spele nid gärn der hofnärrisch «Pinky»,
wenn’s wie’s heisst z’Oute de meischte Lüt stinki;
me löss d’Grinde lo hange, d’Moral liggi tief
und der Sääge im Stadthuus, dä hangi schief.
Was isch bloss mit däm Städtli los?!
Geschter no: «La Vie en rose»
und hütt: Eis Tohuwabohu-Polit-Chaos!
Nei! Liebi Fasnächtler, das cha’s doch nid sii
das goht eus nid eifach am Aaa...llerwärtischt’ verbyy.
Mir luege däm Truurspiel nümm tatelos zue!
Schluss! Jetz isch fertig! Mir hei ändgültig gnue!
Nit vergäbe het mi der Wey hütt im Stadthuus vore
zur Outner Schlüsselfigur userkore.
Doch, wo är mir si Schlüssel de het welle gäh,
hani zöögeret, ne eifach tel-quel z’übernäh.
Und ha gseit, ig chöm nid als Befählsempfänger
und vor allem nit als si Schlüssel-Aahänger.
«Was dänksch ou!» seit uf das abe der Wey,
und s’Wytere tönt wie ne Not-Hilfeschrei:
«Du weisch gar nit, Räffu, wie froh das mir wäre,
wenn’s dir würdi glücke, die mies Atmosphäre
i Heiterkeit, Fröhlichkeit, Spass z’verwandle,
ich liess di frei schalte und walte und handle.
Ig bi sicher, euch Fasnächtler chönntis emänd glinge
d’Lüt wieder nöcher zäme z’bringe.»
«Also guet», hani gseit, «liebe Stadtmagistrat,
ig mynersyts wär für dä Handel parat,
wenn du dynersyts chly Dynamik entfaltisch
und di a folgendi Abmachig haltisch:
• Verzichtisch ab sofort uf d’Buessefalle!
• Losch dir vo Solothurn nümm alles lo gfalle!
• Hörsch uf mit däm cheibe Spared! Spared!
Du hesch mit däm Spare scho vöu z’vöu verchared.
• Und: Schluss mit däm arrogante Beamte-Sound!
Süsch bringsch ne nid häne, dä Törn-e-raund.»
Derno han ig dä cheibe Schlüssel de gnoh
und ha s’Fuulhorn nit ungärn weder verloh.
Bym Abschied frogt mi der suspendiert Wey:
«Räffu, schaffsch du das würklich allei?
Wenn wettsch, würd ig de begleite uf Schritt und Tritt
und sicher miech mi Frou ou mit.»
Ig ha churz überleit
und de zue’nem gseit:
«Dankeschön, Martin! Nüüt gäge dee,
doch si mir scho zwee,
der Mäni und ee.»
Der Mäni, euses treue Orakel,
verheisst is es prächtigs Fasnachts-Spektakel;
Är wärd is begleite und wyys eus der Wäg
zu «einmalig-wunderbar-närrische» Dääg.
Und: Är hälf eus, die no bestehendi Lücke
zwüsche Bürger und Stadthuus mit Witz z’überbrücke.
Hesch’s ghört, liebi Närrin?
Hesch’s tscheggd, liebe Naar?
S’ Orakel het gschproche – d’Botschaft isch klar:
D’Fasnacht isch do! D’Fasnacht foht aa!
Ganz Oute söll der Plausch dra haa!
Doch, trinke mir no es Schlückli z’erscht
«Zum Wohl! Schöni Fasnacht!!» wünscht ...
Räffu 1.