Die Neujahrsblätter 2019 der Stadt Olten sind erschienen; die 77. Auflage zeugt einmal mehr von – Ausdauer
Worin besteht der Wert eines nur bedingt zeitnahen Werks wie das der Oltner Neujahrsblätter? Genau, es wird in der Zukunft zum Zeitzeugen der Vergangenheit. Vielleicht gar zum Kulturgut; ein weiter Begriff zwar, aber durch Ausdauer kann er wahr werden. Davon ist Peter André Bloch, der eigentliche Methusalem des Druckwerks, überzeugt. Und noch etwas hat Bloch zu einer Erkenntnis werden lassen: Erst besieht man sich die Bilder darin, in einem nächsten Schritt liest man die Texte. Er muss es wissen: Vor 50 Jahren verfasste er den ersten Artikel für die Publikation; einer, der sich mit dem Schicksal des Munzinger Paschas befasste. Und siehe da: Der Munzinger Pascha ist ein regelrechtes Stehaufmännchen. Auch in der aktuellsten Ausgabe der Neujahrsblätter kommt der Mann vor. Unter der Prämisse «Ein Oltner am Horn Afrikas» schreibt Florian Hürlimann über Werner Munzinger und dessen Wirken in Abessinien, wo der sich Mitte des 19. Jahrhunderts niedergelassen hatte.
Daneben? Klar, der Landesstreik darf in der 10 000 Exemplare starken Publikation nicht fehlen. Historiker Peter Heim sorgt dafür. «Jeder Schweizerbürger an die Urne! Es geht um alles! Fort mit russischen Umsturzgelüsten! Stimmt bürgerlich!» Die Botschaft eines Plakats zu den eidgenössischen Wahlen 1919, die erstmals nach dem Proporzsystem erfolgten. Das Plakat, kein Wunder, monierte doch das Oltner Tagblatt damals, so Heim, dass die «Bolschewiki» unter den Oltner Genossen die Oberhand hätten. Mit Plakativem wurde damals nicht gespart.
Und sonst? Der Inhalt dieses Panoptikums 2019 kann nur stichwortartig wiedergegeben werden. «Die Holzbrücke besser gegen Brände schützen» (Autor: Markus Dietler), «Spuren und Pfade eines neuen städtischen Lebensgefühls» (Felix Wettstein), «Der Mauersegler – sein Leben vergeht im Flug» (Martin Zimmerli), «Der Oltner Fotograf Josef Bolz» (Urs Amacher) oder «Olten City» (Kilian Ziegler). Der Slam Poet verfasste eine Ode an Olten, lädt darin Peggy und Jason in die Stadt ein, aus der nach dem vermeintlich hässlichen Entlein der schöne weisse Schwan wird. Den sie schon immer war? Die Frage bleibt unbeantwortet. Auf jeden Fall aber sagen Peggy und Jason, Olten fühle sich ein bisschen wie Daheim an. Na bitte.
Natürlich haben die Oltner Neujahrsblätter auch eine Administration; fürs vergangene Jahr redet die gar von einem kleinen Gewinn. Bei einem Aufwand von rund 85 000 Franken und einem Ertrag von rund 86 000 Franken: man rechne. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen ist Bloch darauf erpicht: Die versandten Exemplare, die beim Adressaten nicht auf Gegenliebe stossen, sollten doch im Stadthaus abgegeben werden. Damit könnten Spitäler, Altersheime und derartiges mehr bedient werden.
Wie heisst es doch in Blochs Vorwort: «Wir leben in einer Welt beständigen Wandels, politische Zusammenschlüsse lösen sich auf, neue Verbindungen werden eingegangen.» Dem ist entgegenzuhalten: die Neujahrsblätter bleiben.