Die Oltner E-Commerce-Firma MySign AG wird nach Deutschland verkauft – die bisherigen Inhaber behalten eine Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent, die Ticketplattform Eventfrog gehört nicht zum Deal. Das sind die Gründe für den überraschenden Schritt.
Die 1998 gegründete MySign AG wird nach Deutschland verkauft: Die Oltner E-Commerce-Agentur wird von der Allgeier-Gruppe mit Hauptsitz in München per sofort zu einem einstelligen Millionenbetrag übernommen, wie diese Zeitung aufgrund der vorab erhaltenen Medienmitteilung weiss, die heute gestreut wird. Die bisherigen Inhaber Mike Müller, Reto Baumgartner und Urs Koller behalten allerdings einen Anteil der Aktien in Höhe von 20 Prozent und führen das Unternehmen weiterhin in leitenden Funktionen eigenständig am Standort Olten.
«Für uns ist das ein toller Deal», sagt Baumgartner auf Anfrage, auch wenn dieser für Aussenstehende überraschend sein könnte. Für ihn und seine Mitstreiter stimmt es. Man könne so die langfristige Perspektive des Unternehmens sichern und bleibe gleichzeitig eigenständig. «Von allen Unternehmen, mit denen wir gesprochen haben, ist Allgeier mit Abstand der beste Match: Mit der Firma haben wir das grösste Potenzial zu wachsen und gleichzeitig unsere Identität zu erhalten», heisst es in der Mitteilung. Durch die Integration in die Allgeier-Gruppe erhalte man Zugang zu vielen potenziellen E-Commerce-Kunden und einem starken internationalen Vertrieb.
«Das eröffnet uns neue Chancen und Möglichkeiten, von denen wir vorher nur träumen konnten.»
Seit rund zwei Jahren sei man auf der Suche nach einem Partner gewesen, sagt Baumgartner gegenüber dieser Zeitung. Neben den Wachstumschancen, die sich durch den Verkauf in Deutschland ergeben – MySign ist heute vor allem in der Deutschschweiz tätig –, wollen die bisherigen Inhaber so langfristig das eigene Unternehmen sichern. Baumgartner sagt:
«Wir sind zwar erst 50, aber ich weiss nicht, ob wir in zehn Jahren aus der heutigen Position der Stärke einen so guten Partner gefunden hätten.»
Die Anwendungen würden technisch immer komplexer und es gebe einen Trend hin zu immer grösseren Firmen. «Da befindet sich MySign von der Grösse her eher an der unteren Grenze.» Gespräche habe man auch mit zwei, drei weiteren Agenturen aus der Schweiz geführt. Dort sei aber das Potenzial nicht so gross gewesen und man wäre nicht eigenständig geblieben.
Operativ ändert sich für das Unternehmen fast nichts, wie Baumgartner versichert. Ausser dass sie als einstige Inhaber neu nach München und nicht mehr an den eigenen Verwaltungsrat rapportieren müssten. Für die 45-köpfige Belegschaft und auch für die Kunden werde alles beim Alten bleiben. Für das Unternehmen ergeben sich nach dem Verkauf hingegen Ausbaumöglichkeiten in Olten. Weil MySign die eigene Shopsoftware-Lösungs ins deutsche Unternehmen einbringen wird, könnte in Olten bald einmal mehr Personal in diesem Bereich benötigt werden.
Allgeier war auf der Suche nach einer Ergänzung seines ERP – der Softwarelösung, die zur Ressourcenplanung eines Unternehmens gebraucht wird, wo einzelne Geschäftsanwendungen wie das Personalwesen oder das Projektmanagement zusammengefasst sind. Der Plan ist, in einem ersten Schritt einen Standardshop für bestehende Allgeier-Kunden aufzusetzen und diesen in einem zweiten Schritt auch den neuen Kunden in der Schweiz und Deutschland anzubieten. Um die Shoplösung unter die deutschen Kunden zu bringen, sei auch der Aufbau eines deutschen MySign-Standorts vorgesehen.
Gemeinsam mit MySign will die Allgeier-Gruppe «zum führenden Anbieter von E-Commerce und Business Solutions im deutschsprachigen Raum werden», heisst es in der Mittelung weiter.
«MySign zeichnet sich durch weitreichende Expertise im Web- und Digitalisierungsprojekten aus, die sich mit unseren Kompetenzen hervorragend ergänzen»,
lässt sich Ulrich Zahner, Geschäftsführer Allgeier IT Solutions, in der Mitteilung zitieren. Die Allgeier-Gruppe verfügt nach eigenen Angaben über 2000 Kunden in global agierenden Konzernen, den KMU und aus dem öffentlichen Sektor. Das börsenkotierte Unternehmen mit 71 Standorten in Deutschland, USA oder Vietnam hat 2500 Angestellte und 700 freiberuflichen Experten. 2020 erzielte Allgeier einen Umsatz von 352 Millionen Euro.
Nicht zum Deal gehört übrigens Eventfrog, die Ticket- und Veranstaltungsplattform, mit welcher Baumgartner und seine zwei Partner derzeit das Ticketverkaufsbusiness aufmischen.