In Olten hat die fünfte Jahreszeit begonnen: Stadträte dürfen in die Ferien und Obernaar Role dr Nachtwächter übernimmt mit seinen Trabanten die Macht. Doch halt: Es sind ja bald Wahlen. So einfach ist die Sache also nicht.
Es ist der vielleicht zauberhafteste Moment der ganzen Oltner Fasnacht: Der Obernaar landet mit seiner Entourage beim Schwanenmätteli. Nur Fackeln und brennende Vulkane leuchten seinen Weg runter vom Pontonierboot auf der Aare rauf zur Alten Holzbrücke, als er von den Fasnächtlern empfangen wird. Es ist kurz vor halb neun, die Anzeige auf dem Handy zeigt noch immer knapp 8 Grad an. Auch in den nächsten Tagen soll es so mild bleiben. Eine warme Fasnacht steht uns also bevor, der Winter scheint fürs erste vertrieben.
Die Guggenmusiken spielen auf, die ersten Fasnächtler wünschen sich gegenseitig eine schöne fünfte Jahreszeit. Obernaar Role rollt auf seinem aufgemotzten Pauschenpferd dem Stadtturm entgegen, wo Punkt 21 Uhr mit den letzten Glockenschlägen der Chlapf ertönt und die Oltner Fasnacht mit seiner Proklamation eröffnet wird. Ganz hinten am anderen Ende des langen Tatzelwurms schauen drei Mitglieder des Fukorates zum Rechten. Mithilfe des Lichts ihrer Fackeln verhindern sie, dass Glutnester oder liegengebliebene Zigaretten der Alten Holzbrücke zu Leibe rücken. Punks versuchen sich einen Weg zu bahnen durch das Narrenvolk.
Szenenwechsel. An der traditionellen Schlüsselübergabe am Nachmittag im Stadthaus war schnell einmal klar, dass Olten kurz vor den Stadtratswahlen mit zehn Kandidaten für die fünf Sitze steht. Stadtpräsident Martin Wey ging in seiner Rede im Foyer des Stadthauses auf die «politischen Naaren» ein, welche viel debattieren, aber dann doch «net vöu» erreichen. Daran Schuld seien allerdings nicht nur die fünf Stadträte, sondern auch das Parlament. Dieses hat Projekten wie der Stadtteilverbindung Hammer oder dem Parkleitsystem eine Abfuhr erteilt und bezeichnete Wey daher als «träge».
Für einmal hat der Stadtpräsident aufs Vorspielen mit dem Elektropiano verzichtet, dafür zum Fasnachtsmotto «Oute Wöud Wescht» – eine Anlehnung ans schlagzeilenträchtige Olten SüdWest – ein eingängiges einstrophiges Lied komponiert mit dem Songtext: «Im wöude Weschte, sei mer die beschte / Met em Role a der Macht». Ob Wey uns damit die Verfehlungen der Vergangenheit im grössten Oltner Entwicklungsgebiet aus dem Kopf treiben will?
Obernaar Role überreichte dem Stadtpräsidenten nach der Schlüsselübergabe eine offizielle Fasnachtsplakette und wünschte ihm schöne Ferien. Den gesamten Stadtrat lud er allerdings diesen Samstag um 14 Uhr beim «Gryffe» zum Wettkampf mit ihm ein – und erwähnte dabei jeweils Fukorätin und Stadtratskandidatin Marion Rauber im gleichen Atemzug. Auch er konnte also die Wahlzeit nicht ganz aussen vor lassen. Die einzige Frage, die sich nun stellt: Dürfte Rauber als mögliche Stadträtin gleichzeitig im Fukorat sitzen bleiben? Sie wäre ja dann die ganze Zeit an der Macht.
Auch Fuko-Präsident Beat Loosli liess es sich nicht nehmen, auf die kommenden Stadtratswahlen einzugehen. Sein Parteikollege und wilder FDP-Kandidat Thomas Rauch will er als möglichen Stadtrat verhindern, indem der Fukorat die Macht gleich das ganze Jahr übernähme. So wäre man «Rauch als Kandidaten los» und hätte zugleich die vorhin aufgeworfene Frage zu Rauber beantwortet: Sie müsste gar nicht mehr als Stadträtin kandidieren, weil sie als Fukorätin sowieso schon das Zepter in der Hand hätte.