Das Oltner StadtLesen ist da. Bis Sonntag gehört die Kirchgasse den Bibliophilen – und denen die es werden wollen. Rund 3000 Bücher stehen bereit.
«Lesen im engeren Sinn bedeutet, schriftlich niedergelegte, sprachlich formulierte Gedanken aufzunehmen und zu verstehen. Das Lesen eines Textes ist ein durch Übung und Kenntnisse des Lesers bestimmter heuristischer kognitiver Vorgang.» Et voilà. Ende des Zitats aus Wikipedia.
So also lässt sich das Kulturgut Lesen umschreiben. Und damit dieses Kulturgut weiterhin gestützt und der permanenten Förderung unterliegen bleibt, hat StadtLesen am Donnerstag Oltens Kirchgasse in Beschlag genommen. Gwunder will gestillt sein.
Belagerung bis Sonntag
Die «Belagerung» dauert bis Sonntagabend. 3000 Bücher aller Genres stehen für Bibliophile und solche, die es werden wollen, bereit; egal welchen Alters. Und weil lesen an sich etwas wenig nach aussen Kommunikatives ist, haben die Organisatoren um Doris Rauber und Sandra Näf auch ein stützendes Rahmenprogramm organisiert: Bereits am Morgen wurde der offene Bücherschrank in Betrieb genommen, quasi ein «Markt im Schrank» rund um die Uhr, dem man Werke anvertrauen und für den Eigenbedarf enteignen kann, ohne sie zwingend wieder zurückbringen zu müssen.
«Denn der Bücherschrank lebt vom ständigen Wechsel des Angebots,» wie die Initianten Tabitha Germann und Hanspeter Keller bei der Inbetriebnahme betonten. Die Stadt Olten, die regionalen Lions Clubs und der Lotteriefonds haben den Idealismus der Initianten wahr werden lassen und das Projekt aus dem seinerzeitigen Ideenwettbewerb zur Belebung der Innenstadt ermöglicht.
Auf Schusters Rappen
Nachmittags gings dann auf den Literaturspaziergang mit Martina Kuoni. Ankerpunkte fürs Anlegen gibt in der Stadt genug. Orte aus Alex Capus’ Erzählungen mit vierbeinigem König etwa, vielleicht Orte und Plätze aus Franz Hohlers «Olte und Umgäbig». Anderes mehr.
Abends – so etwas wie die formelle Eröffnung von StadtLesen: Stadtpräsident Martin Wey fasste sich kurz, aber immerhin fand er, in die Reihe der Austragungsstädte von StadtLesen passe Olten ausgezeichnet. Zwischenzeitlich waren die Bücher mit Titeln wie «Ändere mich», «Die Rückkehr», «Fit und happy mit 40» oder «Flankengott» beiseitegelegt und ruhten wieder in den Gestellen, denn das bibliophile Highlight wartete; eine vielleicht schon etwas fröstelnde Milena Moser nämlich, die knapp vor halb sieben aus ihrem Neuling «das wahre Leben» las, erst etwas zaghaft, fragmentarisch, nicht leicht verständlich.
Was von ihrer Ouvertüre haften blieb, war der bekennende Satz: «Nicht schreiben können fällt mir schwerer als schreiben.» Dies Glückskind, wo die meisten Menschen doch bloss unter Strafandrohung mehr denn ihre Signatur auf ein amtliches Formular kritzeln und früher stundenlang vor Ansichtskarten sassen und sich die Köpfe zermarterten ob der noch immer leeren Rückseite.
Den Leuten gefiels. Und weil StadtLesen in Olten nicht bis zur einbrechenden Dämmerung, sondern jeweils bis 20 Uhr dauert, fiel der etwas verspätetet Beginn denn auch nicht weiter ins Gewicht. Denn Lesende haben eine verständnisvolle Seele in ihrer Brust.