Wangen bei Olten
Nach 42 Jahren hört Lehrerin Christina Meier auf: «Eigentlich kann ich es selbst kaum glauben»

Über vier Jahrzehnte hat Christina Meier als Lehrkraft an der Schule Wangen bei Olten gewirkt. Am Freitag hatte sie den letzten Arbeitstag.

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Christina Meier hatte nach 42 Dienstjahren am Freitag an der Schule Wangen ihren letzten Unterrichtstag.

Christina Meier hatte nach 42 Dienstjahren am Freitag an der Schule Wangen ihren letzten Unterrichtstag.

Urs Huber

An ihrem zweitletzten Unterrichtstag nimmt sie die Frage mit einem Lächeln entgegen. Ob sie ihre lange, 42-jährige Berufskarriere vorausgesehen habe? «Es hat sich einfach so ergeben und es hat für mich gestimmt.» Punkt.

Also: Mehr als vier Jahrzehnte unterrichtete Christina Meier das Fach Technisches Gestalten an den Schulen in Wangen bei Olten. Vorausgegangen war dieser langen Laufbahn eine Lehre als Damenschneiderin. «Das war eine Bedingung, um die Berufsausbildung zur Handarbeitslehrerin überhaupt ergreifen zu können», sagt sie. Bloss: Damenschneiderin wäre sie nicht so lange geblieben. «Das weiss ich», sagt sie und blickt dann aus dem Fenster im Schulhaus Hinterbüel. Ein Leben lang hat sie hier unterrichtet. Und notabene immer im selben Schulzimmer. «Eigentlich kann ich es selbst kaum glauben», sagt sie über die letzten 42 Jahre.

Und wie war sie, die Christina Meier?

«So wie ich halt bin: eher ruhig, geduldig und fördernd.» So beschreibt Christina Meier ihr inneres Wesen. Und sie denkt, auch von ihren Schülerinnen und Schülern so wahrgenommen worden zu sein. «Den jungen Menschen das handwerkliche Gestalten mit auf den Weg zu geben war stets mein Fokus», sagt die Lehrerin, die eigentlich immer alles möglichst perfekt machen wollte. «Ich setzte viel Zeit ein in meine Weiterbildung. Jedes Jahr besuchte ich Kurse, um Neues zu lernen und den Schülerinnen und Schülern weitergeben zu können. Ich denke, das ist mir gut gelungen.» Und so kommt’s eben, dass Christina Meier ihre Schülerinnen und Schüler in der Corona-Zeit ebenso vermisste wie auch jetzt den fehlenden Handschlag, der aus hygienischen Gründen ausbleiben muss. Eine Begegnung unter diesen Umständen wirke wie nicht ganz fertig, sagt sie noch.

Zwischenmenschliches als Höhepunkte

Einen Glanzpunkt in ihrer Berufskarriere? Sie überlegt: «Es kommt mir kein spezieller in den Sinn.» Christina Meier setzte in den vergangenen vier Jahrzehnten nicht auf Highlights, sondern auf Kontinuität. Zwischenmenschliches fällt ihr ein. «Es war stets eine Genugtuung und eine innere Zufriedenheit für mich, wenn ich einen ehemaligen Schüler oder eine ehemalige Schülerin traf, die sich gerne an die Schulzeit bei mir erinnerte.» Einige hätten sogar viele der bei ihr im Unterricht hergestellten Sachen als Erinnerung aufbewahrt. Ein Zeichen dafür, die Seele angesprochen zu haben. Das wiederum bestätigen auch Stimmen aus dem Kollegium, die fast ehrfürchtig von «einer langjährigen, sehr erfahrenen, guten Lehrerin» sprechen und - damit Christina Meier meinen.

Lernen nach der Maxime Kopf – Herz – Hand, einer alten Forderung in der ganzheitlich orientierten Bildungslandschaft, ist für Christina Meier nach wie vor wichtig: «Ich wünsche mir in Zukunft, dass zum Beispiel die Hauswirtschaft, das Turnen sowie auch das Technische Gestalten in der Schule wieder einen grösseren Stellenwert erhalten. Auch diese Fächer gehören zum Leben nach der Schule und sollten die dafür notwendige Beachtung erhalten.» Zwei Wochenlektionen für’s Technische Gestalten sind aktuell noch im Stundenplan vorgesehen.

Von Schnorpfitante und Meitschischule

Als die heute 64-Jährige 1978 in Wangen ihre Stelle antrat, hiessen ihre Standesvertreterinnen noch «Schnorpfitante», die etwas uncharmante Berufsbezeichnung für jene Frauen, die Handarbeit unterrichteten und in Lehrerkollegien noch um eine gewisse Reputation rangen. Sie gaben «Meitschischule», wie diese Unterrichtssequenz damals noch hiess. Der Gegenpart: Bubenschule. Neuerdings werden die textile Handarbeit und das nichttextile Werken unter dem Begriff des Technischen Gestaltens zusammengefasst. «Es hat sich vieles verändert», weiss Christina Meier. Die Hierarchien seien flacher geworden, der Teamgeist mehr und mehr in den Vordergrund gerückt. «Wir hatten in all den Jahren ein gutes Lehrerteam», sagt die agile Lehrerin und lässt dabei auch den Schulleiter als integrierende Kraft nicht aussen vor. Das berufliche Umfeld - ein Grund, warum sie nie mit einem Ortswechsel liebäugelte.

Mehr Zeit für ganz viele Dinge und Sachen

Und jetzt? Nach mehr als vier Jahrzehnten Wangen bei Olten? «Jetzt hab’ ich dann mehr Zeit für Gymnastik und Wandern im Frauenturnverein», sagt sie. Garten, Kochen, Wandern, Radfahren – die Hobbys. «Und dann reisen», reicht sie nach. «Sehen Sie, das hätt’ ich jetzt ob der ganzen Coronazeit noch fast vergessen.»

Zudem ist sie auch Mitglied in einem Jass- und Kochclübli. Ein paar Mal unterm Jahr treffen sich die vier Frauen zum Kochen. «Wir probieren viel aus», umschreibt die Lehrerin aus Däniken den Habitus des Clüblis. Eine gute Gruppe halt. «Also langweilig wird mir dabei sicher nicht.» Christina Meier nickt überzeugt.