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Wen die römische Vergangenheit der Stadt Olten interessierte, war am archäologischen Stadtrundgang zu den Fundstätten der Römerzeit gut aufgehoben. Gegen 100 Personen nahmen daran teil.
Romulus und Remus gründeten Rom. Wer gründete Olten? Cinnenius Secundus und Rogatinius Romulus waren es nicht, aber beide haben einen Platz in der Stadtgeschichte verdient: Es sind die ältesten mit Namen bekannten Oltner. Im Unterschied zu Romulus und Remus haben sie tatsächlich gelebt, wenn auch nur kurz: Cinnenius starb mit 21 Jahren und 8 Monaten, Rogatinius wurde mit 25 Jahren ermordet. So stehts auf ihren Grabsteinen aus dem 3. Jahrhundert, die man 1778 beim Brückentor zur Oltner Altstadt fand.
Was mag zum frühen Tod der beiden Alt-Oltner geführt haben? Diese Frage musste die Archäologin Mirjam Wullschleger der Fantasie ihres Publikums überlassen. Als wissenschaftlicher Cicerone führte sie am Samstag eine Hundertschaft Interessierter auf einem Stadtrundgang zu den Spuren der Römer in Olten.
Bescheidener als Augusta Raurica
Wahrscheinlich bauten schon die Römer für ihre Strasse von Aventicum nach Vindonissa in Olten eine Holzbrücke über die Aare. Bei diesem Übergang entstand in der Zeit von Kaiser Tiberius (14 bis 37 n. Chr.) ein Vicus, der vielleicht Olodunum hiess; der Name ist leider nicht überliefert. Funde erlauben den Schluss, dass sich die Siedlung von der Altstadt bis zum Amthaus und von der Aare bis zur Baslerstrasse erstreckte.
«Dieser Brückenort war ein wichtiger Warenumschlagplatz», berichtete die Stadtführerin und zeigte den Zuhörern Modelle von beeindruckend grossen Handelshäusern. Mit vielleicht 1200 Bewohnern war die römische Kleinstadt Olten bescheidener als das stolze Augusta Raurica mit 20000, aber «immerhin grösser als Solothurn», wie Mirjam Wullschleger ihre Oltner Zuhörerschaft erheiterte.
Vom Handwerksviertel zur «Badi»
Unter der heutigen Stadtbibliothek wurden bei Ausgrabungen 1991/93 Reste eines römischen Töpferofens gefunden, wo einheimisches Alltagsgeschirr hergestellt wurde. Daraus schliesst man, dass im Gebiet der Altstadt, am Südrand des Ortes, das Handwerksviertel war. «Neben Töpfern gab es im Vicus Schmiede, Tuchhändler, aber auch Schreiber, Ärzte oder Anwälte», erklärte die Archäologin. «Für die Lebensmittelversorgung war die Stadtbevölkerung angewiesen auf die Gutshöfe der Umgebung.» Auch von solchen Villae rusticae sind Reste ausgegraben und zum Teil noch sichtbar: Auf der Römermatte im Feigel (bei der Bushaltestelle Hammermühle), im Grund und in Dulliken auf dem Wilberg.
An der Römerstrasse, unterhalb des heutigen Schuhgeschäfts Bata (Ecke Baslerstrasse), fand man Hypokaust-Pfeiler und ein Stück Fischgrat-Boden, die zu einem römischen Bad gehörten. «Vielleicht war es das Stadtbad des Vicus – ein wichtiger Treffpunkt», erklärte die Expertin. «Die ansässigen Kelten haben die römische Badekultur sehr schnell angenommen» – die schon ziemlich frierenden Besucher des Stadtrundgangs glaubten es aufs Wort.
Kastellmauer in Altstadtkellern
Ab dem 3./4. Jahrhundert war es vorbei mit dieser Badeherrlichkeit: In vielerlei Kämpfen wurde der Vicus arg ramponiert. Um 370 schützte römisches Militär den Brückenkopf Olten mit einer 10 Meter hohen, über 3 Meter dicken Wehrmauer. Dieses spätrömische Kastell umfasste aber nur noch eine Ecke im Süden des früheren Vicus. Die Aussenfassaden im Norden und Westen der heutigen Altstadt zeigen genau den Verlauf der Kastellmauer; in den Kellern etlicher Altstadthäuser entlang dem Klosterplatz sind Teile ihrer Fundamente noch sichtbar. Der Friedhof lag ausserhalb: Beim Amthaus kamen um 1870 16 Skelette aus der Zeit von 300 bis 450 zum Vorschein.
Ansonsten wurde Olten im 19. und bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ziemlich rücksichtslos überbaut – zu früh für die aufkommende professionelle Archäologie. «Römerstrasse und Coop City wären super Fundstellen gewesen», stellte Mirjam Wullschleger auf dem Rundgang nicht ohne Bedauern fest.
Wann gibts das 2000-Jahr-Jubiläum?
Das römische Olten stammt aus der gleichen Zeit wie das römische Salodurum. Wenn also Solothurn zwischen 2015 und 2025 sein 2000-jähriges Bestehen feiern will, müsste Olten gleichziehen. Wünschbar wäre schon heute ein aktualisiertes Büchlein über das viele, was die Archäologie über Olten und seine Region zur Römerzeit herausgefunden hat.
Der Grabstein des Cinnenius Secundus und viele weitere römische Funde aus Olten sind zurzeit in der Ausstellung «Merkur & Co. – Kult und Religion im römischen Haus» im Archäologischen Museum in Olten zu sehen (Di bis Sa 14 bis 17 Uhr, So. 10 bis 17 Uhr, bis 15. April).